Gut gebrüllt Löwe
Zug so auf dem Markt- und Kampfplatz ankam, brachen die festlich gestimmten Nekaragier, die sich Kopf an Kopf drängten, in schallendes Gelächter aus, und General Blech kochte vor Wut und Hitze wie ein Braten im Dampfkochtopf, dessen Deckel fest verriegelt ist. Auch Rao verfärbte sich vor Ärger.
Auf dem Platz leuchteten überall Fahnen und frisches Grün. Eine Tribüne war da für die Ehrenpersonen, zu denen Rao sich und den Gibbon, Prinz Panja und dessen Gäste rechnete. Zu ihrer Erfrischung dienten Körbe, die mit köstlichen reifen Äpfeln gefüllt waren. Für Prinz Panja hatte man einen thronartigen Stuhl auf gestellt, dessen Lehne durch einen geheimen Mechanismus weggeklappt werden konnte. Gleichzeitig ging vorne ein Vorhang nieder, der scheinbar nur ein Sonnenbaldachin war, in Wirklichkeit aber verhindern sollte, daß die Entführung des Prinzen zu früh bemerkt wurde. In der Mitte des Platzes war die eigentliche Kampffläche aus starken Brettern erhöht aufgebaut, von dicken Tauen eingefaßt. Der erste Ameisenbär mit dem Gong stand daneben, um Anfang und Ende des Kampfes anzuzeigen.
Die Blechbüchsenkapelle sorgte für Musik und gute Stimmung. Aber alles wurde übertönt durch den Jubel, mit dem Prinz Panja empfangen wurde. Er ritt auf dem weißen Elefanten durch den Triumphbogen. Voran stelzte der Flamingo im Staatsgewand. Danach folgte Löwe — als Kämpfer ein Held des Tages. Die Kobra hatte sich kunstvoll auf seinem Rücken zusammengeringelt, schaute aber mit steif aufgerichtetem Oberkörper aufmerksam umher und machte sich besorgte Gedanken über die überall verteilten Soldaten. Den Schluß des Zuges bildete der Sultan, der auf dem Kamel ritt — und froh war, daß sie den Platz erreichten. Denn ihm wurde bei dem wiegenden Schritt seines Lieblings übel.
Prinz Panja winkte nach allen Seiten. Rao und der Gibbon gingen ihm scheinheilig entgegen, legten die Hände vor der Stirn zusammen und verneigten sich zur Begrüßung. Dann geleiteten sie ihn zu seinem Platz. Auch die anderen setzten sich. General Blech war schon in den Ring gehoben worden, und wenn nicht so ein Lärm auf dem Platz gewesen wäre, dann hätte man vielleicht gehört, wie seine verschiedenen Blechhüllen zitterten.
Als Löwe in den Ring sprang, brandete der Beifall noch einmal auf. — Dann herrschte erwartungsvolle Stille.
General Blech hob zur Begrüßung Schild und Schwert in die Luft. Löwe zeigte seine bloßen, aber mächtigen Pranken. Das Kamel, das genau hinter ihm saß, raunte ihm zu: »O weh — wo willst du ihn denn treffen, ohne dich gleichzeitig zu verwunden?«
Löwe kniff die Augen zusammen. Er wußte es auch nicht.
Prinz Panja stand auf und rief: »Dieser Kampf wird mit ungleichen Waffen ausgetragen. General Blech soll seine Rüstung mit den Eisenstacheln ablegen!«
»Gern«, antwortete Rao, »sowie der Löwe sich seine Krallen abschneiden und die Zähne ausbrechen läßt.«
Löwe ließ ein schreckliches Fauchen hören. Prinz Panja setzte sich wieder, denn nun schlug der Ameisenbär gegen den Gong. Der Kampf begann.
Apfelmus
Schwerfällig tappte der General dem Löwen entgegen. Löwe umkreiste ihn geschmeidig. Der General drehte sich um seine eigene Achse. Ein vorher einstudierter Sprechchor der Blechbüchsensoldaten brandete auf. »Ge-ne-ral!! Ge-ne-ral!!« Löwe näherte sich dem General, dieser hieb mit dem Schwert nach ihm — aber Löwe sprang geschickt zur Seite. Jetzt versuchte Löwe zum Angriff überzugehen, er schlug mit der Tatze nach dem Eisenkoloß — aufheulend mußte er sich jedoch zurückziehen, denn ein Stachel war tief in seine Pfote gedrungen. Die Zuschauer schrien auf und reckten sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können.
»Vorsicht Löwe, paß auf«, wisperte das Kamel. »Du darfst ihn nicht berühren.«
»Ja, wie soll ich ihn dann besiegen?« fauchte Löwe.
Der Gibbon war in die Ecke hinter den General getreten. »Gut so«, rief er diesem zu. »Du mußt ihn reizen und in Wut bringen, dann verliert er die Besinnung und rennt geradewegs in dein Schwert.«
Geschmeidig, wie er gekommen war, verschwand er wieder und hockte sich unauffällig hinter den Thron des Prinzen.
Die Kobra zischte dem Elefanten zu. »Steck dem General die Apfel aus dem Korb auf die Stacheln!«
»Wozu das?« fragte er.
»List gegen List! Du wirst schon sehen«, antwortete die kluge Schlange.
Der Elefant nahm, als der General abwartend in der Ecke des Ringes stand, die Äpfel mit seinem Rüssel aus
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