Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
geistigen Auge blitzt eine Szene auf, und dann weiß ich, das ist das nächste Buch. Aber ich muss noch herausfinden, was es bedeutet, und ich weiß nie, woher es kommt. Doch ich danke Gott, dass es immer wieder kommt. Wenn es eines Tages ausbleibt, habe ich ein Problem.«
Als Nächstes zeigte sie auf eine ältere Frau, die sie von früheren Treffen kannte. »Ja«, begann die ältere Frau, während sie aufstand. »Haben Sie einen Agenten? Und würden Sie empfehlen, sich einen zu nehmen?«
Okay. Das ist easy. »Ja, ich habe einen, und ja, das würde ich.«
Eine dritte Frau erhob sich. »In Ihrem Vortrag haben Sie
betont, wie wichtig falsche Fährten sind, um den Leser im Ungewissen zu lassen. In dem Buch, das ich schreibe, tötet ein Bürger einen Hund. Daraufhin halten ihn alle in der Stadt für den Mörder, und die Leser sollen das ebenfalls glauben. Aber er ist es nicht. Halten Sie das für eine gute falsche Fährte?«
Lucy schluckte. Die Frau meinte es ernst und erwartete eine ernsthafte Antwort. »Nun, ich bin mir nicht sicher, ob ich das beantworten kann, ohne Ihre Geschichte gelesen zu haben und die Mentalität der Leute in der Stadt oder den Kontext zu kennen, in dem der Hund getötet wurde. Aber ich würde sagen, wenn Sie als Autorin das Gefühl haben, dass es funktioniert, dann ist das bestimmt auch der Fall.« Diese Antwort schien die Frau zufriedenzustellen, und sie nahm wieder Platz.
Die nächste Frau, die aufstand, war Jan Bright, Vorsitzende der Krimifrauen und ebenfalls bei »Barnes and Noble« angestellt. »Letztes Jahr haben Sie in Ihrem Vortrag erwähnt, dass Ihre nächste Idee für ein Buch sich um erotische Asphyxiation und Internet-Dating dreht. Arbeiten Sie im Moment daran?«
Lucy erinnerte sich zwar nicht, darüber gesprochen zu haben, aber da war offensichtlich was dran. »Ja, an diesem Buch arbeite ich gerade.«
»Können Sie uns sagen, wie Sie vorankommen?«
Hmm. Wie beschrieb man Anfälle von Euphorie, wenn die Muse einen endlich geküsst hatte, nach langen Phasen, in denen man am liebsten den Kopf gegen die Wand geschlagen hätte? »Sehr gut.« Sie lächelte und prostete ihr mit der Kaffeetasse zu. »Ich habe schon drei Männer um die Ecke
gebracht und bin drauf und dran, einen vierten umzubringen.«
Die Damen lachten, und Lucy ließ den Blick über die Gruppe in den hinteren Ladenteil schweifen. Wie von einem Magneten angezogen, fiel er sofort auf einen großen Mann, der hinter der letzten Stuhlreihe stand und mit einer Hüfte lässig am Regionalliteratur-Bücherregal lehnte. Er hatte dunkles Haar, und wie schon bei ihrer ersten Begegnung fesselte er sie mit seinen intensiven braunen Augen. Er trug ein schwarzes langärmliges Moosejaw-T-Shirt, das er sich in die Jeans gestopft hatte. Er verzog amüsiert einen Mundwinkel nach oben, und ihr Herz krampfte sich gleichzeitig zusammen und schwoll an. Quinn war der Letzte, mit dem sie bei einem Krimifrauen-Treffen rechnete – obwohl er streng genommen nicht nahe genug dabeistand, um als Teilnehmer zu gelten.
Lucy biss sich auf die Lippe, um nicht zu lächeln, und beantwortete die nächste Frage.
»Was verdienen Sie?«, wollte eine ihr unbekannte Frau wissen.
»Genug, um davon leben zu können, aber nicht so viel, wie ich verdient hätte.« Sie wollte nicht zu viel in Quinns Erscheinen hineindeuten. Vorgestern Abend, als sie ihm gebeichtet hatte, dass sie keine Krankenschwester war, hatte er die Neuigkeit zunächst wirklich gut aufgenommen, doch beim Pizzaessen hatte er sich plötzlich sehr distanziert verhalten. Es war nichts Greifbares gewesen. Nichts, was er gesagt oder getan hätte, aber sie hatte gespürt, wie er sich von ihr zurückzog. Sie hatte sich gefragt, ob es ein Fehler gewesen war, seine verstorbene Frau zu erwähnen. Ob er, während
er im Bad war, ihr Verhältnis zu ihr noch einmal überdacht hatte.
»Wann kommt Ihr Mord-im-Internet-Buch denn raus?«
»Im Mai nächsten Jahres.«
Nächste Frage. »Können Sie uns vier Beispiele für Bücher nennen, in denen falsche Fährten den Leser bis zur allerletzten Seite in Atem halten?«
Was? War sie wieder an der Uni? Komm mal wieder runter! Selbst wenn sie nicht durch einen verrückten, unanständigen, teuflisch gutaussehenden Mann abgelenkt gewesen wäre, der sie anstarrte, wäre sie bei der Frage ins Schwitzen geraten. Achselzuckend nannte sie vier ihrer Bücher.
»Wir haben noch Zeit für eine letzte Frage«, verkündete Jan.
Eine weißhaarige Frau mit einer braunen
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