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Gut genug - Erzählung

Gut genug - Erzählung

Titel: Gut genug - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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wie das Kind den Ausweg nahm und geboren wurde. Der Arzt ist gekommen und hat mir gesagt, wie ich atmen soll. Das Kind war schon fast auf der Welt und bewegte sich, und ich habe gesagt, was denken Sie, wie wir bis hierher durchgekommen sind, aber es war keine Zeit zum Streiten, weil das Kind auf die Welt kam und trinken wollte. Ich habe zu dem Kind gesagt, wieso weißt du denn schon, wie Trinken geht, aber es hat getrunken und einfach weitergetrunken. Ich habe gesagt, es ist doch noch gar keine Milch da, aber es hat immer nur weitergetrunken.
    All diese Dinge sind ein Skandal. Man denkt, man muß etwas tun, und manchmal muß man auch wirklich etwas tun, sogar sehr viel muß man tun, aber sehr oft nicht das, was man denkt, das man tun muß, und meistens weiß man nicht, was, weil man niemanden fragen kann, der es weiß.
    Die Hebamme war ein Glücksfall gewesen.
    Das Kind hat lange getrunken und die blinden Augen aufgemacht. A.C. hat gesagt, wußtest du, daß sie dreckige Fingernägel haben, aber die Hebamme hat gesagt, manche. Manche auch nicht. Dieses hatte sehr dreckige lange Fingernägel. Dann mußte es gewaschen und angezogen werden und nachgemessen und gewogen und amtlich als Geburtsfall Ragotsky, Anatol Flo, in die Karteikarte eingetragen, es mußte ein Test mit ihm gemacht werden, ob es das Geborenwerden bestanden hat. Ich habe gesagt, wie kriegen Sie es heraus, und der Arzt hat gesagt, wenn es nicht blau ist, bekommt es einen Punkt und so weiter. Dann hat er den freien Fall überprüft und die Muskelreflexe, und während er es getan hat, fing das Kind an zu schreien, und dann gab es wieder Punkte, je einen Punkt für den freien Fall, den Muskelreflex und den Schrei, und ab sechs Punkten hat es gelebt. Ich habe gesagt, hören Sie auf mit dem freien Fall, ich glaube nicht, daß es das schon kann, und schließlich hat der Arzt damit aufgehört, und die Hebamme hat das Kind angezogen, ich habe zu A.C. gesagt, merk dir, wie sie es macht mit den Windeln und Jäckchen und Hemdchen und dem bunten Strampelanzug, und er hat zugesehen, wie die Hebamme es gemacht hat, und das nächste Mal hat er es selbst gemacht und gesagt, man denkt, man dreht ihm was ab und hat einen Arm in der Hand, aber in Wirklichkeit bleibt es heil. Danach ist das Kind eingeschlafen. Die Hebamme hat aufgeräumt, und was wir jetzt hätten tun sollen, war etwas sehr Einfaches, nämlich schlafen, aber wir haben es nicht gemacht, weil wir nicht gewußt haben, daß wir es hätten machen sollen, außerdem sind wir noch sehr verwundert gewesen, daß das Kind am Stück und im Ganzen herausgekommen war und gleich getrunken hatte. Schlafen hatte es schon vorher gekonnt, aber jetzt konnte man dabei zusehen, also haben wir ihm zugesehen, wie es schlief, dann haben wir Hunger gehabt und wollten Kaffee trinken, weil es schon morgen früh war und hell wurde mit einmal, und als wir gefrühstückt hatten, haben wir wieder dem Kind zugesehen, wie es noch immer mit geschlossenen Augen schlief, als wäre es wirklich ein Mensch und ans Menschsein schon lange gewöhnt, wir haben gesagt, da schläfst du, du Unterwassertier. Dann wollten wir schließlich auch schlafen, aber da wachte es auf. Wir haben gleich vergessen, daß wir schlafen wollten, und überlegt, was wir machen müssen. Es ist uns eingefallen, daß es womöglich trinken will, weil es das schon einmal wollte. Es hat beim Trinken Unterwasserbewegungen mit den Händen gemacht und war noch gar nicht recht da. Später hat es herumgelegen und mit den Fäusten die Luft geboxt. Ich habe auch herumgelegen.
    Nach und nach sind alle Verwandten gekommen, um sich das Kind anzusehen, und sobald sie zur Tür herein waren, haben sie pscht gesagt und geflüstert. Als Ali kam, hat sie Fischfilet mitgebracht und ein Kochbuch mit bunten Bildern. Es war die Sorte Kochbuch, wo sie Schritt für Schritt vom Auspacken bis zum Essen alles genau illustriert haben, man braucht gar nicht lesen zu können, und aus irgend einem Grund geht es jedesmal völlig schief. Selbst wenn du kochen und lesen kannst. Ali hat gesagt, daß eine Wöchnerin Eiweiß braucht und jemand, der für sie sorgt und kocht und aufpaßt, daß sie versorgt ist, sonst kriegt sie das Kindbettfieber. Außerdem wollte sie unbedingt dieses Fischrezept ausprobieren mit den siebzehn Glanzfotoschritten. Sie war sehr überzeugt von ihrer ärztlichen Koch- und Versorgungskunst, und ich habe gedacht, es geht schief, aber es ist besser, vorher nichts zu sagen, sonst regt sie

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