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Gut genug - Erzählung

Gut genug - Erzählung

Titel: Gut genug - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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sich auf, wird nervös, und dann geht es auch wieder schief. Dann hat sie angefangen, uns Essen zu kochen, und es ist ein Fiasko geworden. Das Fiasko ging los, als Ali aus der Küche gerufen hat, wo ist der schwarze Pfeffer, ich rufe zurück, oben links im Regal, Ali ruft, da ist keiner, ich rufe, aber ja doch, Ali sagt, da ist nur weißer, ich sage, dann nimm doch einfach den weißen, Ali kommt rüber und sagt, hör mal, denk nicht, ich nehme den weißen, ich sage, und wieso, sie sagt, weil an Fischfilet schwarzer Pfeffer gehört, ich sage, mir ist es ganz egal, sie sagt, es ist aber nicht egal, es ist eine Frage der Küchenkultur, und Küchenkultur ist Stil, ich sage, entschuldige Ali, ich habe gerade ein Kind gekriegt, Ali ist still und beleidigt. Wenn im Kochbuch steht, schwarzer Pfeffer, und keiner nimmt einen ernst. Inzwischen hat das Kind angefangen zu schreien, es wird erst rot, dann dunkelrot und dann ziemlich blau, und natürlich wissen wir nicht, was wir machen sollen. Meine Mutter sagt, vielleicht ist es hier zu heiß, du mußt nicht immer so überheizen, das Kind ist ganz naß vor Schweiß. Die Haare kleben am Kopf. Ali kommt aus der Küche und zeigt voll Groll ihre nassen Fischfinger vor, daß wir sehen, es ist nirgends kein Pfeffer im Hause zu finden. Ich sage, mein Gott, Ali, kannst du nicht Suppe kochen, muß es unbedingt dieses Farbfoto sein. Ali sagt, das Rezept geht mit schwarzem Pfeffer. Eiweiß hin, Eiweiß her, aber nicht ohne schwarzen Pfeffer. Ich sage, schau doch, das Kind schreit schrecklich, und was sollen wir jetzt bloß tun. Meine Mutter sagt, hoffentlich ist es gesund, weil sie denkt, daß es vielleicht einen Erbschaden hat von der Gegenseite, ich sage, A.C., ruf doch bitte die Hebamme an. A.C. ruft die Hebamme an und sagt, entschuldigen Sie, aber das Kind ist rot. Die Hebamme fragt, wie rot. So und so rot, eher dunkelrot, fast schon blaurot, fast schon wie violett. Die Hebamme fragt, ob es schreit. Und wie, sagt A.C., und die Hebamme sagt, dann ist gut. A.C. ist fassungslos. Wieso ist es gut, wenn es schreit? Ali ist fassungslos. Im ganzen Haushalt kein einziges Korn schwarzer Pfeffer. Mein Vater nimmt seine Brille ab. Die Brille ist innen beschlagen. Kondensat. Wenn bloß die Brille innen nicht immer beschlagen wollte. Jetzt wird man alt. Ali sagt, die Soße bindet nicht richtig. Ich sage, was für eine Soße. Ali sagt, Sahnesoße. Mein Vater sagt, Sahne, Sahne, Sahne, damit bringen sie dich noch um. Ali sagt, bestimmt war es die Zitrone. Das Kind ist noch immer rot, es jammert so vor sich hin. Ich sage, Zitrone in Sahne gerinnt. Davon steht nichts im Kochbuch. Der Postbote klingelt mit einem Telegramm. Meine Mutter sagt, was du jetzt brauchst, Kind, ist Ruhe. Schon dich ein bißchen, pfleg dich und ruh dich aus. Laß dich mal richtig verwöhnen. Am besten, du kommst ein paar Tage zu mir. Mein Vater sagt, zu uns. Das Kind ist ganz still. Meine Mutter sagt, das Kind ist so still. Wieso ist das Kind so still. A.C. sagt, wahrscheinlich ist es tot. Ich sage, vielleicht schläft es nur. Meine Mutter sagt, du mußt es nicht immer auf den Rücken legen. Wenn es erbricht, erstickt es. Ich sage, was heißt immer, das Kind ist noch ziemlich neu. Es klingelt. Herein kommen weitere nahe Verwandte und sagen pscht. A.C. sagt, seid ihr alle verrückt geworden. Die anderen Großeltern kommen auf Zehenspitzen hereingeschlichen und sehen sich das Enkelkind an. Die Großmutter flüstert, daß du es bloß nicht im Schlaf erdrückst. Immer weit weg an die Bettkante legen. Meine Mutter sagt, um Gottes willen, wenn so ein Kind von der Bettkante fällt. Der Schädel ist noch nicht geschlossen. Ein Sturz von der Bettkante und. Immer habe ich Angst gehabt, sie fallen mir runter. Und wenn es erst laufen kann. Die andere Mutter sagt, immer aufpassen, daß es nicht Zug abkriegt. Einmal Zug gekriegt, eine Lungenentzündung und. So schnell geht das. Und immer schön an die Sonne, Sonne ist wichtig fürs Knochengerüst. Daß es bloß nicht rachitisch wird. Meine Mutter sagt, bloß keine pralle Sonne. Immer ein Käppchen, ein Hütchen, ein Mützchen auf, möglichst mit breiter Krempe. Die Haut ist noch viel zu zart, und der Schädel ist nicht geschlossen. Nicht daß es verbrennt und dann Hitzestich. Immer habe ich Angst gehabt, daß eine von euch einen Hitzestich kriegt. Ali schreit, essen. A.C.s Vater sagt, und wovon wollt ihr leben? Geld? Arbeit? Aktien? Kapital? Immobilien? Sonstige Werte? Hm? Wie steht’s mit

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