Gut zu wissen (German Edition)
Wiedersehen, William. Wenn ich dich vor Montag nicht mehr sehe, hab einen guten ersten Schultag.“
„Hab ich bestimmt“, rief William. „Onkel Jerry und ich gehen heute Anziehsachen kaufen.“
Sara drehte sich um und lächelte Jerry an. Die Unsicherheit auf seinem Gesicht ließ ihr Herz ein ganz klein wenig brechen. „Sehen Sie zu, dass Sie beide glücklich und gesund sind und vergessen Sie den Rest“, flüsterte sie, als sie außerhalb von Williams Hörweite waren.
„Das hat David auch gesagt, mehr oder weniger.“ Die Erinnerung an David ließ Jerry lächeln.
„Hört sich nach einem Glücksgriff an.“ Sara kam etwas näher. „Ist er einer von uns?“
Jerrys Augenbraue hob sich fragend und Sara verdrehte die Augen. „Ist er schwul?“
„Ach so.“ Jerry wurde rot. „Ja, ist er.“
„Und das haben Sie alles gestern Abend herausgefunden?“
„Warten Sie kurz.“ Jerry ging zur Tür des Fernsehzimmers. „William, dein Frühstück ist fertig. Geh schon mal in die Küche, ich bin gleich da, okay?“
William drückte den Pauseknopf, legte die Fernbedienung vor sich ab und ging in die Küche.
Jerry drehte sich wieder zu Sara um und führte sie zurück auf die Veranda, wo er leise die Tür hinter ihnen schloss. „Darf ich – ich meine, haben wir ein ethisches Problem, wenn ich ... wenn ich ...“
„Wenn Sie mehr rubbeln wollen, als nur den Radiergummi des Lehrers?“ Sara grinste breit.
„Du meine Güte“, stotterte Jerry. „Aber ja, so was in der Art.“
„Und Sie würden gerne wissen, ob es dadurch irgendwelche Probleme geben könnte?“
Jerry nickte.
„Also, von meiner Seite aus kann ich nur sagen, solange William sicher, glücklich und gesund ist, wird es nicht viel geben, was das Jugendamt dazu bringen könnte, ihn Ihnen wegzunehmen.“ Sara drehte sich zu ihrem Auto und fügte hinzu: „Ich kann nichts darüber sagen, wie moralisch vertretbar es ist, dass ein Lehrer mit dem Elternteil eines Schülers ausgeht. Aber ich weiß, dass es häufig passiert.“ Sara ging noch einmal zu Jerry zurück, als sie die Verwirrung und Frustration auf seinem Gesicht sah. „Sie wollen meinen Rat? Lassen Sie ihn entscheiden, ob er es riskieren will, wenn er damit überhaupt etwas riskiert.“ Sara stellte sich auf die Zehenspitzen, um Jerry einen Kuss auf die Wange zu geben. „Ich muss diesen Mann einfach kennen lernen! Und der neue Jerry gefällt mir sehr viel besser.“ Als sie bei ihrem Auto angekommen war, drehte sie sich noch ein letztes Mal um. „Und außerdem sind wir hier in Kanada, Schwule können jetzt sogar heiraten!“
Jerry winkte und ging dann zurück ins Haus. Er fühlte sich sehr viel besser. William war fast mit dem Essen fertig, als Jerry zum Tisch zurückkam. Wie würde es dir gefallen, für immer hier zu leben, William? Gott, Jerry wünschte sich ein wenig Bestätigung, aber er wollte die Hoffnungen des Jungen nicht schüren, nur um zu sehen, wie sie enttäuscht wurden. In den paar Minuten, die er brauchte, um zu frühstücken, traf Jerry eine überstürzte Entscheidung, von der er sicher war, dass sie ihm irgendwann in die Eier treten würde. Aber, sagte er sich, tun sie das nicht alle?
Kapitel 6
D AVID fuhr zusammen, als sein Handy klingelte. Es war Donnerstagmorgen und er war schon wieder in der Schule. Vorhersehbar wie die kanadische Wirtschaft, das bin ich, dachte David. Er hielt sich nicht damit auf, auf das Display zu sehen – er sah nie auf das Display – und öffnete das Telefon.
„Hallo?“
„David, ich bin’s, Jerry.“
„Hey, Jerry, was gibt es?“ David entschied sich dazu, Jerry diesmal selbst auf den Arm zu nehmen. „Sag mir nicht, dass du ihn jetzt schon krank meldest.“
„Wie? Nein. Ach so, jetzt kapier ich das. Witzig.“
„Finde ich auch.“
„Nein ich rufe an, um zu fragen, ob du herkommen möchtest, vielleicht reiten oder –“
„Sehr gerne.“ Gott, wie David diese übereifrige Antwort hasste. „Wann?“
„Also, William und ich, wir gehen noch Klamotten kaufen und dann Lebensmittel, aber sagen wir mal ...“ David sah auf die Uhr, während er wartete. „Sagen wir drei Uhr und dann Abendessen hier?“
„Ich schreibe mir das mit roter Tinte in den Kalender.“
„Okay.“ David hörte Erleichterung aus Jerrys leisem Lachen. Er war sich nicht sicher, ob er gestern Abend auf Jerry genauso einen Eindruck gemacht hatte wie Jerry auf ihn. „Dann sehen wir uns so gegen drei ... Ach Moment, gibt es irgendetwas, was du nicht
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