Gute Beziehungen
Kollegen, Mitarbeitern, Vorgesetzten, Kunden und Beratern zu. Offenbar hören wir allen zu. Aber tun wir es wirklich? Oder hören wir nur?
Eine unserer Trainerinnen berichtete mir, sie sei kürzlich in einer Abflughalle Zeugin eines etwas gereizten Gesprächszwischen einer Mutter und ihrer fünf- oder sechsjährigen Tochter geworden:
Tochter: »Aber ich will nicht ins Flugzeug. Ich will nicht. Ich will nach Hause.«
Mutter: »Du benimmst dich wie ein Baby.«
Tochter: »Tu ich nicht. Ich will nur nicht ins Flugzeug.«
Mutter: »Wir steigen in dieses Flugzeug, ob du willst oder nicht. Also, halt endlich den Mund!«
Tochter: »Ich kann doch Papa anrufen. Er kann kommen und mich mit nach Hause nehmen.«
Mutter (schnappt sich die Tochter und drückt sie heftig in den Sitz): »Setz dich jetzt dahin und halt den Mund. Du wirst niemanden anrufen. Du kommst mit zu Großmutter. Und damit Basta . Halt endlich den Mund! «
»Ich war erleichtert«, so die Kursleiterin, »als ich zu meinem Flugzeug musste und die Halle verlassen konnte, in der sich die Szene abgespielt hatte. Doch in 11 000 Meter Höhe spielte ich das Mutter-Tochter-Szenario noch einmal durch und fragte mich, was wohl geschehen wäre, wenn die Mutter versucht hätte, die Gefühle der Tochter zu verstehen.« Ich vermute, die Tochter hatte Angst vorm Fliegen, und wenn die Mutter darauf eingegangen wäre, hätte sie beispielsweise sagen können: ›Du hast wirklich Angst, ins Flugzeug zu steigen, und würdest lieber zu Hause bleiben.‹ Vermutlich hätte sie die Gefühle des kleinen Mädchens einfach erkennen müssen, um seine Befürchtungen zu zerstreuen.
Ich bezweifle, dass die wütende Mutter aus der Abflughalle dieses Buch liest, doch Ihnen möchte ich einige der Dinge mitteilen, die ich übers Zuhören gelernt habe – unter welchen Bedingungen es wirkt und wann es nicht wirkt.
Feedback, das nicht wirkt
Wir wissen wohl alle, was Leute üblicherweise sagen, wenn jemand von seinem Problem spricht. Bei uns heißen diese Äußerungen Straßensperren oder Kommunikationsblockaden – weil sie genau das tun: Sie versperren die Kommunikationswege.
Diese Straßensperren lassen sich in zwölf Kategorien einteilen. Nehmen wir als Beispiel die Äußerung des kleinen Mädchens: »Ich will nicht ins Flugzeug. Ich will nicht. Ich will nach Hause« und schauen wir uns an, wie die Straßensperren hier ausfallen könnten:
Sperre 1 befehlen, anordnen, bestimmen: »Wir fliegen, also halt jetzt den Mund.«
Sperre 2 drohen, warnen: »Wenn du nicht aufhörst zu jammern, dann sorge ich dafür, dass du Grund zum Jammern hast.«
Sperre 3 moralisieren, predigen: »Brave Kinder weinen und quengeln nicht. Du solltest dich freuen, dass wir zu Großmutter fliegen.«
Sperre 4 Ratschläge erteilen, Lösungen vorgeben: »Du musst einfach an etwas anderes denken. Dann geht es dir gleich besser. Warum holst du dir nicht die Buntstifte aus der Tasche und malst ein bisschen?«
Sperre 5 Vorträge halten, belehren, Fakten liefern: »Nur noch drei Stunden, dann sind wir bei Oma.«
Sperre 6 Urteile fällen, Vorwürfe machen, kritisieren: »Kein Kind im Flughafen führt sich so unmöglich auf wie du.«
Sperre 7 loben, schmeicheln: »Du bist doch ein großes Mädchen. Und so vernünftig.«
Sperre 8 beschimpfen, lächerlich machen: »Du benimmst dich wie ein Baby.«
Sperre 9 interpretieren, diagnostizieren, analysieren: »Du willst mich nur blamieren.«
Sperre 10 trösten, Sympathie bekunden : »Armer Schatz! Reisen ist anstrengend, nicht wahr?«
Sperre 11 forschen, fragen, verhören : »Warum führst du dich so auf?«
Sperre 12 zurückziehen, sarkastisch reagieren, ausweichen: »Schau mal den großen roten Luftballon, den der kleine Junge dort drüben hat.«
Kommt Ihnen das vertraut vor? Fallen Ihnen dabei bestimmte Menschen, Orte und Ereignisse ein? Erinnert Sie das an Momente, wo Sie wütend waren und wo man Ihnen sagte, Sie sollten damit aufhören, wo man Ihnen erklärte, warum Sie »wirklich« zornig seien, oder riet, endlich erwachsen zu werden? Wissen Sie noch, wie Sie sich damals fühlten und was Sie taten, als Sie solch ein Feedback erhielten? Die meisten Menschen verstummen, gehen fort oder setzen – wie das kleine Mädchen auf dem Flughafen – ihre Bemühungen Verständnis zu finden fort, meist ohne großen Erfolg.
Keine der Sperren vermittelt Verständnis. Tatsächlich geht es dabei gar nicht um das, was der Sprecher sagt, sondern um den Hörer. Außerdem
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