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Gute Beziehungen

Gute Beziehungen

Titel: Gute Beziehungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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wird?«

    Ihre Vermutung
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    2. Nervöse Kollegin sagt: »Hundertmal habe ich versucht, das Rauchen aufzugeben, aber ich schaffe es nicht. Was soll ich nur tun?«

    Ihre Vermutung
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    3. Schluchzende Tochter sagt: »Seit zwei Jahren bin ich mit Frank zusammen, und jetzt sagt er, dass er sich mit anderen Mädchen treffen will. Was soll ich bloß machen?«

    Ihre Vermutung
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    Hier sind meine Vermutungen. Im ersten Beispiel würde die Äußerung »Du hättest gerne eine interessantere Stellung, hältst aber einen Berufswechsel angesichts deiner finanziellen Verpflichtungen für riskant« seine Gedanken und Gefühle vielleicht ziemlich genau wiedergeben.
    Im zweiten Beispiel würde ich es mit der Annahme versuchen: »Du bist entmutigt, weil du mit all deinen Versuche, das Rauchen aufzugeben, gescheitert bist.«
    Zu meiner Tochter könnte ich sagen: »Du bist gekränkt und weißt nicht, wie du dich verhalten sollst.«
    Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, schließen die Sprecher in allen drei Fällen mit einer Frage. Antworten vom Zuhörer sind fast nie erwünscht oder erforderlich. Und abgesehen davon, was würden Sie Ihrer Tochter denn raten? »Am besten, du vergiftest Frank«?
    Ich glaube, bei dem Versuch, effektiv zuzuhören, ist eines der größten Hindernisse unsere Neigung, auf alle Fragen eine Antwort zu geben, denn wir versuchen, den anderen zu »kurieren«, so zu tun, als wüssten wir die beste Lösung für jede Situation. Wenn ich mich beim Zuhören dabei ertappe, dass ich über Lösungen, Auswege und Antworten nachdenke, bin ich auf dem Holzweg. Um den Sprecher zu verstehen, muss ich mit meinen Gedanken ganz bei seinen Gedanken und Gefühlen sein. Sicherlich ist das der Weg, der seltener beschritten wird, aber er verändert alles, um es mit dem Dichter Robert Frost zu sagen.
Die Retter-Falle vermeiden
    Jeder würde andere gerne aus Schwierigkeiten und Not befreien. Das ist ein natürlicher Impuls. Ein Informatiker würde es vielleicht so formulieren: Wir sind fest verdrahtet, alles zu tun, was in unserer Macht steht, um die Menschen, die wir lieben, zu behüten und zu beschützen. Wir möchten nicht, dass sie leiden. Doch gelegentlich verfallen wir mit unseren Versuchen, Kummer zu lindern, Probleme zu lösen, Schwierigkeiten zu beseitigen und Leiden zu verhindern, in die Rolle des Retters. Retten in diesem Sinn heißt nach meiner Definition, dass man für einen anderen etwas tut, was er genauso gut – und vielleicht sogar besser – allein leisten könnte. Die Haltung, die uns zum Retten verführt, schlägt sich in all unseren Beziehungen nieder und wirkt sich auf alle Beteiligten nachteilig aus. Um zu retten, müssen wir die Person, die gerettet werdensoll, viktimisieren , das heißt, sie als unfähiges, ohnmächtiges Opfer sehen, welches Hilfe braucht. Damit manövriert sich der Retter in die überlegene Position dessen, der fähig, kompetent und im Vollbesitz seiner Kräfte ist.
    Je mehr wir helfen, desto hilfloser werden die Empfänger der Hilfeleistung. Es gibt einen enormen Unterschied zwischen der Hilfe eines Retters und der Assistenz eines Nicht-Retters. Wenn jemand ertrinkt, dann retten Sie ihn, indem Sie ihn aus dem Wasser ziehen. Doch Fälle, in denen Menschen solche Hilfe brauchen, sind äußerst selten. Andererseits brauchen Menschen häufig Assistenz; dann tun wir etwas zusammen mit dem Betroffenen. Die Wörter Hilfe und Assistenz werden zwar häufig austauschbar verwendet, sie bedeuten aber keineswegs dasselbe. Behalten Sie also im Gedächtnis, dass in Wirklichkeit Hilfe und Rettung Synonyme sind.

Retten heißt, die Probleme anderer Menschen in Besitz nehmen.
Wer die Probleme anderer Menschen in Besitz nimmt, signalisiert ihnen, dass er sie für unfähig hält.
Für unfähig gehalten zu werden, verärgert die Menschen.
Mit verärgerten Menschen lässt sich schwer umgehen.
Und die Retter, die es doch nur gut meinen, fragen sich, warum mit anderen Menschen so verdammt schwer auszukommen ist.
Rückblick: Wer hat eigentlich das Problem?
    Menschen haben Probleme. Wenn sich das Problem, das ein anderer hat – beispielsweise die Kollegin, die es nicht schafft, das Rauchen aufzugeben –, nicht konkret auf mich auswirkt, ist es ganz offenkundig das Problem der Kollegin. Sie hat es. Falls ihr Verhalten jedoch auch mich betrifft, falls sie beispielsweise in meinem Büro raucht, istes mein Problem. Ich habe es. Die Regel lautet: Wer das Problem hat, muss es lösen. Dazu mögen

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