Gute Beziehungen
Jahrelang haben wir nach einem besseren Wort gesucht, einem Wort, das die Eigenschaften wiedergibt, die wir mit intakten Beziehungen verbinden. Wahrscheinlich trifft Demokratie die Sache, doch fast jeder denkt bei dem Wort an Wahlen, Politik und Regierungen; das meinen wir natürlich nicht, sondern eine zwischenmenschliche Demokratie, die Gerechtigkeit, Gleichheit und Gegenseitigkeit verwirklicht, also das genaue Gegenteil von autokratischen, hierarchischen Beziehungen, die nicht nur für Diktaturen charakteristisch sind, sondern auch für viele Organisationen und Familien.
Wenn ich von »Demokratie« und »demokratischen Methoden« rede, meine ich also eine Beziehung, die fair und für beide Seiten befriedigend ist, vor allem auch dann, wenn wir nicht einer Meinung sind.
Definieren wir Konflikte als Kämpfe, bekommen wir Schwierigkeiten. Kämpfe sind Nullsummenspiele, das heißt, zu jedem Gewinner muss es einen Verlierer geben. Solche Spiele können nur gewonnen oder verloren werden oder unentschieden enden. Alle unsere populären Sportarten sind Nullsummenspiele, und genauso gehen viele Menschen mit ihren Konflikten um. Sie veranstalten Nullsummmenspiele, gewinnen ein paar, verlieren ein paar und verwenden viel Zeit und Energie darauf, Strategien zu entwickeln, um die Häufigkeit von Niederlagen zu minimieren und die von Siegen zu maximieren. Doch wenn wir Konflikte als Probleme definieren, ist unsere Ausgangslage viel besser: Probleme lassen sich lösen, jeder kann seine Bedürfnisse befriedigen und alle können gewinnen.
Probleme lösen
Anfang des 20. Jahrhunderts untersuchte der namhafte Philosoph und Pädagoge John Dewey, wie Probleme gelöst werden. Dazu beobachtete er, wie die Menschen sie im Allgemeinen angingen. Ihm fiel auf, dass sie unabhängig von der Art des Problems immer die gleiche Lösungsstrategie verwendeten. Zuerst dachten sie über mögliche Lösungen nach. Dann bewerteten sie die potenziellen Lösungen, entschieden sich für eine und probierten sie aus. Wenn sie sich bewährte, hatten sie das Problem gelöst. Wenn nicht, kehrten sie zum Ausgangspunkt zurück und versuchten es mit einer anderen Lösung. Dewey glaubte, der Prozess sei naturgegeben, das heißt, er brauche nicht gelernt zu werden oder werde zumindest so früh im Leben gelernt, dass er naturgegeben erscheine.
Wenn wir die Konflikte in unseren zahlreichen Beziehungen als Probleme definieren, können wir eine Spielart dieses naturgegebenen Problemlösungsprozesses nutzen, um kreative Lösungen zu finden, die die Bedürfnisse aller Beteiligten befriedigen. Auf diese Weise wird niemand zum Verlierer. Es handelt sich also um eine Keiner-verliert-Methode.
Seit vielen Jahren schlage ich eine bestimmte Form des Dewey’schen Problemlösungsprozesses vor, weil er mir als die beste Strategie zur Konfliktlösung erscheint. Er umfasst sechs Schritte, die, wie mir viele Menschen gesagt haben, häufig in der einen oder anderen Form verwendet werden.
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Ich möchte den Konflikt umwandeln, statt ihn zu unterdrücken oder mit Gewalt auszutragen.
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Mahatma Gandhi
Die Keiner-verliert-Methode
Wenn ich mich in einem Konflikt befinde und diese Methode verwende, brauchen Menschen, die nicht mit ihr vertraut sind, eine Erklärung, eine Art Produktinformation, die folgendermaßen lauten könnte: »Es gibt drei Möglichkeiten, das Problem zu lösen, das wir miteinander haben. Eine Möglichkeit wäre, dass ich mir eine Lösung ausdenke und versuche, sie dir aufzuzwingen, ob sie dir gefällt oder nicht. Oder du versuchst, mir deine Lösung aufzuzwingen. So oder so wird einer von uns beiden einem Zwang unterworfen. Ich kann auch sagen: ›Okay, ich will keine große Geschichte daraus machen‹, und hoffen, dass sich das Problem von selbst erledigt.
Ich kann dich nicht wirklich dazu bringen, an meinen Vorstellungen Gefallen zu finden, so wenig wie du mir deine Vorstellungen schmackhaft machen kannst. Ich glaube auch nicht, dass sich das Problem erledigt, wenn wir es ignorieren. Daher möchte ich etwas ganz anderes probieren, etwas, bei dem wir beide gewinnen. Möchtest du mehr darüber hören?« Wenn die Antwort »Ja« lautet, können Sie mit Schritt eins beginnen.
Schritt eins: Definieren Sie das Problem, indem Sie unbefriedigte Bedürfnisse formulieren. Das ist eine radikale Abkehr von der Art, wie die meisten Menschen mit Konflikten umgehen. In der Regel begreifen sie mögliche Ergebnisse in den Kategorien von gewinnen oder verlieren, von
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