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gute freunde - boese freunde

gute freunde - boese freunde

Titel: gute freunde - boese freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Reichart
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Erkenntnis, dass Gesetze da sind, um sich an sie zu halten. Dass Gesetzesnovellen notwendiger denn je sind, bleibt davon unberührt. Aber dafür kann man sich ja auf anderer Ebene einsetzen. Zum Beispiel bei einer digitalen Petition.

    6. Zerstreuung ist das Schönste im Netz. Warum Sie der aktuellen Zentralisierung kritisch gegenüberstehen sollten
    Die schöne neue Welt ist vor allem die schöne neue Welt der Unternehmen. So sieht sie aus: Alle Ihre Dokumente liegen auf einem Webserver, also einem Computer irgendwo da draußen, auf den Sie keinen physischen Zugriff haben. Dort liegen auch all die Programme, die Sie nutzen, die Musik, die Sie hören, die Filme, die Sie anschauen. Sie bezahlen je nach Nutzungsdauer, -häufigkeit, oder gleich in einer Art Flatrate. Also zum Beispiel monatlich für 3.000 Lieder aus der Sparte Pop der 60er bis 90er, die Sie je zweimal anhören dürfen, für ein Schreibprogramm, das Sie dauerhaft nutzen können und für drei Filme. Weil Sie so ein guter Kunde sind, gibt es außerdem zwei Stunden Computerspiele gratis obendrauf. Das Gerät, das Sie dazu nutzen, ist nicht viel mehr als ein Bildschirm mit einer Tastatur oder einem anderen Eingabegerät. Es gehört nicht Ihnen, sondern der Firma, die Ihnen den Server, die Musik, die Filme und die Programme anbietet.
    Klingt absurd, ist es nicht. Der Trend zu dieser – unter Profis als »Cloud Computing« bezeichneten – Strategie ist bereits heute klar erkennbar. Der iPad nimmt die Vorreiterrolle bei den kleinen Computergeräten ein, die sich nach und nach anschicken, die schweren Desktoprechner zu ersetzen. Das Konzept, je nach Nutzung zu bezahlen, hat sich im Filmbereich |87| und zumindest in den USA schon durchgesetzt, der iTunes Store und Amazon verkaufen bereits Songs von zentralisierten Servern (wenn auch ohne Nutzungsbeschränkungen) an Endkunden.
    Der Trend setzt sich schleichend durch, er ist nicht aufzuhalten. Vor allem deshalb, weil er für alle Beteiligten Kostenersparnisse bedeutet. Die Endkunden zahlen nur noch für das, was sie wirklich nutzen – niemand muss sich mehr eine Microsoft Office Suite für 500 Euro kaufen, nur weil er hin und wieder eine Präsentation in Powerpoint zusammenbastelt. Die Anbieter hingegen können ihre Software zentral updaten und verwalten. Dass die Arbeiten zentralisiert erfolgen, bedeutet freilich nicht, dass der Endkunde dafür nicht zahlen muss. Weiterer Vorteil für die Anbieter: Sie behalten die Hoheit über ihre Produkte. Es wird das Ende von Raubkopien sein.
    Und trotz all dieser Vorteile ist es bereits heute eine Grundregel für sicheres und bewusstes Agieren im Netz, dem Trend zur Zentralisierung im Speziellen und der Datenhoheit der Konzerne im Grundsätzlichen etwas entgegenzusetzen.
    Denn wie alles im Leben hat auch die Zentralisierung eine Kehrseite. Und die wiegt schwer. Wer Ihre Daten und Ihre Programme verwaltet, kann auch alle Ihre Daten und Programme löschen. Manipulieren. Kopieren. Verschicken. Die Möglichkeit bedeutet natürlich nicht, dass eine Firma diese Macht auch ausnützt. Aber: Warum unnötig Risiken eingehen? Die Zentralisierung wird sich als Prinzip aller Wahrscheinlichkeit nach durchsetzen, aber ein Netznutzer, der sich als bewusster Konsument versteht, wird seinen Kaufentscheidungen nicht nur Bequemlichkeit und Kostenfaktoren zugrunde legen. Wer mitdenkt, entscheidet sich stattdessen für mehrere Anbieter, speichert seine E-Mails bei einem Provider, kauft seinen Internetzugang bei einem anderen, lässt seine Software von einem dritten bereitstellen. Solange es noch möglich ist, |88| gehören auch Dokumente mit vertraulichen Daten wie Kontonummern, aber zum Beispiel auch private Fotos niemals ins Netz geladen, auch nicht auf passwortgeschützte Seiten. Bei keinem Anbieter kann der Kunde schließlich die Mechanismen hinter der Oberfläche der Webseite genau einschätzen. Was bedeutet schon ein »Diese Datei wurde gelöscht«-Kasten auf dem Schirm? Letzten Endes nicht mehr als den Kasten, den man sieht. Ob die private Datei wirklich vom Server des Anbieters verschwunden ist, weiß nur der Anbieter alleine.

    Ähnlich verhält es sich mit Facebook. Wer in dem sozialen Netzwerk richtig mitmacht, lässt es zur zentralen Stelle aller personenbezogenen Daten in Bezug auf seine eigene Person werden. Der Nutzer kann nicht anders: Wer ein digitales Ich haben und kontrollieren möchte, kommt um Facebook kaum herum. Die Techniker des Netzwerkes aber könnten prinzipiell

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