gute freunde - boese freunde
durchaus anders – eine dezentrale Version von Facebook, bei der die Nutzer ihre Daten auf dem eigenen Rechner behalten, wäre technisch möglich. Nur könnte Facebook dann mit den Daten seiner Mitglieder nicht das große Geschäft machen, das langsam anrollt. Entsprechende Alternativen zu Facebook werden derzeit zum Glück entwickelt, allerdings sind die Testversionen der dezentralen Netzwerke noch längst von alltäglicher Nutzbarkeit entfernt.
Wer wenigstens abseits von Facebook und anderen Seiten, auf denen man sich per Login identifiziert, einen Teil der Datensammelei verhindern möchte, verwendet unterschiedliche |89| Browser. Internet Explorer, Firefox und Opera sammeln alle Daten. Die einen mehr, die anderen weniger offensiv. Zugleich sind sie ein Erkennungsmerkmal, das Webseitenbetreibern hilft, zu erkennen, wer auf ihrer Seite surft. Wer eine Seite mal mit dem Firefox, dann wieder mit Opera aufruft, wer also öfters zwischen den Browsern wechselt, verhindert allzu aufschlussreiche Datensammlungen.
Das Thema ist komplex. Gerade deshalb gilt: Informieren Sie sich, seien Sie neugierig. Das Internet ist eine eigene Welt, in der Sie leben, genauso wie die reale Welt vor Ihrer Haustür. Und in der informieren Sie sich ja schließlich auch, bevor Sie sich auf irgendwas Neues einlassen.
7. Lernen Sie den digitalen Umgang. Wie man sein Leben digital-sozial organisiert
»Entschuldigung, ich hätte eine Frage.« – »Hau ab, du checkst ja gar nix.« Nein, so würde man vermutlich nicht antworten, es gibt aber einen Ort, an dem diese Art der Unterhaltung ganz normal ist. Es ist der Umgangston, der in vielen Internetforen herrscht, und mit dem Neuankömmlinge abgeschreckt werden. Der eine oder andere Pessimist und Verfechter von handgeschriebenen Briefen im Geschäftsverkehr wird glauben, damit sei zum Umgang im Netz ja auch schon alles gesagt. Demjenigen sei dringend ein Besuch in den zahlreichen Foren empfohlen, in denen sich eine gigantische Gruppe freundlicher Menschen um jede Art von Fragen kümmert. Oder im Kommentarbereich jener etwas gestelzt daherkommenden Blogs, in denen der Autor seine Leser beharrlich zum höflich-distanzierten »Sie« im Umgang miteinander erzieht.
Soll heißen: Die Welt, auch die digitale, ist zu komplex, als dass man sie und die Kommunikationsstile, die in ihnen gepflegt |90| werden, über einen Kamm scheren könnte. Denn natürlich gibt es online unterschiedliche Milieus. Natürlich gibt es unterschiedliche Ecken und Räume, in denen unterschiedliche Gepflogenheiten geprägt werden. Die hängen vom sozialen Status, von der kulturellen Identität, von der Online-Affinität, vom Geschlecht und vom Alter der Kommunizierenden ab. Hat man sich diesen Fakt vergegenwärtigt, erahnt man, dass Kommunikation in der virtuellen genau wie in der realen Welt eine Frage von Empathie und Lernfähigkeit ist. Ob sich etwas gehört (oder eben nicht), muss man herausfinden.
Es gibt Menschen, die allermeisten von ihnen dürften über 40 sein, die finden es unhöflich, eine Facebook-Freund-Anfrage zu bekommen, wenn man noch nicht mal zusammen Kaffee trinken war. »Ein alter Freund ist besser als zwei neue«, sagen die Menschen in Russland in einem alten Sprichwort. Das sieht allerdings nicht jeder so, schon gar nicht jene Menschen, die sich gerade an einem sozialen Netzwerk angemeldet haben. Denn es gibt Menschen, die finden es unhöflich, wenn sie nach einer kurzen Vorstellung auf einer Party
keine
Freundes-Anfrage auf Facebook bekommen.
Wer vor diesem Hintergrund nach einem Regelwerk sucht, muss enttäuscht werden. Es gibt zwar sehr wohl ein Richtig und ein Falsch, aber welches Verhalten in welche Kategorie gehört, hängt immer von mehreren Faktoren ab. Grundsätzlich sinnvoll ist es, das eigene Verhalten dem anderer Nutzer bis zu einem gewissen Grad anzugleichen. Schließlich verhalten |91| Sie sich im realen Leben auf einer Demonstration auch anders als auf dem Parkett des Opernhauses. Der Unterschied zur virtuellen Realität ist, dass man hier nicht immer gleich erkennt, wo man eigentlich gelandet ist. Was auf den ersten Blick als sprachlich flapsiger Blog daherkommt, kann bei genauerer Betrachtung ein Forum von hohem intellektuellem Niveau sein, in dem sich die Kommentatoren seit Jahren siezen. Natürlich werden Sie keine ernsthaften Probleme bekommen, falls Sie in diesem Fall die Regeln überschreiten – aber eben um den Preis, der Idiot zu sein, der sich blamiert hat.
In jedem Fall unfein
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