gute freunde - boese freunde
werden von tausenden Menschen live oder eben vor dem Fernseher verfolgt. |145| Die Pro-Gamer haben eine eigene Merchandising-Kollektion. Von Tassen über T-Shirts bis hin zur Bettwäsche. Es sind gefeierte Idole für Tausende von Menschen, die davon träumen, ebenfalls einmal mit Computerspielen Geld verdienen zu können. Mehr dazu unter http://de.wikipedia.org/wiki/ E-Sport
Dieser Trend ist mittlerweile auch nach Europa geschwappt. Computerspieler, die bei Turnieren teilnehmen, werden nun als E-Sportler bezeichnet. Es gibt die ESL, die Electronic Sports League, sowohl für Amateure als auch für Pro-Gamer. Seit der Gründung der ESL im Jahr 2000 wurden insgesamt 1. 200. 000 € an Preisgelder ausgeschüttet ( www.esl.eu/de ). Genug Anreiz also, um auch hierzulande davon zu träumen, sein Taschengeld durch das aufzubessern, was einem ohnehin Spaß macht. Aber wie im realen Sport gelingt das nur den wenigsten – nur denen, die Disziplin aufbringen, die hart trainieren und vor allem auch einen Ausgleich zum Computerspielen haben.
Dass die Zahl derer, die sich komplett aus dem realen Leben verabschieden und nur noch virtuell existieren, ansteigt, hat sicherlich mehrere Gründe. Wie oben bereits beschrieben, gibt es nicht die Ursache für eine Suchtentwicklung, und es sind auch nicht die bösen Spiele, die unsere wehrlosen Kinder abhängig oder gewalttätig machen. Suchtentwicklung ist ein komplexer Prozess aus verschiedenen Faktoren, die miteinander und gegeneinander wirken.
Am Besten veranschaulicht das ein Modell von Kielholz und Ladewig aus dem Jahre 1973, das jedoch nichts an Aktualität verloren hat und nach wie vor zu einem der wichtigsten Suchtentstehungsmodelle in der Suchtprävention zählt, das sogenannte Suchtdreieck:
Richtig ist also, dass der Computer sicherlich einen Teil dazu beitragen kann, dass sich ein abhängiges Verhalten entwickelt, allerdings nur in Kombination mit den Personenfaktoren und den Umweltfaktoren. Eine Sucht kann sich nur dann entwickeln, wenn alle drei Ecken beteiligt sind. Ein Spiel kann noch so großartig und faszinierend sein – wenn die Person über entsprechende Ressourcen verfügt, wird es nie mehr als ein Hobby werden.
Am Beispiel der Bennis lässt sich das ziemlich anschaulich verdeutlichen: Der Umzug aufs Land, die gescheiterten Versuche, neuen Anschluss zu finden, die Möglichkeit, über Internet Kontakt zu den Freunden in München zu halten, die schwierige Situation in der Familie, die mangelnden Freizeitmöglichkeiten, wenig persönliche Bestätigung und Anerkennung. All das sind negative Faktoren an den Eckpunkten Person und Umwelt. Und dann das Spiel als Möglichkeit, sich einerseits aus der Familiensituation zu flüchten, Anerkennung zu bekommen, das Selbstwertgefühl aufzubauen und von anderen bewundert zu werden.
|147| Ähnliches erleben wir in unserer Arbeit immer wieder, wenn sich Menschen wegen eines problematischen Computernutzungsverhaltens an uns wenden: Häufig eine schwierige Familiensituation, wenig Freizeitmöglichkeiten (finanziell oder strukturell), kaum Bestätigung und Anerkennung von anderen, wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. »Was soll ich denn da draußen im real life? Das ist doch eh langweilig.« Diesen Satz habe ich diverse Male gehört. Und wenn man sich die Computerspiele mal näher betrachtet, scheint das auch zu stimmen. Im Spiel wird man ständig belohnt. Für alles, was man »leistet«, bekommt man Anerkennung und Auszeichnungen, sei es in Form von Artefakten oder in Form von neuen Fähigkeiten, Ruhm und Ranglistenpunkten.
Im Gegensatz dazu ist das reale Leben tatsächlich zäh. Um Gitarre spielen zu lernen, muss ich jahrelang üben, und nur wenn ich einen richtig guten Gitarrenlehrer habe, bekomme ich dafür Anerkennung. Wenn ich dann irgendwann einmal mit einer eigenen Band auftreten kann und auf der Bühne bejubelt werde, hat es sich auch gelohnt, aber bis dahin ist ein sehr weiter Weg.
Jugendliche leben deutlich mehr im hier und jetzt als Erwachsene. Sie wollen JETZT Erfolg und Bestätigung, und vor allem brauchen sie Anerkennung. Das Gefühl, irgendwas gut zu können, von anderen respektiert zu werden für das, was sie können. Und Jugendliche brauchen Aufgaben und Herausforderungen, in denen SIE einen Sinn sehen. »Das ist doch Zeitverschwendung«, höre ich oft von besorgten Eltern. Was sinnvoll genutzte Zeit ist, dazu gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. Der eine sammelt Briefmarken, die andere
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