Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
ich mir vor wie ein Einbrecher. Ich guck auf den kleinen rosa Vorleger, der den Blutfleck vor der Badtür verdeckt. Eigentlich wollt ich mir den Fleck heut nochmal vornehmen. Ein kalter Luftzug weht durchs Zimmer, wie wenn ein Geist umgeht. Mich fröstelt’s.
Vielleicht mach ich mich heut doch nicht an den Blutfleck.
Die Überdecke ist wie immer vom Bett geworfen. Das Bettzeug ist verwurstelt, wie wenn hier ein Ringkampf stattgefunden hätt. Ich verbiet mir, da drüber nachzudenken. Wenn man anfängt, drüber nachzudenken, was Leute in ihrem Schlafzimmer machen, ist man, eh man sich’s versieht, heillos in ihre Angelegenheiten verwickelt.
Ich zieh eins von den Kopfkissen ab. Auf dem Bezug sind überall Schmierflecken von Miss Celias Wimperntusche wie kleine, mit Kohle gezeichnete Schmetterlinge. Ich stopf die
Kleider, die auf dem Boden rumliegen, in den Kissenbezug, damit ich sie leichter tragen kann. Ich nehm Mister Johnnys gefaltete Hosen von dem gelben Liegesofa.
»Woher soll ich jetzt wissen, ob die sauber oder dreckig sind?« Ich steck sie trotzdem in den Kissenbezug. Im Haushalt ist mein Grundsatz: Im Zweifel waschen.
Ich trag den Wäschesack rüber zur Kommode. Der blaue Fleck an meinem Oberschenkel brennt, wie ich mich bück, um ein Paar von Miss Celias Seidenstrümpfen aufzuheben.
»Wer sind Sie?«
Ich lass den Sack fallen.
Ich geh langsam rückwärts, bis mein Hintern an die Kommode stößt. Er steht in der Tür, die Augen halb zusammengekniffen. Ganz, ganz langsam schau ich runter auf die Axt, die in seiner Hand baumelt.
Großer Gott. Ins Bad schaff ich’s nicht, weil er zu nah an der Badtür ist und mit mir reinrennen würd. An ihm vorbei zur Tür raus komm ich nicht, außer ich schlag auf ihn ein, und der Mann hat eine Axt. Ich hab ein heißes Pochen im Kopf vor lauter Panik. Ich sitz in der Falle.
Mister Johnny starrt auf mich runter. Er schwingt die Axt bisschen. Legt den Kopf schief und lächelt.
Ich mach das Einzige, was mir bleibt. Ich zieh die grimmigste Fratze, die ich ziehen kann, fletsch die Zähne und brüll: »Gehen Sie mir ja aus dem Weg mit der Axt da!«
Mister Johnny guckt runter auf die Axt, wie wenn er ganz vergessen hätt, dass er sie in der Hand hält. Wir starren uns an. Ich rühr mich nicht und atme nicht mal.
Er guckt kurz zu dem Sack rüber, den ich hab fallen lassen, will wissen, was ich gestohlen hab. Die Beine von seiner Khakihose schauen oben raus. »Hören Sie«, sag ich und fang an zu weinen. »Mister Johnny, ich hab Miss Celia gesagt, sie muss Ihnen von mir erzählen. Ich hab sie bestimmt tausendmal drum gebeten …«
Aber er lacht nur. Schüttelt den Kopf. Er findet es lustig, dass er mich gleich mit der Axt abschlachten wird.
»Hören Sie doch, ich hab ihr gesagt …«
Aber er gluckst immer noch vor Lachen. »Keine Angst, Mädchen. Ich tue Ihnen nichts«, sagt er. »Sie haben mich überrascht, das ist alles.«
Ich schnapp nach Luft, schieb mich vorsichtig in Richtung Bad. Er hat immer noch die Axt in der Hand, lässt sie leis schwingen.
»Wie heißen Sie überhaupt?«
»Minny«, flüster ich. Noch fast zwei Meter bis zum Bad.
»Wie lange kommen Sie schon hierher, Minny?«
»Nicht lang«, sag ich und schüttel den Kopf.
»Wie lange?«
»Paar . . . Wochen«, sag ich. Ich beiß mir auf die Unterlippe. Drei Monate.
Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß, dass es schon länger ist.«
Ich guck auf die Badtür. Was hätt ich davon, in einem Bad zu sein, wo man die Tür gar nicht absperren kann? Wenn er noch dazu eine Axt hat, um die Tür einzuhacken?
»Ich schwör’s, ich bin nicht böse«, sagt er.
»Und die Axt da?«, frag ich durch die zusammengebissenen Zähne.
Er verdreht die Augen, legt dann die Axt auf den Teppich und kickt sie mit dem Fuß weg.
»Kommen Sie, lassen Sie uns in der Küche gemütlich reden.«
Er dreht sich um und geht. Ich guck auf die Axt, überleg, ob ich sie mitnehmen soll. Schon der Anblick macht mir Angst. Ich schubs sie unters Bett und geh ihm nach.
In der Küche schieb ich mich vorsichtig zur Hintertür hin, probier die Klinke, um sicherzugehen, dass nicht abgeschlossen ist.
»Minny, ich verspreche Ihnen, es ist okay, dass Sie hier sind«, sagt er.
Ich guck in seine Augen, um rauszukriegen, ob er lügt. Er ist groß, eins fünfundachtzig mindestens. Hat einen kleinen Bauch, sieht aber kräftig aus. »Dann werden Sie mich jetzt wohl feuern.«
»Feuern?« Er lacht. »Sie sind die beste Köchin, die mir je begegnet
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