Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
keine, die ich fragen könnte, Aibileen«, sage ich, und meine Stimme wird lauter. Ich habe die letzten vier Stunden darüber nachgegrübelt. »Ich meine, wen denn? Pascagoula? Wenn ich mit ihr rede, kommt Mama dahinter. Ich bin nicht diejenige, die die anderen Dienstmädchen kennt.«
Aibileens Blick senkt sich so schnell, dass ich heulen könnte. Verdammt, Skeeter. Alle Barrieren, die diese letzten Monate zwischen uns abgetragen haben, habe ich eben in Sekundenschnelle wieder errichtet. »Entschuldigung«, sage ich hastig. »Tut mir leid, dass ich laut geworden bin.«
»Nein, ist schon recht. War ja mein Job, die anderen beizubringen. «
»Wie wär’s mit . . . Lou Annes Mädchen?«, sage ich leise und ziehe meine Liste hervor. »Wie heißt sie doch gleich . . . Louvenia? Kennen Sie sie?«
Aibileen nickt. »Louvenia hab ich gefragt.« Sie schaut immer noch auf ihren Schoß. »Ihr Enkelsohn ist der, den sie blind geprügelt haben. Sie sagt, es tut ihr leid, aber sie hat keinen Kopf für was anderes wie ihn.«
»Und Hillys Mädchen, Yule May? Haben Sie die schon gefragt?«
»Sie sagt, sie hat zu viel damit zu tun, ihre Buben nächstes Jahr aufs College zu kriegen.«
»Andere Dienstmädchen aus Ihrer Kirche? Haben Sie die gefragt?«
Aibileen nickt. »Sie haben alle irgendeine Ausrede. Aber in Wirklichkeit haben sie einfach Angst.«
»Aber wie viele haben Sie denn gefragt?«
Aibileen nimmt ihr Notizheft, blättert darin herum, zählt lautlos.
»Einunddreißig«, sagt sie.
»Das sind … viele«, murmle ich.
Aibileen sieht mir jetzt endlich in die Augen. »Ich wollt’s Ihnen nicht sagen«, meint sie, und ihre Stirn legt sich in Falten, »eh wir nichts von der Lady gehört haben . . .« Sie nimmt die Brille ab. Ich sehe die tiefe Besorgnis in ihrem Gesicht. Sie versucht, sie mit einem zittrigen Lächeln zu überspielen.
»Ich frag sie noch mal«, sagt sie und beugt sich vor.
»Gut«, erwidere ich seufzend.
Sie schluckt, nickt heftig, um mir zu bedeuten, wie ernst es ihr ist. »Bitte, geben Sie mir noch eine Chance. Lassen Sie mich weiter mitmachen.«
Ich schließe die Augen. Ich halte es nicht mehr aus, ihr ängstliches Gesicht zu sehen. Wie konnte ich ihr gegenüber so unwirsch werden? »Aibileen, keine Sorge. Wir . . . machen das zusammen.«
Ein paar Tage darauf sitze ich in unserer Küche, langweile mich und rauche eine Zigarette, was ich mir in letzter Zeit überhaupt nicht mehr verkneifen kann. Vielleicht bin ich ja »süchtig«. Das ist eins von Mister Goldens Lieblingswörtern. Die Idioten sind allesamt süchtig. Er ruft mich hin und wieder in sein Büro, überfliegt die Kolumnen des jeweiligen Monats, streicht und kritzelt mit einem Rotstift darin herum und knurrt vor sich hin.
»Das ist gut«, sagt er. »Geht’s gut?«
»Mir geht es gut«, sage ich.
»Dann ist’s ja gut.« Ehe ich gehe, überreicht mir die dicke Vorzimmerdame meinen Zehn-Dollar-Scheck, und damit hat sich mein Miss-Myrna-Job auch schon so ziemlich.
In der Küche ist es heiß, aber ich musste raus aus meinem Zimmer, wo meine Gedanken immer nur darum kreisen, dass kein anderes Dienstmädchen mit uns zusammenarbeiten will. Außerdem kann ich hier am besten rauchen, weil die Küche so ziemlich der einzige Raum im Haus ist, wo kein Deckenventilator die Asche verweht. Als ich zehn war, hat Daddy einen an der Metallfliesendecke der Küche zu installieren versucht, ohne Constantine vorher zu fragen. Sie zeigte darauf, als hätte er den Ford an der Decke geparkt.
»Der ist für Sie, Constantine, damit Sie in der Küche nicht immer so schwitzen müssen.«
»Ich arbeit in keiner Küche mit Deckenventilator, Mister Carlton.«
»Es wird Ihnen gefallen. Ich schließe nur noch eben die Stromleitung an.«
Daddy stieg von der Leiter. Constantine ließ Wasser in einen Topf. »Wenn Sie meinen«, sagte sie seufzend. »Machen Sie ihn halt an.«
Daddy betätigte den Schalter. In den Sekunden, die der Ventilator brauchte, um richtig auf Touren zu kommen, stob Kuchenmehl aus der Rührschüssel und wirbelte durchs Zimmer,
flatterten Rezepte von der Arbeitsplatte auf den Herd und fingen Feuer. Constantine schnappte sich die brennende Backpapierrolle und tunkte sie schnell in den Wassereimer. Bis heute ist da ein Loch an der Stelle, wo zehn Minuten lang der Deckenventilator hing.
In der Zeitung sehe ich Senator Whitworth auf ein freies Grundstück zeigen, wo sie eine neue Sport- und Veranstaltungsarena bauen wollen. Ich blättere um. Ich
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