Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Wichtigeres zu tun, als sich damit zu befassen, was ich gern möchte.
Am nächsten Abend sitze ich in meinem Zimmer und haue in die Tasten meiner Corona. Plötzlich höre ich unten Mutters eilige Schritte. In zwei Sekunden ist sie oben in meinem Zimmer. »Eugenia!«, flüstert sie.
Ich springe so schnell auf, dass der Stuhl fast umkippt, versuche, das Blatt in meiner Schreibmaschine zu verdecken. »Ja, Ma’am?«
»Du brauchst ja nicht gleich in Panik zu geraten, aber unten ist ein Mann – ein sehr großer Mann –, der dich sprechen möchte.«
»Wer?«
»Er sagt, er heißt Stuart Whitworth.«
»Was?«
»Er sagt, ihr habt vor einiger Zeit einen Abend zusammen verbracht, aber wie kann das sein? Ich wusste von nichts …«
»Herrjesses.«
»Du sollst den Namen des Herrn nicht unnützlich führen, Eugenia Phelan. Leg lieber etwas Lippenstift auf.«
»Glaub mir, Mama«, sage ich, schminke mir aber trotzdem die Lippen. »Jesus würde der auch nicht gefallen.«
Ich bürste mir die Haare, weil ich weiß, sie sehen schrecklich aus. Ich wasche mir sogar die Schreibmaschinenfarbe und die Korrekturflüssigkeit von Händen und Ellbogen. Aber umziehen werde ich mich nicht. Nicht für ihn.
Mutter wirft einen kritischen Blick auf meine Arbeitshosen und das alte weiße Hemd von Daddy. »Ist er ein Greenwood-Whitworth oder ein Natchez-Whitworth?«
»Er ist der Sohn des Senators.«
Mutters Kinnlade sackt auf ihre einreihige Perlenkette hinab.
Ich gehe die Treppe hinunter, vorbei an unseren gesammelten
Kinderbildern. Fotos von Carlton reihen sich an der Wand, reichen bis etwa vorgestern. Die von mir hören auf, als ich zwölf war. »Mutter, lass uns allein.« Ich schaue zu, wie sie langsam zu ihrem Zimmer geht, sich noch einmal umdreht, ehe sie verschwindet.
Ich gehe auf die Veranda hinaus, und da ist er. Drei Monate nach unserem Date steht auf der vorderen Veranda unseres Hauses Stuart Whitworth persönlich, in Khakihosen, blauem Blazer und rotem Schlips wie für ein Sonntagsmahl.
Arschloch.
»Was führt Sie hierher«, frage ich, lächle aber nicht. Ihn werde ich nicht anlächeln.
»Ich … wollte nur mal vorbeischauen.«
»Tja, dann. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Oder soll ich einfach die ganze Flasche Old Kentucky holen?«
Er zieht die Augenbrauen zusammen. Seine Nase und seine Stirn sind gerötet, als hätte er in der Sonne gearbeitet. »Hören Sie, ich weiß, es … ist schon eine ganze Weile her, aber ich bin hier, um mich zu entschuldigen.«
»Wer hat Sie geschickt – Hilly? William?« Auf unserer Veranda stehen acht freie Schaukelstühle. Ich biete ihm keinen davon an.
Er schaut zum westlichen Baumwollfeld hinüber, wo die Sonne gerade die Erde berührt. Er gräbt die Hände in die Hosentaschen wie ein Schuljunge. »Ich weiß, ich war . . . an dem Abend sehr unhöflich, und ich habe viel darüber nachgedacht und …«
Ich lache auf. Es ist mir so peinlich, dass er hier aufkreuzt und das alles noch einmal aufleben lässt.
»Hören Sie«, fügt er hinzu, »ich habe Hilly zehnmal gesagt, ich sei noch nicht bereit für irgendein Date. Ich war noch nicht annähernd so weit …«
Ich beiße die Zähne zusammen. Es darf doch nicht wahr sein, dass mir Tränen in den Augen brennen, das Date ist
Monate her. Aber mir ist nur allzu präsent, wie gedemütigt ich mich an dem Abend gefühlt habe, wie lächerlich aufgedonnert — für ihn. »Warum sind Sie dann überhaupt gekommen?«
»Keine Ahnung«, sagt er kopfschüttelnd. »Sie wissen ja, wie Hilly sein kann.«
Ich stehe da und warte, was er denn nun will. Er fährt sich mit den Fingern durchs hellbraune Haar. Es ist so dick, richtiges Drahthaar. Er sieht müde aus.
Ich schaue weg, weil er auf seine jungenhafte Art durchaus etwas Anziehendes hat und ich darüber jetzt wirklich nicht nachdenken will. Ich will, dass er geht – ich will dieses schreckliche Gefühl nicht noch einmal durchmachen, höre mich aber sagen: »Was heißt nicht so weit?«
»Einfach noch nicht so weit. Nach dem, was passiert war.«
Ich starre ihn an. »Muss ich raten?«
»Nach der Sache mit Patricia van Devender und mir. Wir hatten uns letztes Jahr verlobt, und dann . . . Ich dachte, Sie wüssten es.«
Er lässt sich in einen Schaukelstuhl sinken. Ich setze mich nicht zu ihm. Sage ihm aber auch nicht, er soll gehen.
»Was? Hat sie sich einen anderen angelacht?« »Ach.« Er legt den Kopf in die Hände, murmelt: »Das wäre eine verflixte Mardi-Gras-Party, verglichen
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