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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Stockett
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imaginäres Gaspedal. Mutter fährt immer, als wäre es das erste Mal.
    Auf der Landstraße beschleunigt sie auf fünfzehn Meilen und umklammert das Lenkrad, als rasten wir mit hundertfünf dahin.
    »Mama«, sage ich schließlich, »lass mich fahren.«
    Sie seufzt. Zu meiner Überraschung zieht sie ins hohe Gras hinüber und hält.
    Ich steige aus und renne um den Wagen herum, während sie hinüberrutscht. Ich schalte auf D, beschleunige auf siebzig und bete: Bitte, Hilly, widersteh der Versuchung, in meinen Sachen zu kramen …
    »Und was ist das nun so Geheimes, was du heute vorhast?«, frage ich.
    »Ich . . . muss zu Doktor Neal, ein paar Tests machen lassen. Reine Routine, aber dein Vater soll es nicht wissen. Du weißt ja, wie er sich jedes Mal aufregt, wenn jemand zum Arzt muss.«

    »Was für Tests?«
    »Nur ein Jodtest, wegen meiner Magengeschwüre, wie jedes Jahr. Setz mich am Baptist ab, dann kannst du selbst zu Hilly fahren. So habe ich wenigstens keine Probleme mit dem Parken.«
    Ich schaue sie an, ob da mehr dahintersteckt, aber sie sitzt aufrecht und frisch gestärkt da, in ihrem hellblauen Kleid, die Fußgelenke gekreuzt. Ich weiß nichts von solchen Tests im letzten Jahr. Auch wenn ich die meiste Zeit am College war – Constantine hätte es mir geschrieben. Mutter muss es verheimlicht haben.
    Fünf Minuten später, vor dem Baptist Hospital, gehe ich auf ihre Seite herum und helfe ihr beim Aussteigen.
    »Eugenia, bitte. Nur weil das hier ein Krankenhaus ist, bin ich noch lange nicht siech.«
    Ich halte ihr die Glastür auf und sie marschiert hocherhobenen Hauptes hinein.
    »Ist es … dir lieber, wenn ich mitkomme?«, frage ich in dem Wissen, dass das nicht geht – ich muss zu Hilly, aber plötzlich will ich sie nicht einfach so hier abliefern.
    »Es ist reine Routine. Fahr du zu Hilly, und hol mich in einer Stunde wieder ab.«
    Ich sehe ihr nach, wie sie in dem langen Flur immer kleiner wird, ihre Handtasche fest umklammert, und ich weiß, ich sollte mich umdrehen und losrennen. Doch ehe ich es tue, wundere ich mich, wie zerbrechlich und unbedeutend meine Mutter geworden ist. Früher füllte sie einen Raum allein durch ihr Atmen, und jetzt scheint da einfach . . . weniger von ihr da zu sein. Sie geht um die Ecke und verschwindet hinter den blassgelben Wänden. Ich schaue noch eine Sekunde hin, ehe ich zum Wagen haste.
     
    Eineinhalb Minuten später klingle ich an Hillys Tür. Normalerweise würde ich Hilly das mit Mama erzählen. Aber ich darf
sie nicht ablenken. Der erste Moment wird mir alles sagen. Hilly ist eine hervorragende Lügnerin, nur nicht in der Sekunde, direkt bevor sie spricht.
    Hilly macht die Tür auf. Ihr Mund ist starr und rot. Ich schaue auf ihre Hände. Sie sind ineinander verknotet. Ich komme zu spät.
    »Na, das ging ja schnell«, sagt sie, und ich folge ihr ins Haus. Mein Herz setzt aus. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch atme.
    »Da ist es, das hässliche Ding. Ich hoffe, es stört dich nicht, ich musste etwas im Versammlungsprotokoll nachsehen.«
    Ich starre sie an, meine beste Freundin, versuche zu erkennen, was sie da in meinen Sachen gelesen hat. Aber ihr Lächeln ist, wenn auch nicht strahlend, so doch professionell. Der verräterische Moment ist vorbei.
    »Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?«
    »Nein, danke.« Dann setze ich hinzu: »Lust auf eine Runde Tennis nachher im Club? Es ist so herrlich draußen.«
    »William hat eine Wahlkampfbesprechung, und danach gehen wir in Eine total, total verrückte Welt.«
    Ich mustere sie. Hat sie nicht vor zwei Stunden gesagt, wir sollten morgen zu viert in diesen Film gehen? Langsam schiebe ich mich zum Ende des Esstischs vor, als könnte sie sich auf mich stürzen, wenn ich mich zu schnell bewege. Sie nimmt eine Sterlingsilbergabel vom Sideboard, klimpert mit dem Zeigefinger auf den Zinken.
    »Ja, äh, Spencer Tracy soll wirklich göttlich sein«, sage ich. Beiläufig überprüfe ich die Papiere in meiner Büchertasche. Die Mitschriften der Interviews mit Aibileen und Minny stecken immer noch tief in der Seitentasche, die Klappe ist zu, die Schließe eingerastet. Aber Hillys Toiletteninitiative ist im offenen Mittelfach, zusammen mit dem Zettel, auf dem ich notiert habe: Jim Crow oder Hillys Toilettenaktion – wo ist da der Unterschied? Daneben steckt der Newsletter-Entwurf, den
Hilly bereits inspiziert hat. Aber die Broschüre, die Aufstellung der Gesetze – ich forsche noch einmal mit dem Zeigefinger nach

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