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Gute Leute: Roman (German Edition)

Gute Leute: Roman (German Edition)

Titel: Gute Leute: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nir Baram
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links vom Schreibtisch, ein wenig verborgen, stand ein gerahmter Kupferstich von Dürer. Ein Schauder überlief Thomas: In ihrer Jugend war Hermann fasziniert von Dürer gewesen und hatte insbesondere diesen Stich geliebt. Wenn sie über Malerei sprachen, behauptete er stets, »Ritter, Tod und Teufel« sei das vollkommenste deutsche Kunstwerk.
    »Sie kennen Helmut Wohlthat, nicht wahr?«, fragte Kresling.
    »Ich habe an einigen Zusammenkünften unter seiner Leitung teilgenommen.«
    »Die jüdischen Geschäfte in Deutschland hat er sehr gut abgewickelt.«
    »Hinsichtlich des jüdischen Besitzes in Polen könnte ich Ihnen vielleicht behilflich sein«, sagte Thomas und nahm die Augen von dem Kupferstich. »In Berlin konnte ich Hilfestellung leisten bei der Enteignung von Bamberburg, dem jüdischen Bankhaus, und habe dabei …«
    »Das Problem ist«, unterbrach ihn Kresling mit finsterer Miene, »dass ich mich, anstatt mich um die jüdischen Besitztümer zu kümmern, mit absonderlichen Bitten herumzuschlagen habe, die die Amerikaner an Wohlthat herantragen und die er bei mir ablädt.«
    »In der Tat eine lästige und überflüssige Sache«, nickte Thomas, der nicht verstand, worauf Kresling jetzt hinauswollte.
    »Und die bitten nicht, die fordern, diese amerikanischen Herren!«, belferte Kresling. »Jetzt haben sie einen neuen Immigrationsbeauftragten, Long heißt er, und unser Freund Wohlthat sagt, dieser Long habe die Juden ungefähr so lieb wie der Führer. Ja, er hat die Zahl der Visa für Juden noch einmal reduziert! Sie wollen, dass die Verwandten der polnischen Juden eine Bürgschaft von 5000 Dollar für jeden Auswanderer stellen, mit anderen Worten, wenn du kein Geld hast, kannst du dich begraben lassen. Sie schreien und klagen, aber nicht mal die Juden auf ihren eigenen Listen lassen sie in ihr Land, und wir sollen dafür sorgen, dass ihnen nichts passiert.«
    »Wir hatten unlängst eine Diskussion zu dem amerikanischen Thema«, sagte Thomas. Die Anspielung auf seine vorherige Tätigkeit störte ihn, und da er nicht wusste, ob sie ihm zum Vor- oder zum Nachteil gereichte, wollte er das Gespräch in andere Bahnen lenken. »Ich sage das mit aller Vorsicht, aber die Mehrheit der Teilnehmer war überzeugt, dass bei einem Vergleich des antijüdischen Ressentiments in England, Frankreich, Deutschland und den Vereinigten Staaten die Amerikaner näher bei Deutschland und Frankreich sind. Die Umfragen des amerikanischen Gallup-Instituts zeigen, dass mehr als fünfzig Prozent der Amerikaner den Juden eine Mitschuld an den Ereignissen in Deutschland geben.«
    »Das ist absolut plausibel.« Kresling pochte mit dem Finger auf die Tischplatte und beugte sich zu Thomas vor. »Dennoch sehen Sie, wie es dem internationalen Judentum gelingt, den Präsidenten für sich arbeiten zu lassen.« Um seine Augen waren Zornesfältchen aufgetaucht. »Woher kommt dieser ganze verdammte Druck? Auch die Polen beklagen sich neuerdings über die Behandlung, die wir ihren Juden angedeihen lassen, und das Rote Kreuz liegt mir wegen der Milchversorgung für jüdische Gören in den Ohren. Wo waren die nach dem Krieg, als die Kinder in Schlesien nicht einmal von Milch zu träumen wagten?«
    »Die Heuchelei kennt keine Grenzen«, nickte Thomas, fest entschlossen, Kresling deutlich zu machen, dass er einen Mann nach seinem Herzen vor sich hatte. »Das Modell beschreibt in aller Klarheit die Anstrengungen der Polen, die Juden loszuwerden.« Kresling nickte finster, und Thomas erkannte, dass dieser das Schriftstück nicht oder nicht eben sorgfältig gelesen hatte. »Der Plan, Millionen von Juden nach Madagaskar zu verbringen, der dieser Tage im Auswärtigen Amt von Franz Rademacher, dem Leiter des Judenreferats, bearbeitet wird, ist ursprünglich eine polnische Idee! …«, setzte er triumphierend nach. »Die Polen haben sogar mit den Franzosen verhandelt, um ihre Juden dorthin zu schaffen, denn allen in diesem Land war klar, dass sie hier zu viele jüdische Schmarotzer haben.«
    »Es gibt keinen Anstand mehr auf der Welt«, murmelte Kresling. »Auch die Norweger machen uns zu schaffen. Ich habe zu ihnen gesagt: Sehen Sie sich bitte mal den Judenparagraphen in Ihrer Verfassung von 1814 an.«
    Kresling kam aus seinem Sessel hoch und marschierte mit einem Aktenordner in der Hand zur anderen Seite des Raumes. Dort standen zwei Sofas und zwischen ihnen ein Rauchtisch. Kresling ließ sich auf das eine Sofa fallen und deutete mit der Hand auf das andere.

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