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Gute Leute: Roman (German Edition)

Gute Leute: Roman (German Edition)

Titel: Gute Leute: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nir Baram
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sich, dass es meine Pflicht war, ihm zu erzählen, mit wem er es zu tun hat.« Hermann rieb sich die Hände und tat, als müsste er nachdenken. »Aber ich will dir etwas sagen: Er hätte auch so niemals einem Mann Vertrauen geschenkt, der Verrat begeht an seiner Arbeitsstelle und an Georg Weller, der dir eine Chance gegeben hat, als niemand in Deutschland mehr wusste, ob du überhaupt noch am Leben warst.«
    »Unsinn«, presste Thomas hervor. »Weller war eine Randfigur im Auswärtigen Amt und nur meinem Modell hat er seinen Aufstieg zu verdanken.«
    »Das glaubst du allen Ernstes?« Hermann räusperte sich. »Erstens, übertreib nicht, was den Stellenwert deines Modells angeht, die meisten Reichsvertretungen sehen darin nur das Gefasel unseres unfähigen Auswärtigen Amtes. Und zweitens, hinsichtlich unserer kleinen Angelegenheit muss ich dir mitteilen, dass deine verräterische List zum Scheitern verurteilt gewesen wäre, auch wenn es niemals einen Hermann Kritzinger gegeben hätte. Denn Weller, dein Intimus, steht Eberhard von Thadden sehr nahe. Erinnerst du dich, dass man ihn vor geraumer Zeit in Verdacht hatte, Jude zu sein? Vielleicht fällt dir dann auch ein, wer jener langjährige Freund der Familie war, der die nicht ganz lupenreine Geschichte ausheckte, Eberhard sei der Urenkel eines russischen Adligen, und hopp – schon war er aus der Klemme?«
    »Sicher erinnere ich mich«, beeilte er sich zu antworten. »Reichsmarschall Göring.«
    »Der große Protektor, in dessen Hände du das Modell legen wolltest«, bemerkte Hermann trocken. Seine Fröhlichkeit war erloschen, anscheinend bereitete es ihm weniger Vergnügen, Thomas zu geißeln, als er gedacht hatte. »Und Weller wiederum steht über von Thadden auf gutem Fuß mit ihm. Dein Hochmut hat dich verleitet, es mit Mächten aufzunehmen, deren Verbindung bereits ihre Feuertaufe bestanden hat, als du noch Regenschirme für diese amerikanische Firma verkauft hast. Aber auch ohne mich und ohne von Thadden hätte man dich drangekriegt!«
    »Nun, wenn du es sagst, du wirst es bestimmt wissen …«, lächelte Thomas. Jetzt schien ihm, als wollte Hermann tatsächlich, dass er verstünde, warum er zu seinem Feind geworden war.
    »Du bist ein Zauberkünstler und verstehst dich aufs Jonglieren. Ich muss gestehen, nachdem deine Firma sich aus Deutschland verabschiedet hatte, habe ich geglaubt, du bist am Ende. Als ich dann von deiner Anstellung im Auswärtigen Amt hörte, da habe ich dir wirklich applaudiert. Und diese Sache, dass du allen erzählst, du hättest 1929 aus Achtung vor deinem Vater für die Partei gestimmt – eine echte Glanznummer. Niemand kann das widerlegen, außer denen, die wissen, dass deine Mutter deinen Vater vor die Tür gesetzt hat, als du noch auf der Universität warst. Das Problem ist, dass du weder so etwas wie Nationalgefühl noch eine Treuepflicht für die Volksgemeinschaft empfindest, und wenn wir ehrlich sind, ist dir sogar so etwas wie eine Anstandspflicht gegenüber deinen Eltern immer fremd gewesen. Doch was das Schlimmste ist – du hast niemals verstanden, dass jede Tat des einzelnen als Verhaltensmaxime für die gesamte Rasse zu dienen hat, hast stattdessen deine ganze Begabung und Energie auf dein persönliches Wohlergehen verwendet. Du kannst dich als dieses oder jenes verkleiden, kannst sogar einen Nationalsozialisten mimen. Aber es gibt einen Moment, in dem die Leute dahinterkommen, verstehst du? Genau darüber habe ich mit Kresling gesprochen. Du glaubst, alle sind dir ähnlich. Ich dagegen glaube, dass es eine Wahrheit gibt, die sich am Ende offenbart. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden.«
    »Vielleicht bin ich so, vielleicht auch nicht«, erwiderte Thomas kühl. »Ein Mensch wie du kann das gewiss nicht beurteilen. Und was meinen Vater betrifft, wage nicht, ihn noch einmal zu erwähnen. Hättest du deinen Vater so geachtet wie ich den meinen, oder hättest ihm zumindest geholfen, aus seiner wirtschaftlichen Bredouille zu kommen, hätte er sich vielleicht nicht auf die Bahngleise gelegt.«
    Das Wissen, dass er sich soeben einer Lüge bedient hatte, da Hermann seinen Vater mehr geliebt hatte als jedes andere Kind, steigerte seinen inneren Aufruhr nur noch. Hatte er vor, Hermann bis aufs Blut zu reizen?
    »Du kannst von Glück sagen, dass ich Bescheid weiß, ich lasse nur noch das Gefasel einer vernichteten Existenz über mich ergehen«, bemerkte Hermann düster. »Im Auswärtigen Amt bist du erledigt, da hast du

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