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Gute Leute: Roman (German Edition)

Gute Leute: Roman (German Edition)

Titel: Gute Leute: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nir Baram
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»Es kann sein, dass mir in meinem Zustand Irrtümer unterlaufen.«
    »Welche Frage«, ermunterte sie ihn, »wir werden gemeinsam daran arbeiten, bis es perfekt ist.«
    Sie schlängelte sich geschickt durch den Flur, der inzwischen voller Menschen war. Die drangvolle Enge eines Montagmorgens. Einige standen in Grüppchen und plauderten, andere hatten sich vor dem Mitteilungsbrett versammelt und lasen Artikel und Bekanntmachungen. Natalja Perikowa, eine Sekretärin aus Maxims Abteilung, stand einfach nur da und zupfte Hundehaare aus ihrem grauen Umschlagtuch. Alle Augen richteten sich auf Sascha. Ihre Eile zeugte von Dringlichkeit, und dieser verschlafene Pöbel fragte sich, wohin sie wohl hastete.
    Resnikow kam mit gerecktem Kinn an ihr vorüber und zog am Schaffellkragen seiner Jacke. »Guten Morgen, Gontscharowa«, wisperte er. Zuweilen zischte er ihr diese Anrede zu, während er sie laut stets mit »Genossin Weißberg« titulierte. Sie jedoch mochte diese Anrede. Obgleich als Beleidigung gedacht, ging sie einher mit einer Schleppe der Verehrung und einer Anerkennung ihres Einflusses: Lieber eine treulose Verführerin wie die Ehefrau Puschkins als eines dieser Klageweiber, die sich ganze Tage vor den Schaltern des Postgebäudes drängten und um Informationen über ihre verhafteten Angehörigen flehten.
    Sie durchquerte den Übergang, der den Bürotrakt, in dessen oberen Stockwerken sich der Gerichtssaal befand, mit dem angrenzenden Gebäude verband. Hier hatte man ein Untersuchungsgefängnis eingerichtet. Auf halbem Weg überkam sie noch immer eine Art fassungsloses Erstaunen: Tatsächlich, sie nahm jetzt den berühmten Verbindungsgang des Bolschoi Dom, als hätte sie Hausrecht dort. Sie stieg die Treppe zum Verhörzimmer hinab. Der Raum war kalt und roch ein wenig muffig. Sie ließ sich vor dem vergitterten Fenster auf einen Stuhl sinken und strich mit der Hand über die Tischdecke, die mit bunten Schmetterlingen bestickt war. Dann steckte sie sich eine Zigarette an und blätterte im Vernehmungsprotokoll. Muraschowski hatte bereits seine ideologische Kurzsichtigkeit und die Mitgliedschaft in der Leningrader Gruppe zugegeben, weigerte sich aber, die Planung von Terror- und Sabotageakten zu gestehen. Dagegen hatte er eingeräumt, an Treffen teilgenommen zu haben, auf denen scharfe Kritik an der Regierung geübt worden sei. Auch sei er bereit gewesen, bei der Veröffentlichung von Gedichten zu helfen, in denen Nadjeschda Petrowna und andere Dichter die Erfolge der Regierung verspottet hatten. Eine Liste von Werken wie »Wenn ich Nep-man wäre« (Nadjeschda Petrowna, 1926) und »Realisten blicken immer in die Welt und niemals in den Spiegel« (Glosse von Emma Fjodorowna, 1934) war dem Protokoll auf einem eigenen Blatt beigefügt. Die Werke selbst wurden in einem Panzerschrank verwahrt.
    Sie hörte das Schaben einer Tür, und als sie aufblickte stand Wladimir Muraschowski vor ihr. Als er sie am Tisch sitzen sah, strich er mit zwei Fingern über seinen Schnurrbart, und es schien, als höben und dehnten sich seine gewaltigen Schultern. Sein Gesicht strahlte. Es war hagerer geworden, und sein Haar wirkte staubig, aber abgesehen von diesen kleinen Veränderungen sah er so aus wie beim letzten Mal, als sie einander begegnet waren. Er trug sogar seinen roten Strickpullover und die kurzen Seemannshosen.
    » Bonjour , liebste Sascha«, rief er.
    Sogleich verstand sie, dass er etwas vorhatte.
    »Wäre es nicht unpassend, würde ich dich in den Arm nehmen.«
    »Wladimir, behandelt man dich gut?«, fragte sie und deutete auf den Stuhl. Muraschowski ruckelte daran, als wollte er prüfen, ob der Stuhl seinem Gewicht gewachsen war, und setzte sich.
    »Ja, gut, wirklich gut«, erwiderte er. »Ich habe ein kleines Zimmer bekommen, zwei Fenster, Nachtschränkchen und Bett, es ist Jahre her, dass ich nachts ungestört geschlafen habe.«
    »Das freut mich zu hören.«
    »Bücher fehlen mir«, sagte Muraschowski, »sieben Stunden Zeit zum Schlafen, aber die Beleuchtung ist reichlich hell, also schläft man mit Mühe vier, Morgen- und Abendspaziergang zwanzig Minuten, Toilette am Morgen und am Abend zehn Minuten, zehn Minuten zum Putzen der Zelle, bleiben achtzehn Stunden und fünfzig Minuten. Ich wäre der glücklichste Mensch, wenn ich ein paar Bücher bekommen könnte.«
    »Ich werde sehen, ob ich helfen kann«, sagte Sascha.
    »Es pressiert nicht, kein Eile.« Er zwinkerte ihr zu.
    »Hör mal«, sagte sie mit schwacher Stimme. Die

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