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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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Haus zu entfliehen. Er hätte doch sehen müssen, worauf wir uns da wälzten. Ich fand ihn einfach gedankenlos. Dann wieder verteidigte ich ihn, indem ich mir einredete, er sei eben vom Verlangen überwältigt gewesen, und das sei doch ein gutes Zeichen.
    „Tut mir schrecklich leid“, hatte er gesagt, als er in meine Auffahrt einbog. „Ich bin immun gegen Giftsumach, deshalb habe ich es wohl nicht gemerkt.“
    Natürlich war er immun. Ich nicht, wie ich schnell feststellte. Trotz einer ausgiebigen heißen Dusche breiteten sich die Striemen Samstagnacht aus. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich so blöd gewesen, mit Giftsumach in Kontakt zu kommen.
    Auf keinen Fall konnte ich zur Arbeit, deshalb rief ich am Sonntagmorgen Juanita an, die freundlicherweise eine Vertretung für Montag organisierte. Anschließend verschrieb ich mir selbst eine Salbe, die meine Mom für mich besorgte, da ich mit meinem Gesicht nicht unter Leute gehen wollte. Joe rief an, und ich belog ihn prompt, indem ich ihm erzählte, ich sei völlig verschont geblieben und hätte keinerlei Beschwerden. Er schwärmte von unserem gemeinsam verbrachten Tag, und während ich mich einerseits darüber freute, dass er glücklich war, konnte ich eine gewisse Gereiztheit nicht leugnen. Denn ich war an diesem Tag seekrank, zu Tode geängstigt, angeekelt und verbrannt worden. Nein, zu meinen schönsten Tagen hatte der ganz sicher nicht gehört.
    Zum Glück war Sonntag, sodass ich mich zu Hause verstecken konnte. Ich betrachtete mich im Spiegel, um herauszufinden, ob mein Gesicht nun mehr einer geschnittenen Salami glich oder dem von Marlon Brando in „Die Insel des Dr. Moreau“. Da mein ganzer Rücken mit Striemen überzogen war, konnte ich nicht sitzen. Auf dem Bauch liegen schon, nur bekam ich davon Nackenschmerzen, wenn ich in dieser Position zu lesen oder fernzusehen versuchte. Ich saugte mein Haus und wischte die Böden, da ich nach meinem Besuch bei Joe gestern mehr denn je in einer schönen Umgebung leben wollte.
    Benebelt vom Benadryl, einem Antiallergikum mit betäubender Wirkung, nahm ich ein Haferschleimbad, das genauso eklig war, wie es sich anhört. Nun war ich nicht nur von juckenden Striemen bedeckt, sondern auch über und über mit Schleim. Die Steroide brauchten einen bis zwei Tage, um ihre Wirkung zu entfalten, und bis Sonntagabend hatte ich erst viermal eine Dosis eingenommen. Ich zog ein altes weites Notre-Dame-T-Shirt an, das Sam mir vor Ewigkeiten geschickt hatte, dazu eine Krankenpflegerhose. Digger war sehr mitfühlend, wedelte sanft mit dem Schwanz und betrachtete mich liebevoll mit seinen süßen braunen Augen. Es war einer dieser Momente, in denen ein Haustier als Partner sich dem Menschen haushoch überlegen erwies. Ich streichelte seinen hübschen Kopf, dankbar für seine Gesellschaft. „Braver Hund.“
    Das Jucken ging richtig los, vermischt mit rasiermesserscharfem, kurz aufblitzendem Schmerz, gefolgt von fast irre machendem Juckreiz an meinen Armen und Beinen. Zum Glück hatten meine unteren Regionen nichts abbekommen, sonst hätte ich es nicht überlebt. Ich rieb meine Arme, behutsam zunächst, dann ein bisschen stärker, aber davon wurde alles nur noch schlimmer. „Lenk dich ab“, sagte ich mir und lief in meinem kleinen Haus auf und ab. Es juckte! Es brannte! Nicht kratzen! „Nicht kratzen“, wiederholte ich laut die Instruktionen, die ich meinen Patienten in der Klinik mindestens zweimal am Tag gab. „Kratzen macht es nur schlimmer und führt an den betroffenen Stellen zu Entzündungen.“
    Ich lehnte mich an den Türrahmen zwischen Esszimmer und Küche und rieb sacht, ganz sacht meinen Rücken. Oh Mann, tat das gut. Nur ein kleines bisschen Kratzen, um den Juckreiz zu lindern. Herrlich! Ich hörte auf, und etwa zwei Sekunden lang ging es mir besser. Dann brannte und juckte mein ganzer Oberkörper noch stärker. Ach verdammt, wie sollte ich das aushalten? Es war die reinste Qual.
    Ich marschierte in die Küche, wo ich eine Schublade aufriss. Messer? Nein, zu scharf, ich wollte ja nicht bluten. Bratenwender? Nein. Schneebesen? Ineffektiv. Aha, die Pasta-Gabel aus Plastik, mit ihren entzückenden kleinen Zinken. Ich schnappte sie mir, knallte die Schublade zu und machte mich an die Arbeit. Oh, das tat gut! Wunderbar! Ich kratzte wie verrückt, und der messerscharfe Schmerz wurde überlagert vom lindernden Kratzen. Ich schmiegte mein heißes, fleckiges und geschwollenes Gesicht gegen den kalten Kühlschrank und

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