Gute liegt so nah...
fort.
„Selbstverständlich. Worum geht es?“
„Die Highschool veranstaltet einen Tag der beruflichen Orientierung für die Abschlussklassen. Berufstätige aus der Gemeinde besuchen die Schule und sprechen über ihre Arbeit, wie ihre Neugier dafür geweckt wurde und solche Dinge. Ich habe das jahrelang gemacht und dachte, es wäre vielleicht von Vorteil für Sie, wenn Sie mitkämen.“
„Liebend gern“, sagte ich. „Mein Neffe ist dieses Jahr in der Abschlussklasse.“
„Stimmt, ein feiner Junge, dieser Daniel. Also, wir besuchen erst gemeinsam den Informationstag und klären danach die Einzelheiten der geplanten Partnerschaft. Wie klingt das?“
„Ausgezeichnet.“
Am Abend vor dem Berufsinformationstag legte ich mein selten getragenes Kostüm heraus und putzte meine Schuhe. Dann verbrachte ich eine gute Stunde damit, mir auf Karteikarten Notizen zu machen, für den Fall, dass Dr. Whitaker mich bitten würde, etwas aus meiner Erfahrung beizutragen. Er war ein förmlicher, auf Genauigkeit bedachter Mensch, deshalb wollte ich nicht unvorbereitet sein. Katie würde ebenfalls sprechen, über die Welt des Restaurantmanagements, und noch ein paar andere Leute, die ich kannte. Das konnte eine unterhaltsame Veranstaltung werden.
Aber als ich am nächsten Morgen auf den Parkplatz der Highschool fuhr, sank mein Mut, denn ich entdeckte Joes Pick-up. Offenbar hatte man ihn auch gebeten, am Informationstag etwas über seinen Beruf zu erzählen. Seit der Trennung hatte ich mit ihm weder ein Wort gewechselt noch ihn gesehen.
„Gehen Sie zum Lehrerzimmer. Sie erinnern sich doch noch an den Weg, oder, Millie?“, meinte die Sekretärin, die seit Jahrzehnten an der Nauset High war.
Ich ging den Flur entlang und hörte aus dem Hausmeisterraum eine wütende, wenn auch gedämpfte Stimme. Die Tür war geschlossen, trotzdem erkannte ich diese Stimme sofort. Es war Katie. Ich verlangsamte meine Schritte.
„… überhaupt?“, hörte ich meine Freundin sagen. Da ich diesen eisigen Ton kannte, der auch schon einmal mir gegolten hatte, fühlte ich mit dem Armen mit, dem die Ansprache galt. „Herrgott“, fuhr Katie fort, „du sitzt da Abend für Abend und weinst in dein Bier. Warum? Du hast ein gutes Einkommen, viele Freunde, Joe …“
Joe!
„… trotzdem vergeudest du dein Leben. Du legst alles flach, was auch nur einen Puls hat, brichst überall Herzen und lässt dich durchs Leben treiben, ohne an irgendjemanden außer an dich selbst zu denken. Da überrascht es mich nicht, dass Millie mit dir Schluss gemacht hat. Die spielt in einer ganz anderen Liga.“
Oh nein!
„So, da hast du’s. Du hast mich gefragt, ich habe dir geantwortet. Nun hör auf zu jammern und werd endlich erwachsen.“
Da die Unterhaltung zwischen den beiden anscheinend beendet war, lief ich rasch weiter zum Lehrerzimmer und riss die Tür auf. Hier hatten sich bereits mehrere Leute versammelt: Dr. Whitaker, die Anwältin Maeve McFarland, Bobby und Sue Schultz, die das Atlantic Winds Motel führten, außerdem mein Dad, König des Klärschlamms. Ich huschte zur Kaffeemaschine und lächelte in die Runde.
„Guten Morgen, Millie“, begrüßte Dr. Whitaker mich.
„Hallo“, grüßte ich zurück. „Hallo Dad.“
„Guten Morgen, Liebes. Der Doc und ich haben uns gerade über dich unterhalten.“ Mein Dad legte mir seinen schweren Arm um die Schulter und drückte mich an sich.
Die Tür ging auf, und Katie kam herein. Sie sah aus wie in einer Touristenwerbung für Norwegen, mit heiterem, hübschem Gesicht und blonden Haaren, die ihr seidig glänzend über die Schultern fielen. „Hallo Millie“, begrüßte sie mich. „Hallo, alle zusammen.“
Ich ging zu ihr. „Warum hast du Joe angebrüllt?“, fragte ich leise.
„Oh, hast du uns belauscht?“, meinte sie unbekümmert.
„Man konnte es nicht überhören. Also warum, Katie?“
Sie lächelte. „Er hat es darauf angelegt.“
„Hater?“ Wie konnte jemand so dumm sein, Katies Zorn auf sich zu ziehen?
„Na ja, er fragte mich, warum du meiner Ansicht nach mit ihm Schluss gemacht hast, und da habe ich es ihm gesagt.“
Sie machte ein so zufriedenes Gesicht, als hätte sie eine Nacht mit fantastischem Sex hinter sich. Ihre Wangen waren leicht gerötet, ihre Augen funkelten. „Musstest du es so sehr genießen?“, sagte ich.
„Diese Peter-Pan-Nummer ist doch einfach erbärmlich. Es wurde höchste Zeit, dass ihm das mal jemand sagt.“ Damit ging sie davon. Ich drehte mich um und stieß
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