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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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haben, weil du so verdammt sexy bist.“
    „Du hast mir nicht nachgestellt“, widersprach er. „Das ist ja gerade eine der Eigenschaften, die mir an dir gefallen. Du scheinst nicht so verzweifelt zu sein wie die anderen.“
    „Tja, aber das war ich. Ich war seit der Highschool in dich verliebt und wollte immer mit dir ausgehen. Ich habe sogar …“ Ich musste erneut schlucken.
    „Was?“
    „Ich habe dir nachgestellt … wie eine Stalkerin. Und zwar sehr lange. Um herauszufinden, was du magst. Ich wusste, wohin du fährst, mit wem du zusammen bist und solche Sachen. Und als ich hierher zurückzog, versuchte ich mich in die Person zu verwandeln, die du meiner Meinung nach attraktiv finden würdest.“
    Er fuhr sich durch die Haare. „Millie, was erzählst du mir da?“
    „Ich wollte dir auffallen. Ich nahm ab und sorgte dafür, dass wir uns im Seniorenheim begegnen. Ich fand heraus, wann du zur Post fährst und ging zur selben Zeit hin. Ich fing an, auf Straßen zu joggen, die auf deinem Weg liegen. Ich kaufte mir sogar einen Hund, weil du auch einen hattest. So, nun kennst du die ganze Wahrheit.“
    Er starrte mich an, dann beugte er sich grinsend vor. „Fein, du hattest also echt eine Schwäche für mich. Und? Das spielt doch keine Rolle.“
    „Aber …“
    Er ließ mich nicht zu Wort kommen. „Es gibt viele Dinge an dir, die ich mag. Zum Beispiel dass du witzig und schlau bist. Du bist immer gut drauf, und außerdem scheint dir mein Äußeres nicht so wichtig zu sein. Du magst mich um meiner selbst willen.“
    In diesem Moment konnte ich ihm nicht mehr in die Augen sehen, weil ich mich so sehr schämte. „Ich fürchte, da irrst du dich“, widersprach ich leise. „Andererseits auch wieder nicht, denn ich mag dich schon. Aber ich habe dir viele Eigenschaften einfach zugeschrieben, ohne mir die Mühe zu machen, dein wahres Ich kennenzulernen.“
    Joe setzte sich wieder auf.
    „Und nun, da wir uns besser kennen, glaube ich, dass wir einfach nicht zusammenpassen.“ Meine Stimme war nur noch ein Flüstern.
    „Du willst mir zu verstehen geben, dass du Schluss machen willst, nachdem du mein wahres Ich kennengelernt hast.“
    Der Wind fegte durch meinen Garten und ließ die Fenster vibrieren. Draußen kläfften die Hunde bei ihrem Spiel. „Ja“, antwortete ich.
    „Es ist nicht nur wegen des Blödsinns, den ich gestern Abend gemacht habe?“
    „Nein.“
    Wir saßen noch eine Minute da, dann kniff Joe die Augen zu und rieb sich die Nasenwurzel. „Okay. Ich sollte wohl besser gehen.“ Seine Stimme klang heiser. Er schob seinen Sessel zurück und stand auf.
    Ich betrachtete diesen wunderschönen Mann, der vermutlich zum letzten Mal in meinem Haus stand. „Es tut mir schrecklich leid, Joe.“
    „Lass mich dir noch eines sagen.“ Er holte tief Luft. „Ich liebe dich.“
    Mit diesen Worten ging er und rief ziemlich barsch nach seinem Hund. Tripod sprang in seinen Pick-up, und Joe fuhr davon.
    Wie hatte ich so blind und dumm sein können? Ich quälte mich mit dieser Frage. Wie hatte ich das tun können? Warum begriff ich es erst so spät? Warum hatte ich es so weit kommen lassen?
    Ich fühlte mit Joe, denn ich wusste, dass ich ihn verletzt hatte. Erst stellte ich ihm entschlossen nach und brachte ihn dazu, sich in meine mühsam konstruierte Fassade zu verlieben, dann ließ ich ihn fallen. Er war kein schlechter Kerl. Sicher, er hatte eine Dummheit gemacht, doch niemand verdiente es, dass man ihm erklärte, er sei nicht gut genug. Und genau das hatte ich getan.
    Ich schämte mich und traute mich nicht mehr auf meine Joggingrunde, weil ich Joe dabei begegnen könnte. Ich ging auch nicht mehr ins Barnacle oder ans Telefon. Ich wollte weder im Garten arbeiten noch Fahrrad fahren oder meine Freunde oder Eltern besuchen. Natürlich erzählte ich es ihnen, und niemand schien allzu erstaunt zu sein.
    „Das tut mir leid für dich“, sagte Katie eine Woche nach der Trennung. „Allerdings bin ich überzeugt davon, dass es das Beste ist.“
    „Wusstest du denn, dass ich die ganze Zeit eine Fantasiegestalt geliebt habe?“, fragte ich und brauchte ein Taschentuch.
    „Hm, in gewisser Hinsicht schon. Natürlich habe ich gehofft, dass du recht behalten würdest, was Joe angeht, nur konnte ich all die wundervollen Eigenschaften nicht an ihm entdecken, die du ihm zugeschrieben hast. Er ist kein schlechter Kerl oder so, und er sieht verdammt gut aus. Aber mir kam er immer wie ein großes Kind vor.“
    Curtis und Mitch

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