Gute liegt so nah...
aufwachenden Menschen ringsum, die sich für den Tag bereit machten. Ein Hund bellte. Hoffentlich entdeckte der mich nicht. Türen gingen auf und zu, Autos wurden angelassen. Mr Snow (Nick, nicht John) fuhr in seinem blauen Oldsmobile langsam über die Buckel und Schlaglöcher, um zur Arbeit nach Orleans zu gelangen.
6:20. Mich juckte es überall. Hatte mich der Giftsumach erwischt oder lag es daran, dass ich heute Morgen noch nicht geduscht hatte? Schwer zu sagen. Krämpfe in den schlecht durchbluteten Waden. Ich richtete mich langsam auf, damit das Blut wieder zirkulierte, aber nicht zu lange. Lieber nahm ich alle Qualen in Kauf, als dass Joe mich hier entdeckte.
6:28. Na endlich! Eine Tür fiel zu, ein Hund bellte, ein Motor wurde gestartet, und Joes alter Pick-up rollte aus seiner Auffahrt. Er sah mich nicht. Ich wartete noch ein paar Minuten, um sicherzugehen, dass er nicht zurückkommen würde. Auf schmerzhaft kribbelnden Füßen machte ich mich auf den Weg zurück zur Straße, wobei ich mir Dreckklumpen und Eichenblätter von der Kleidung wischte. Das Glück blieb mir hold, denn ich begegnete niemandem, bis ich meinen Wagen erreichte. Pater Bruce, mein Pfarrer, öffnete gerade seine Kirche für die Sieben-Uhr-Messe. Er schien ein wenig erstaunt zu sein, mich hier zu sehen, aber er winkte, als ich in meinen Wagen stieg. Ich ignorierte ihn und fuhr davon.
Zu Hause duschte ich, machte mir Kaffee und zog mich für die Arbeit an. Nachdem die Tat begangen war, kam ich mir schon nicht mehr ganz so blöd vor. Immerhin besaß ich jetzt zuverlässige Informationen. Morgen würde ich die Joggingrunde inszenieren. Morgen war Tag eins meiner Mission zur Eroberung Joes.
Am nächsten Tag wachte ich entsetzlicherweise schon um halb sechs auf, nachdem ich am Abend vorher um neun ins Bett gegangen war. Nur hatte ich lange nicht einschlafen können. Mein Anblick im Spiegel gefiel mir nicht, meine Augen waren gerötet und hatten dunkle Ringe. Und was war das? Ein Pickel am Kinn rundete mein tolles Aussehen ab.
Egal, ich musste es tun. Wenn ich nicht endlich anfing, würde ich den Mann meines Lebens nie bekommen. Das hier war also nur ein kleines Opfer, verglichen mit der Aussicht, bald Joes Freundin/Verlobte/Ehefrau zu sein.
Ich duschte und rasierte mir die Beine, wusch mir die Haare und benutzte eine Pflegespülung. Anschließend verbrachte ich zwanzig Minuten damit, sie zu gelen, zu föhnen und mit Haarspray in Form zu bringen, damit es sexy zerzaust und unfrisiert aussah. Weil ich so angespannt war, trank ich noch eine Tasse Kaffee, während ich Digger fütterte. Dann zog ich meine Laufshorts und ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Gefängnisbehörde Massachusetts“ an.
Um zehn Minuten nach sechs verließ ich das Haus mit einem ausgelassen herumtobenden Hund und fuhr zum Little-Creek-Parkplatz in der Doane Road, von wo aus im Sommer der Shuttle zum Strand abfuhr, damit dort nicht alles zugeparkt wurde. Touristen und Einheimische konnten hier parken und in die elektrische Bahn steigen, die sie direkt ans Meer brachte. Das war bequem, umweltfreundlich und machte Spaß. Hier würde ich meinen Wagen verstecken, ungefähr anderthalb Meilen von meinem Haus entfernt. Theoretisch hätte ich auch von zu Hause zum geplanten Treffpunkt mit Joe laufen können, aber heute Morgen ging es ja nicht um sportliches Training.
Der Little-Creek-Parkplatz war noch nicht geöffnet, deshalb fuhr ich die Feuerwehrzufahrt entlang und stellte den Wagen verbotenerweise dort ab. Selbst wenn ich erwischt wurde, bekäme ich keinen Ärger, zumindest hoffte ich das, weil die meisten Ranger mein Nummernschild kannten, das mich als Ärztin auswies. Abgesehen davon hatten wir noch Vorsaison. Meine Uhr zeigte neunzehn Minuten nach sechs. In ungefähr dreizehn Minuten würde ich mit Joe Carpenter sprechen. Also los.
Digger und ich trotteten gemächlich die Doane Road entlang, die zu zwei der schönsten Strände dieser Erde führte, Coast Guard und Nauset Light. Mein Ziel war es, irgendwann einmal um meinen „Block“ joggen zu können, eine Strecke von gut vier Meilen, vorbei an dieser wundervollen Natur, dem Outer Cape Senior Center und wieder nach Hause. Leider befand ich mich noch im Zwei-Meilen-Stadium, zweieinhalb, wenn ich Glück hatte.
Mit gesundem Puls bog ich in die Nauset Street ein und versuchte, größere Schritte zu machen als sonst, damit es natürlicher und weniger gequält aussah. Digger genoss unser forsches Tempo, da er sich sonst, wenn
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