Gute liegt so nah...
achtzehn weggezogen, und meine Mom stammt aus Connecticut, deshalb klinge ich wahrscheinlich eher wie sie.“
Lorenzo verzichtete klugerweise auf jeden weiteren Kommentar zu diesem Thema, sodass wir uns weiter unserer Suppe widmen konnten.
Meine Gedanken wirbelten durcheinander. Dieser gut aussehende Mann hatte bis jetzt noch nichts gesagt, was mir irgendwie sympathisch gewesen wäre. Für ihn sprach lediglich sein zugegebenermaßen extrem gutes Aussehen und die Tatsache, dass Joe Carpenter nur wenige Meter entfernt saß – und sehr wohl registrierte, dass ich ein Date mit einem sehr attraktiven Mann hatte.
„Warum reden wir nicht über etwas anderes?“, schlug ich vor.
„Gute Idee“, pflichtete er mir bei.
„Erzählen Sie mir von Ihrer Doktorarbeit“, forderte ich ihn auf.
Wie ich die Bitte zwanzig Minuten später bedauerte! Lorenzo hörte gar nicht mehr auf. Offensichtlich war er doch sehr von seiner eigenen Großartigkeit und seinem wissenschaftlichen Thema eingenommen. Als Katie uns das Essen brachte, spielte ich mit meinem Ohrring, dem geheimen Hilferuf aus unserer Teenagerzeit.
„Kann ich euch sonst noch etwas bringen?“, erkundigte sie sich – offenbar erinnerte sie sich nicht. Ich zupfte erneut am Ohrring.
„Nein“, sagte Lorenzo nicht besonders höflich, worauf Katie mir einen kurzen Blick zuwarf und verschwand.
„Wie ich eben erwähnte, verstand dieser Professor meine Theorie über die Paarungsrituale dieser Spezies nicht, obwohl ich und alle anderen wussten, dass ich da einer ganz besonderen Sache auf der Spur war. Ich meine, bei derart beständigen Tiden könnte man doch wohl erwarten, dass der Leiter der Abteilung für Schalentiere wenigstens über die Tatsache nachdenkt …“
Er redete und redete und hörte nicht mehr auf. Sollte ich eines Tages an Schlaflosigkeit leiden, würde ich mich Wort für Wort an diese Unterhaltung erinnern und innerhalb von Sekunden ins Reich der Träume gleiten. Hin und wieder trank ich einen Schluck von meinem Drink und begriff allmählich, warum die Leute auf Cape Cod lieber einen Bogen um diesen Kerl machten. Ich schaute zur Bar, wo Joe herzhaft in einen Burger biss. Er winkte mir kurz zu, und ich schenkte ihm ein Lächeln. Da war ein echter Mann, hart arbeitend, bescheiden, aufrichtig, dem ich vorgaukeln musste, dass ich mich mit diesem Idioten vor mir prächtig unterhielt.
Also tat ich so, als hätte Lorenzo etwas Witziges gesagt und fing laut an zu lachen. Dazu schüttelte ich den Kopf, als könnte ich nicht glauben, was er eben von sich gegeben hatte. Lorenzo verstummte verwirrt.
„Das ist wirklich ein Ding“, sagte ich.
„Was denn?“
„Dass dieser Typ … Ihre Theorie nicht verstanden hat?“, sagte ich unsicher.
„Ach so, klar. Aber eben gerade habe ich von meinem dritten Doktorandenjahr erzählt.“
„Ja, ja, das weiß ich doch“, versicherte ich ihm. „Ich komme bloß nicht drüber weg, dass die anderen Ihre Theorie nicht kapiert haben.“
„Aha.“
Erneut kam Katie an den Tisch. „Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?“
Ich trank einen weiteren Schluck von meinem Wodka, der immer besser wurde und meine Zunge betäubte.
„Alles ist bestens“, antwortete ich und riss die Augen ein wenig zu weit auf. Sie sah mich verständnisvoll an. Hoffentlich hatte sie uns belauscht, während sie an den Nebentischen bediente. Andernfalls wäre ich wirklich enttäuscht von ihr gewesen.
„Ehrlich gesagt, mein Schwertfisch war zäh“, sagte Lorenzo. „Sind Sie sicher, dass das wirklich Schwerfisch war? Ich habe nämlich schon öfter in Restaurants gegessen, wo man mir Hai als Schwertfisch unterjubeln wollte.“
Katies Miene versteinerte. Solche Bemerkungen waren tabu. Touristen oder andere Besucher durften auf Cape Cod niemals schlecht über unseren Fisch sprechen, denn die Fischerei ist das Herz und die Seele der Halbinsel. Deshalb hatten Auswärtige kein Recht, die Echtheit unseres Fischs infrage zu stellen. Rasch trank ich noch einen Schluck von meinem Drink.
„Ich bin mir sehr sicher, dass es sich um Schwertfisch handelte“, sagte Katie in einem Ton, der so eisig war wie der Atlantik im Februar. „Möchten Sie mit unserem Koch sprechen?“
Das war der Fehdehandschuh. O-oh. Wenn der Koch aus der Küche kam, erfuhr das ganze Restaurant, was ich nun längst wusste: Dass Lorenzo Bellefiore ein Idiot war.
„Nein, nein“, mischte ich mich ein. „Lorenzo, der Käsekuchen hier ist ausgezeichnet. Möchten Sie nicht ein Stück
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