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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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bereit?“, fragte er lächelnd. Er sah wirklich toll aus. Das Tourismusbüro sollte sein Foto für die Werbung einsetzen. Geschickt steuerte er uns aus dem Hafen von Provincetown in die kabbelige Bucht. Ich drehte mich um und bewunderte die malerischen Häuser am Ufer, die allmählich kleiner wurden.
    Schweigend steuerte Joe das Boot um Race Point und in tiefere Gewässer. Auf Sals Boot gab es nicht viele Navigationsgeräte, jedenfalls kam es mir so vor, als ich mich mit ängstlichem Blick umschaute. Wie würden wir den Weg zurück finden? Indem wir einfach umdrehten? Wie viele Bewohner des Cape fuhr ich nur selten aufs Meer hinaus, denn das war nur etwas für die Fischer und die Touristen. Mich zog es nicht hinaus auf die See, und als das Boot über die Wellen tanzte, wusste ich auch wieder ganz genau, warum.
    Wenn ich über Bord ging, würde ich es dann überhaupt schwimmend bis an Land schaffen? Und wie kalt war das Wasser? Gab es Haie? Wie stand es mit Riesenkraken? Als wir über das Kielwasser eines größeren Bootes fuhren und unser Boot anfing zu springen, drehte sich mir der Magen um, und ich klammerte mich am Sitz fest.
    „Ist das nicht unschlagbar?“, rief Joe, und der Wind blies ihm die Haare ins Gesicht.
    „Und wie!“, schrie ich zurück, obwohl ich bereits würgen musste. Ich zwang mich, den Blick auf den Horizont zu richten, und war froh, dass ich noch nicht gefrühstückt hatte. Ich atmete durch den Mund und hielt auf dem Boot nach Schwimmwesten oder dergleichen Ausschau.
    Nach etwa einer Stunde stoppten wir, und Joe wühlte herum. „Fertig zum Angeln?“
    „Oh.“ Mehr brachte ich nicht heraus bei der Vorstellung, welche Wirkung der Anblick von Ködern wohl auf meinen aufgewühlten Magen haben würde. „Lass uns doch erst mal eine Weile die Aussicht genießen.“ Das Boot schaukelte so sehr, dass ich mich fragte, ob es wirklich sicher war. Und war das normal? Tripod und Joe machten jedenfalls keinen besorgten Eindruck. Joe kam zu mir und legte seine starken Arme um mich. Er strahlte Wärme und Sicherheit aus, sodass meine Seekrankheit etwas nachließ.
    „Platz, Tripod“, befahl er, und sein Hund gehorchte sofort. „Alles in Ordnung?“, fragte er mich und gab mir einen Kuss auf die Schläfe.
    „Ja, bestens.“
    Die einzigen Geräusche waren der Wind und das Plätschern der Wellen, die gegen die Bordwand schlugen. „Weißt du was?“, meinte Joe.
    „Was denn?“
    „So lange wie mit dir war ich noch nie mit jemandem zusammen.“
    „Im Ernst?“ Mir fiel gerade noch rechtzeitig ein, dass ich überrascht klingen musste.
    „Das ist die Wahrheit.“ Er küsste meinen Hals, und mein Herz floss über. Ich konnte mich unmöglich irren, was Joe anging. Schon bald würden wir perfekt füreinander sein und die verborgene heroische Seite an ihm deutlicher zum Vorschein kommen. Dann würde ich ganz genau wissen, dass ich all die Jahre hindurch recht gehabt hatte. Nicht mehr lange, und er würde das L-Wort sagen und einen Ring kaufen. Unserem Glück stünde nichts mehr im Wege.
    „Was ist mit dir? Hast du schon eine feste Beziehung gehabt?“
    „Tja, also …“ Ich tat so, als müsste ich erst nachdenken, denn die Wahrheit würde mir in Joes Gegenwart niemals über die Lippen kommen. „Nein, nichts Ernstes, wegen des Studiums und so.“
    „Ja, klar.“ Mehr sagte er nicht über unsere Beziehung, und ich beschloss, keinen Versuch zu unternehmen, ihm irgendwelche zärtlichen Worte zu entlocken. Wir schwiegen eine Weile, denn Joes Neugier mein Liebesleben betreffend schien damit gestillt zu sein. Dafür stellte ich ihm eine Frage, die all mein Nachstellen nie hatte beantworten können.
    „Wie hat Tripod eigentlich sein Bein verloren?“ Bei der Erwähnung seines Namens hob der Hund den Kopf und wedelte mit dem Schwanz.
    „Ach das.“ Joe stand auf und fing an, in einer der Kühlboxen herumzukramen. „Tja.“ Er grinste schief. „Ich habe ihn angefahren.“
    „Was?“
    „Ja, ich weiß. Eine ziemlich üble Geschichte. Er war ein streunender Hund, der im Müll nach Futter suchte. Ich war auf dem Heimweg und passte wohl nicht richtig auf. Ich hatte ein paar Bier getrunken und … na ja, ich fuhr ihn irgendwie an. Ich brachte ihn zum Tierarzt und fühlte mich so schuldig, dass ich ihn adoptierte.“
    „Joe! Du kannst doch nicht trinken und dann Auto fahren! Du hättest jemanden umbringen können.“
    „Weiß ich.“ Er fing an, einen kleinen Fisch als Köder auf einen Angelhaken zu spießen.

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