Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen
Apfel.
“Hallo Schmetterling”, sprach der kleine Apfelbaum ihn an. “Du kommst zu spät. Meine Blüten sind schon lange weg. Deshalb wirst du keinen Nektar mehr finden. Wie heißt du eigentlich?”
“Ich will Deinen Nektar nicht. Ich suche nur einen Platz für meine Eier. Meine Kinder sollen schnell wachsen und groß werden. Und meine Freunde nennen mich Wickel. Übriges bin ich kein Schmetterling, sondern ein Apfelwickler”, antwortete das Tier.
Doch irgendetwas an ihm gefiel dem kleinen Apfelbaum nicht. War es das gehässige Grinsen, das es aufsetzte, als es von seinen Kindern sprach? Oder lag es an seiner Meinung, dass Insekteneier nichts an seinen Äpfeln zu suchen haben? Jedenfalls war er froh, als die Falterdame wieder davonflog.
“Sag einmal, Hagebutte”, flüsterte der Apfelbaum zum Hagebuttenstrauch hinüber, als wenn der Falter ihn noch hören könnte. “Was war das für ein Tier?”
“Ich habe keine Ahnung”, erwiderte der Strauch. “So einen Falter habe ich hier noch nie zuvor gesehen. Doch gut klang das nicht, was er sagte. Es wird dir aber nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten.”
Von Tag zu Tag wurden die Äpfel größer. Der kleine Baum begann den Falter zu vergessen. Die Sonne schien und gelegentlich fiel Regen auf die Erde. Den Tieren und Pflanzen ging es gut. Sie hatten satt zu essen und genug zu trinken. Und auch die Wurzel kam auf ihre Kosten. Der kleine Apfelbaum hielt sein Versprechen und sorgte gut für sie. Alles deutete darauf hin, dass es ein schönes Jahr würde.
14. Das dicke Ende
Der kleine Apfelbaum genoss den Wechsel aus Regen und Sonne, den das Frühjahr brachte. Er freute sich über seine neuen Äpfel und überlegte schon, wer wie viele von seinen Früchten erhalten würde. Doch da hatte er die Rechnung ohne die Eier gemacht, die der Falter einige Tage zuvor bei ihm abgelegt hatte. Die feuchte Wärme tat auch ihnen gut. Bald schon zappelte und wackelte es in ihnen. Dann platzten die Eier auf und heraus krabbelten kleine Maden. Kaum hatten sich die kleinen Tiere ans Licht gewöhnt, riefen sie auch schon “Hunger, ich habe Hunger.”
Dem Apfelbaum taten die Maden leid.
“Och, die armen Kleinen. Die haben so einen Hunger und ich kann ihnen nicht helfen”, sprach er traurig vor sich hin.
Doch der Ahornbaum hatte seine Worte gehört und meinte: “Ich würde an deiner Stelle darauf verzichten, die Maden zu bedauern. Die Natur hat alles recht klug eingerichtet. Sie werden bald etwas finden. Wäre ich du, hätte ich mehr Angst um meine Äpfel. Der Falter hat seine Eier nicht ohne Grund dort abgelegt!”
Wie Recht der Ahorn hatte, verstand der Apfelbaum kurze Zeit später. Wie es der alte Baum vermutet hatte, verstummte bald das Wehgeklage der Tiere. Sie hatten etwas zu fressen gefunden. Es begann mit einem leichten Krabbeln. Kaum zu merken und trotzdem machte es dem Apfelbaum Sorgen. Sollten die Tiere es tatsächlich wagen?
Beim Krabbeln blieb es nicht. Bald schon zwickte es überall an den kleinen, noch grünen Äpfeln. Unaufhaltsam fraßen sich die Maden in die Früchte. Der kleine Apfelbaum war entsetzt. Etwas dagegen unternehmen konnte er jedoch nicht. Vielleicht würden sie bald wieder verschwinden?
“Hagebutte”, rief er. “Hast du eine Idee, wie ich die Tiere wieder los werden kann?”
Der Hagebuttenstrauch wiegte seine Äste hin und her. Man sah ihm an, dass er angestrengt nachdachte.
“Ich glaube, dass sie irgendwann von selbst verschwinden werden“, antwortete er nach einer Weile. „Ihre Mutter war schließlich ein Falter. Deshalb werden die Maden auch irgendwann einmal zu Faltern werden. Dann fliegen sie weg. Wie lange das aber dauert, kann ich dir nicht sagen. Du wirst schon noch eine Weile damit leben müssen.”
Wenn ein Apfelbaum einen Mund hätte, wäre dieser sicherlich vor Erstaunen offen geblieben.
“Aus diesen kleinen Maden sollen einmal Tiere mit Flügeln werden? Das glaube ich nicht.”
“Doch”, erwiderte die Hagebutte “Ich habe so etwas schon einmal erlebt. Allerdings waren es Schmetterlingsraupen, die an meinen Blättern genagt haben. Sie fressen und wachsen. Irgendwann sind sie dann groß genug. Dann spinnen sie sich ein und hängen eine ganze Weile an einer geschützten Stelle. Plötzlich platzt ihre Schale auf, und heraus kommt ein ganz anderes Tier, eines mit Flügeln.”
Zunächst war der Apfelbaum beruhigt. Er würde die Plage also ganz von allein loswerden. Aber je länger er
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