Gute Nacht, mein Geliebter
Margareta nur ein Welpe war.
Er saß auf seinem Stuhl an der Rezeption, und der Schnee stob wie Rauch durch die Straßen draußen, es war dunkel, und die Geschäfte hatten geschlossen. Hätte er heute einen Hund, könnte er Bella heißen und würde jetzt zu Hause in seinem Bett liegen und auf ihn warten, es für ihn wärmen. Er hatte immer eiskalte Füße, wenn er die ganze Nacht im Hotel gesessen hatte. Aber konnte man einen Hund so lange allein lassen? Ja. Das müsste eigentlich gehen. Hundebesitzer brauchten doch nicht mitten in der Nacht aufzustehen, um sich mit ihren vierbeinigen Freunden zu beschäftigen oder mit ihnen vor die Tür zu gehen.
Aber stimmte das auch? Was war, wenn Bella ihn vermisste? Wenn sie ihre Schnauze in Richtung Decke hob und jaulte? Nacht für Nacht. Wohin würde das führen? Ihm würde vielleicht sogar die Wohnung gekündigt werden, mit der er so zufrieden war.
Die Rezeption war nicht sonderlich groß, aber gemütlich eingerichtet, mit einer Sitzgruppe aus Rattan und geblümten Kissen direkt vor seinem Tresen. Auf der gläsernen Tischplatte lagen ein paar Nummern von »Essen & Trinken«, einer christlichen Zeitung, die »Der Wachturm« hieß, ein paar zerlesene Nummern von »Das Beste«, »Dagens Nyheter« und »Svenska Dagbladet«. Rechts davon stand auf einem Podest ein Aquarium mit zwei Arten von Fischen, schwarzen und durchsichtigen. Hans Peter glaubte, dass man die schwarzen Black Mollies nannte. Die Putzfrau hatte ihm das einmal gesagt, aber sie sprach nur schlecht schwedisch, und es kam vor, dass er sie nicht richtig verstand.
Um das Aquarium kümmerte sich die Putzfrau. Sie fütterte die Fische und saugte einmal in der Woche Schmutz und Fäkalien mit einem Plastikschlauch ab. Sie war Griechin und hieß Ariadne.
Natürlich, dachte Hans Peter, als er sie zum ersten Mal traf. Wie soll eine Griechin auch sonst heißen! Er hatte versucht, mit ihr über das Labyrinth von Knossos zu sprechen, aber sie hatte nur die Hände an den Mund gelegt und gelacht. Ihr Zahnfleisch war bemerkenswert.
Gelang es ihr nicht, einen Babysitter zu finden, nahm sie ihre Tochter mit ins Hotel. Die Tochter war blind. Sie lag dann auf der Pritsche hinter der Portiersloge. Hans Peter merkte sofort, wenn sie da gewesen war, das Kopfkissen roch dann nach ihr, und manchmal war der Kissenbezug nass und ein wenig klebrig. Das Mädchen lag oft auf der Pritsche und lutschte Weingummis mit Himbeergeschmack.
Neben dieser Pritsche befand sich eine Tür, die zu einer Kochnische führte. Äußerte jemand einen entsprechenden Wunsch, konnte Hans Peter dort nächtliche Sandwiches zubereiten, mit Krabben oder Cheddarkäse und grünen Oliven, die er in der Mitte durchschnitt und mit halben Zahnstochern befestigte. Zu seinen Arbeitsaufgaben gehörte es auch, nachts um zwei eine Runde durch die Korridore zu machen und die Schuhe einzusammeln, die eventuell herausgestellt worden waren, damit sie geputzt wurden. Diesen Service aus früheren Zeiten hatte Ulf beibehalten wollen. Er legte Wert auf diese Art von Service, und Hans Peter hatte nichts dagegen, denn auf diese Weise bekam er ein wenig Abwechslung von seiner doch recht eintönigen Wache. Mit einem großen Korb unter dem Arm ging er rund und sammelte die Schuhe ein, markierte sie auf der Sohle mit Kreide, schrieb die Zimmernummer darauf. In seiner allerersten Nacht hatte er geglaubt, sich daran erinnern zu können, welche Schuhe zu den einzelnen Zimmern gehörten, was sich allerdings als schwerer herausstellte, als er gedacht hatte. Er musste raten. Zwei Paar Herrenschuhe landeten im falschen Zimmer, aber die Gäste hatten sich nicht darüber aufgeregt, sondern es eher als eine lustige Episode betrachtet, etwas, wovon sie später erzählen konnten, wenn sie wieder zu Hause waren.
Heute Nacht war das Hotel wie gewöhnlich ausgebucht. Hans Peter machte es sich auf seinem Stuhl bequem und legte die Zeitung zur Seite. Er war im Don Juan bis zum siebten Gesang gekommen und wollte gerade anfangen zu lesen, als sich die Hoteltür öffnete und ein Schwall von Schneeflocken hereingesogen wurde. Ein Mann stand an der Rezeption, er hatte nasse Haare, die ihm in Strähnen in die Stirn fielen.
»Kann ich irgendwie behilflich sein?«, fragte Hans Peter.
Der Mann schloss die Tür und stampfte den Schnee von den Schuhen.
Hans Peter fragte nochmals, womit er zu Diensten sein könne.
»Ich möchte einen Ihrer Gäste besuchen«, sagte der Mann, und als er sprach, hörte Hans Peter,
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