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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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den Felsplatten. Sie hatte ihre Kleider wieder ordentlich an, aber die Jacke lag mit verknoteten Ärmeln neben ihr. Justine sah sie an wie ein Opfer.
     
    »Sieh mal, jetzt haben wir die Flasche in null Komma nichts leer gemacht«, sagte Berit. »Dabei solltest du sie doch bekommen, es war ein Geschenk für dich.«
    »Ist es dir schon einmal aufgefallen? Es ist heutzutage viel weniger in den Flaschen als früher.«
    Berit zerknüllte das Taschentuch und stopfte es zurück in ihre Handtasche.
    »Ist mir auch schon aufgefallen«, sagte sie.
    »Im Keller ist noch Wein.«
    »Aha …?«
    »Du musst ihn holen, ich schaffe es nicht, bis da runter.«
    »Ja, aber, bist du sicher … Sollen wir wirklich?«
    »Er steht auf der linken Seite unten … im gleichen Raum wie der alte Waschzuber. Na, du wirst es schon finden.«
    Sie stand steif auf, voller Angst, dass der Vogel durch ihre Bewegungen gestört werden könnte. Justine lachte, und es gab einen Tonfall in ihrem Lachen, den Berit noch nie zuvor gehört hatte.
    »Du gehst wie ein Spastiker. Sei doch nicht so ein Angsthase. Es ist doch verdammt noch mal nur ein Vogel.«
     
    Es war nicht nur der Vogel. Sie war wieder in der Vergangenheit, genau diese Treppen, sie und Jill, ihre Stärke, wenn sie sich zusammenrotteten, der Geruch von Unterwerfung, von Erniedrigung. Und sie erinnerte sich daran, was das Kind Justine gesagt hatte, über den Waschzuber. Flora. So hieß die Frau mit den geschminkten Augen, die Puppenfrau, die ihre Rolle als Mutter spielte.
    Sie entdeckte die Weinflaschen sofort. Sie waren in einem Regal aufgestapelt, genau wie Justine es beschrieben hatte. Es war dunkel hier unten, sie hatte den Lichtschalter nicht gefunden. Scheu betrachtete sie den Waschzuber, sah ihn mit dem Blick eines kleinen Mädchens. Der Verschlag für das Brennholz. Setzte sie das Kind in den mit Wasser gefüllten Zuber und zündete an? Dort zu sitzen und auf das heiße Wasser zu warten, das brühend heiße Wasser.
    Sie drückte die Flasche an die Brust und eilte wieder hinauf.
    »Justine … Es gibt eine Menge, worüber wir uns aussprechen müssen.«
    Justine schüttelte den Kopf.
    »Doch, doch! Du musst mich anhören, es zehrt an mir, ich bekomme keine Ruhe.«
    Ein eigenartiger Ausdruck war in Justines Augen getreten.
    »Du willst, dass ich einen Schlussstrich unter alles ziehe, was gewesen ist, nicht wahr?«
    »Ja …«
    »Lern des Lebens schweres Streben, lieben, vergessen und vergeben.«
    »So ungefähr, ja, eine Art Vergebung oder … Versöhnung …«
    Justine betrachtete sie, ohne etwas zu sagen. Sie fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Sie standen ihr zu Berge. Sie brach in ein gewaltiges, rasselndes Lachen aus.
    »Bekommst du diesen Scheißkorken heute noch raus!«

17. KAPITEL
    Mark kam täglich, um mit ihr zu lernen. Er berührte sie, aber nicht oft. In seinen Augen war sie nur ein Kind.
    Das provozierte sie. Ihre Brustwarzen hatten begonnen, sich zu verändern, und die Haut um sie herum schmerzte und war empfindlich. Sie zog ihre Haarspange aus und legte sie beiseite, um sie nie wieder hervorzuholen.
    »Erzähl mir von Amerika«, bat sie.
    Da begann er Englisch zu sprechen, so schnell, dass sie nicht die geringste Chance hatte, ihm zu folgen. Sie warf ihr Kissen nach ihm, mitten in sein spöttisches Gesicht.
    Er legte sich auf sie, presste ihre Arme nach unten.
    »Was bist du doch bloß für ein kleiner Haufen Scheiße.«
    Rasend vor Wut schwang sie ihr gesundes Bein hoch, stieß ihm mit dem Knie in den Schritt. Er wurde bleich und fiel neben dem Bett zu Boden.
     
    Er hatte eine Freundin in Washington.
    »Wie sah sie aus?«
    »Sieht sie aus!«, korrigierte er.
    »Gut, wie sieht sie nun aus?«
    »Braune Augen, große Titten.«
    Das klang so hässlich.
    »Sie heißt Cindy. Wir schreiben uns jede Woche einen Brief.«
    »Liebst du sie?«
    Er grinste.
    »Los, nun antworte schon, tust du das?«
    Da stellte er sich ans Fenster und stieß mit dem Unterkörper, die Hand auf den Hosenschlitz gelegt.
    »Jetzt fang schon an und lies aus dem Buch vor. Für dieses Gelabere werde ich nicht bezahlt.«
    »Das ist viel zu schwer. Ich kann das nicht.«
    »Lies jetzt!«
    »The new man stands looking a minute, to get the set-up of the day room.«
    »Njoooo. Nicht neu. Njoooo.«
    »The njooo man …«
    »Das ist ein verdammt gutes Buch, weißt du, aber du bist noch zu klein dafür, Justine. Tut mir Leid. Du bist viel zu klein dafür, dir entgeht das meiste.«
    Er brachte sie ganz

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