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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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ihr Gesicht trafen. Der Hubschrauber gehörte zur Marine. Er schnüffelte an der Uferlinie hin und her, und sie sah den Piloten als eine zusammengekauerte Silhouette. War jemand auf dem Eis verschwunden? Jemand, der in diesem Moment da draußen im eiskalten Wasser des Mälarsees lag und um sein Leben kämpfte?
     
    Justine war vielleicht nicht einmal zu Hause, fiel ihr ein, als sie die Treppe hinaufstieg und klingelte. Niemand öffnete. Sie wartete ein wenig und klingelte dann noch einmal. Dann hörte sie schwache polternde Geräusche aus dem Haus und trat eine Treppenstufe nach unten.
    Es war Justine, sie war zu Hause, ihre Kleider waren verknittert, als habe sie gelegen. An einem Fuß trug sie eine dicke Wollsocke.
    »Berit?«, sagte sie.
    »Ja, ich … Darf ich auf einen Sprung hereinkommen? Oder bist du beschäftigt?«
    Justine trat zur Seite.
    »Nein, komm rein.«
    »Ich habe ein paar Blumen mitgebracht und dann noch … diese Weinflasche hier. Letzten Samstag habe ich dir immerhin den ganzen Glühwein weggetrunken … Ich dachte nachher … einfach so hereinzuschneien und dich mit meinem Besuch zu überfallen.«
    »So ein Blödsinn! Leg ab.«
    Als sie in die Küche ging, sah Berit, dass sie humpelte. Sie blieb mit hängenden Armen stehen.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ach, ich bin beim Joggen ausgerutscht. Es ist schwachsinnig, im Winter zu joggen, das habe ich jetzt immerhin begriffen. Aber das gibt sich schon wieder, es ist schon besser geworden.«
    »Dann hast du dir also nichts gebrochen?«
    »Nein. Der Fuß ist nur ein bisschen schwach, ist er immer gewesen. Ich verstauche ihn mir regelmäßig.«
    »Wirklich?«
    »Wenn du das nächste Mal vorbeischaust, ist er wieder völlig in Ordnung, dann können wir vielleicht einen Spaziergang machen, uns Plätze aus der Vergangenheit anschauen. Die Schule und …«
    »Ja … Was machst du grade? Habe ich dich bei etwas Wichtigem unterbrochen?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Hast du etwas dagegen, wenn ich ein wenig bleibe?«
    »Nein, im Gegenteil. Den Wein können wir wohl noch nicht aufmachen, was meinst du? Wie viel Uhr ist es?«
    Justine musste lachen.
    »Der alte Luther sitzt einem doch immer im Nacken.«
    »Der Wein sollte eigentlich für dich alleine sein, so war es nicht gedacht, dass ich hier sitze und den auch noch bechere.«
    »Machst du bitte die Flasche auf! Der Korkenzieher liegt in der obersten Schublade in der Küche. Dann setzen wir uns in die Bibliothek, wo wir auch letztes Mal saßen. Da ist es am gemütlichsten.«
    Sie gingen die Treppe hinauf. Berit sah die Plakate der Pastillenfabrik von Justines Vater, sie hingen im Treppenhaus, wie sie das immer getan hatten, alles kehrte zurück.
    »Erinnerst du dich an die Sandypastillen, die wir immer von dir bekamen?«, fragte sie vorsichtig.
    »Gut möglich, dass ihr welche bekommen habt.«
    »Du hattest immer jede Menge Schachteln.«
    »Papa brachte sie mit, mit der Zeit hatte ich sie über. Man wollte doch lieber etwas anderes als diesen Sandy-Geschmack im Hals haben.«
    »Auf jeden Fall warst du zu beneiden … Ein Vater, der eine Süßigkeitenfabrik besaß!«
    »Tja!«
     
    Als sie in die Bibliothek kamen, saß dort der Vogel am Fenster. Er wandte ihnen den Kopf zu und schrie. Berit zuckte zusammen, sie hätte fast die Flasche fallen gelassen.
    »Oh, hat er dich erschreckt?«
    »Na ja …«
    »Er gibt uns nur ein Zeichen.«
    »Was denn für ein Zeichen?«
    »Damit wir nicht vergessen, dass es ihn gibt.«
    »Keine Sorge. Fällt er nie über dich her?«
    »Über mich? Nein. Wieso sollte er das tun?«
    »Ich weiß nicht. Aber ich würde es nie wagen, einem wilden Tier so zu vertrauen.«
    Justine nahm ihr die Flasche ab und schenkte ein. Sie hoben die Gläser und prosteten sich zu, probierten den Wein.
    »Mmmm«, sagte Berit. »Gar nicht schlecht. Ich trinke eigentlich zu viel Wein. Aber Wein ist so lecker, er tut einem in der Seele gut.«
    Jetzt war der Hubschrauber wieder da, er schien gleich vor dem Haus zu sein. Der Vogel schlug mit seinen großen Flügeln, wiegte den Kopf hin und her.
    »Jemand ist im Eis eingebrochen«, sagte Justine.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe es eben gehört. Im Lokalradio.«
    »Furchtbar.«
    Justine nickte.
    »Das passiert jedes Jahr. Ich wohne so, dass ich es immer mitbekomme.«
    »Aber ist das Eis nicht zu dünn, um darauf zu gehen?«
    »An manchen Stellen trägt es. Dann wird es plötzlich zu dünn. Die Leute sollten wirklich etwas vorsichtiger sein. Aber es gibt eine

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