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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Antworten abzuwarten. Letztendlich blieben sie alten Vorstellungen verhaftet. Mädchen waren süß anzuschauen. Aber sie waren nichts, worauf man setzen konnte in der Zukunft. So war beispielsweise nie die Rede davon, Justine darauf vorzubereiten, einmal die Firma zu übernehmen. Da holte man sich lieber jemand von außen. Einen Mann.
    Als sie die Siebzig überschritten hatten, verloren sie im Übrigen das Interesse für den ganzen Sandy-Konzern. Sie hatten ihn an ihren einzigen Sohn übergeben. Jetzt war es seine Sache, die Geschäfte weiterzuführen und für den Gewinn zu sorgen. Wie ihm das gelang, darum kümmerten sie sich nicht mehr.
     
    Sie starben fast gleichzeitig, ihr Schwiegervater zuerst. Als es passierte, befanden sie sich auf einer Reise irgendwo in Italien. Bei ihrer Rückkehr lebte er noch, starb aber ein paar Tage später in einem Zimmer im Karolinska Krankenhaus. Flora erinnerte sich an jedes Detail, das Telefongespräch, Sven, der an den Apparat ging, die Art, wie er dabei sozusagen stramm stand. Als er den Hörer aufgelegt hatte, drehte er sich zu ihr um und sagte mit vollkommen neutraler Stimme:
    »Es geht aufs Ende zu bei ihm, es wird Zeit, dass wir kommen.«
    Seine Mutter erwartete sie an der Eingangshalle, bekleidet mit einer ärmellosen, hellblauen Bluse, die ihre schlaffen Oberarme entblößte. Sie stand vor der Tür und rauchte. Als sie vor ihnen den Aufzug betrat, wäre sie fast hingefallen, es fiel ihr schwer zu sprechen, ihre Stimme war schwächer geworden, geradezu erstickt.
    Flora hatte nie einen Menschen sterben sehen. Nicht einmal in jenem Sommer, als sie in der Psychiatrie gearbeitet hatte. Die Frauen dort waren zäh und bösartig gewesen, manchmal hatte sie ihnen den Tod gewünscht. Diese Frauen verhöhnten sie und nannten sie eine Hure. Es war eine besondere Art von Frauen, sie meinten nicht, was sie sagten, sie waren krank und nicht richtig im Kopf. Aber es half nichts. So sehr sie sich dies auch einredete, wurde sie doch von Widerwillen erfüllt, sobald sie sich der Krankenhauskaserne nur näherte.
    Sobald sie das Zimmer ihres Schwiegervaters betrat, bemerkte sie diesen besonderen Geruch, der ankündigt, dass ein Menschenleben bald enden wird. Sie erkannte ihn augenblicklich. Sie würde ihn nie beschreiben können, er war einfach da.
    Der alte Mann lag auf dem Rücken, angeschlossen an Schläuche und Apparate. Die Nase stand wie ein Haken aus dem eingefallenen Gesicht. Für ein paar Sekunden öffnete er die Augen, sah aber niemanden an, sein Blick rollte zur Decke. Er suchte und scharrte mit den Händen, tastete nach etwas, das ihn zurückhalten könnte.
    Ihre Schwiegermutter brach zusammen.
    »Ivar!«, schrie sie. »Du verlässt mich verdammt noch mal nicht. Im Ernst, ich verbiete dir …«
    Ein Zucken durchlief seinen Körper, das Kinn fiel nach vorn und klappte herunter. Das brachte sie dazu, an seinen Laken zu reißen, sich am Kopfende des Betts festzuklammern, zu jaulen.
    Ihr Auftreten hatte keine Würde. Zwei Krankenschwestern mussten sie hinausführen, um sie mit Beruhigungsmitteln vollzupumpen. Ihr Mann lag tot und einsam im Zimmer.
    »Wir richten ihn her und zünden ein paar Kerzen an«, sagte eine Krankenschwester. »Gehen Sie bitte solange hinaus und warten Sie draußen. Kümmern Sie sich um seine Frau.«
    Sven war offensichtlich erschüttert.
    »Nein, es sind keine Kerzen mehr nötig, wir haben bereits … Abschied genommen …«
    Er wollte so schnell wie möglich fort.
    In der darauf folgenden Woche war ihre Schwiegermutter dann an der Reihe. Eine lebensgefährliche Grippewelle war damals über das ganze Land geschwappt. Die Grippe packte sie mit ihren Klauen und gebrochen, wie sie aus Trauer und Schock war, hatte sie nicht mehr die Energie, ihre Abwehrkräfte zu mobilisieren.
    Die Doppelbeerdigung wurde zu einer wahren Orgie aus Musik und Rosen. Denn so hatten es die beiden Alten bestimmt, so stand es in ihren hinterlassenen Papieren. Als wären sie sich der Tatsache bewusst gewesen, dass sie zur gleichen Zeit sterben würden.
    Sie hinterließen eine ganze Reihe von Häusern, die Sven unverzüglich verkaufen ließ. Es handelte sich dabei um eine Sechszimmerwohnung auf dem Karlaväg, eine Villa an der spanischen Mittelmeerküste und eine Hütte im Wintersportort Are. Dann war da noch das gelbe Haus mit den Veranden und Erkern draußen in den Schären.
    Flora und Sven hatten mehrere Male in diesem Haus auf der Insel übernachtet. Sie hatte da draußen eine Art Freude

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