Gute Nacht, Peggy Sue
Ersatz.«
»Nicht nötig, Adam. Bin auch früher schon ohne fahrbaren Untersatz ausgekommen.«
»Trotzdem fühle ich mich verantwortlich. Es war meine Schuld, daß Sie in diesen Schlamassel geraten sind. Ich möchte das wiedergutmachen. Zumindest besorge ich Ihnen ein Taxi.«
M. J. blickte zu ihm auf. Der Ausdruck seiner Augen sagte ihr deutlich, wie sehr er sich wünschte, daß sie seine Hilfe annahm.
»Also gut«, gab sie nach. »Aber nur für einen oder zwei Tage. Bis ich einen neuen Wagen habe.«
Er lächelte. »Danke. Diesmal brauchte ich den warmen Händedruck.«
Lachend ging sie den Weg zu ihrer Veranda hinauf. Dort angelangt, sah sie sich um.
Er stand noch unter der Laterne und wartete, daß sie ins Haus gehen würde.
Erst als sie das Haus betreten und das Licht in der Diele eingeschaltet hatte, stieg er wieder in den Wagen. Vom Frontfenster aus beobachtete sie, wie der Mercedes davonglitt.
Zurück nach Surrey Height,
dachte sie.
Zurück in seine Welt. Und Isabels.
Sie schloß die Haustür ab und ging müde die Treppe ins Schlafzimmer hinauf.
Nachdem Adam Isabel nach Hause gebracht hatte, verschanzte er sich in seinem Arbeitszimmer und genoß das lang ersehnte Glas Kognak. Sein Kopf schmerzte, seine Augen brannten, und jeder Atemzug verursachte ihm ein Stechen in der Brust. Trotzdem konnte er sich nicht entschließen, schlafen zu gehen.
Immer wieder spielte sich vor seinem geistigen Auge die schreckliche Szene dieser Nacht ab: M. J. Novak auf den Knien, der Kopf am Haar zurückgerissen, die Kehle entblößt, die Messerklinge an ihrer Haut. Er schloß die Augen und versuchte das Bild zu vertreiben … vergeblich. In diesem Moment höchster Dramatik hatte er jede Angst um sich und sein Leben verloren, war nur von dem einen Gedanken beherrscht gewesen, daß sie sie umbringen würden, ohne daß er auch nur das Geringste dagegen unternehmen konnte.
Er umklammerte den Kognakschwenker fester und leerte ihn in einem Zug.
Sie hat das alles besser weggesteckt als ich,
überlegte er.
M. J. Novak war eine Kategorie für sich. Nie zuvor war ihm eine solche Frau begegnet. Sie war eine Überlebenskünstlerin, landete wie eine Katze immer wieder auf den Füßen. In Anbetracht ihrer Wurzeln, ihrer Herkunft, war das kein Wunder.
Mariana Josefina Ortiz.
Ein Name, der spanische Abstammung verriet, aber das entsprechende Äußere vermissen ließ. Nur das Haar paßte ins Bild. Es war rabenschwarz, dicht und glänzend. Aber diese grünen Augen … Sie sahen glatt durch einen hindurch – bis mitten ins Herz.
Er fragte sich, was sie wohl sah, wenn sie ihn anblickte.
Gleichzeitig war er nicht sicher, ob er es wirklich wissen wollte.
Schließlich stellte er das Kognakglas ab und stemmte sich mühsam aus dem Sessel. Auf dem Weg aus der Bibliothek kam er am Foto von Maeve vorbei. Es stand auf einem Beistelltisch, ein friedliches Portrait seiner lächelnden Stieftochter. Hatte Maeve zur Zeit häufig Grund zu lächeln?
Er hätte es ahnen müssen. Er hätte es kommen sehen müssen.
Seine einzige Entschuldigung war die Tatsache, daß er überfordert gewesen war, von seiner Arbeit, seiner Rolle als alleinerziehender Vater einer Tochter, für die der Tod der Mütter ein derartiges Trauma gewesen war, daß sich ihr Heranwachsen in Trotz und Trübsinn vollzogen hatte. Er hatte keine Möglichkeit gefunden, mit ihr zu reden. Nach einer Weile hatte er aufgehört, es zu versuchen, sich statt dessen auf die taktische Position des Erziehungsberechtigten zurückgezogen, zum letzten aller Mittel gegriffen und seine Autorität geltend gemacht. Auch das hatte ihn nicht weitergebracht.
Als er endlich gemerkt hatte, daß sich Maeve in echten Schwierigkeiten befand, war es zu spät. Sie war ständig high gewesen … durch Alkohol, Pillen, einfach alles, was einen Rausch erzeugte.
Genau wie Georgina.
Vielleicht lag es schon in ihren Genen, war es ein boshafter Knick in ihrer DNS, der ihr Leben mit der Sucht vorbestimmt hatte. Vielleicht war auch nur die Veranlagung daran schuld, weder mit dem Leben noch mit Streßsituationen umgehen zu können.
Oder war er es?
Er wandte sich von dem Foto ab und stieg die Treppe hinauf. Wieder einmal allein zu Bett gehen! Das hätte nicht so sein müssen. An diesem Abend war deutlich geworden, daß Isabel bereit, willens … und angesichts seiner mangelnden Begeisterung auch frustriert war. Sie kannten sich seit Jahren, trafen sich seit Monaten mit schöner Regelmäßigkeit. War es nicht Zeit für
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