Gute Nacht, Peggy Sue
zum Heck des Wagens gehüpft. Er und M. J. sahen sich an. »Die Kleine sollte auf der Gehaltsliste der Polizei stehen«, murmelte er.
Celeste hatte das Heck des Wagens umrundet und näherte sich erneut M. J.s Fenster.
»Wovor hat er Angst?« fragte M. J. das hüpfende Kind.
»Vor den Typen, die Nicos umgebracht haben.«
»Und Xenia?«
»Genau die.«
»Von wem redest du, Celeste? Von welchen Typen?«
Das kleine Mädchen blieb stehen und sah sie an, als habe sie es mit Idioten zu tun. »Von der Polizei natürlich!« sagte sie. Dann peitschte das Seil hart auf den Asphalt und sie hüpfte weiter.
Adam und M. J. starrten dem Mädchen nach. »Das ist absurd!« murmelte Adam. »Muß an der Gegend liegen. Die Leute haben Angst vor der Obrigkeit. Deshalb schieben sie alles der Polizei in die Schuhe.«
»Fran hatte zweifellos vor etwas Angst«, sagte M. J.
»Natürlich vor diesem Jonah.«
Mittlerweile hüpfte Celeste den Bürgersteig entlang, um den Wagen zum zweiten Mal zu umrunden. Als sie neben Adam auftauchte, war er bereit, die nächste Frage zu stellen.
»Wie kommt Jonah darauf, daß die Polizei Nicos umgebracht hat?« wollte er wissen.
»Mußt du ihn fragen.«
»Wie komme ich an ihn ran?«
»Gar nicht.« Sie hüpfte auf der Stelle. »Mit Außenseitern redet er nicht.«
»Tja«, seufzte Adam. »Das war’s dann wohl.«
»Zeig ihr Maeves Foto«, flüsterte M. J. »Mal sehen, ob sie sie kennt.«
Adam zog das Foto aus der Tasche und hielt es Celeste hin.
»Hast du die Frau schon mal gesehen?« fragte er.
Celeste warf einen Blick auf das Bild … und dann noch einen. Sie hörte einen Moment mit dem Seilhüpfen auf und beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Klar doch, sieht genau aus wie sie.«
»Wie wer?«
»Na, wie Jonahs Lady.« Celeste hüpfte weiter und entfernte sich vom Fenster.
Adam sah M. J. entsetzt an. »Großer Gott!
Maeve?
«
»Bitte sie, daß sie es sich noch mal anschaut!«
Sie drehten sich um, um nachzusehen, wo sich Celeste auf ihrer Tour rund um das Auto befand. Zu ihrer Enttäuschung hatte sich das Mädchen jedoch auf dem Bürgersteig bereits einen halben Block weit entfernt und hüpfte immer schneller davon.
Statt Celeste näherte sich jetzt Leland dem Auto. Er beugte sich herunter, um durch M. J.s Fenster zu sprechen. »Zeit zu verduften«, sagte er. »Und zwar ein bißchen plötzlich.«
»Ich will mit Jonah sprechen«, entgegnete M. J.
»Der redet mit niemandem.«
»Sag ihm, daß ich auf seiner Seite bin. Daß ich nur möchte …«
»Soll ich eurem Auto einen Tritt verpassen oder was?«
Es folgte eine bedrohliche Stille. Gewalt lag in der Luft.
»Wir haben’s kapiert«, erklärte Adam und ließ den Motor an. Hastig fuhr er auf die Straße und wendete. Leland sah mit finsterer Miene hinter ihnen her.
»Der geht kein Risiko ein, was?« murmelte Adam mit einem Blick in den Rückspiegel.
»Jonahs Befehl!«
Direkt vor ihnen hüpfte Celeste mit ihrem Seil den Bürgersteig entlang. Als sie vorbeifuhren, blieb sie stehen und hob zum Abschied die Hand. Dann, als sie merkte, daß auch sie beobachtet wurde, packte sie beide Enden ihres Seils und setzte ihren Weg durch South Lexington unbeirrt fort.
Zwei Tage lang hatte Dr. Herbert Esterhaus es vermieden, nach Hause zurückzukehren. Statt dessen hatte er sich unter falschem Namen im Hotel St. Francis Arms eingemietet und sich sämtliche Mahlzeiten aufs Zimmer bringen lassen. Es handelte sich um ein eher schlichtes Etablissement, die Sorte Hotel, die Vertreter mit schmalem Spesenbudget bevorzugten. Die Bettwäsche war fransig, der Teppich abgetreten, und das Wasser, das aus dem Hahn kam, hatte eine leicht rostige Färbung. Doch das Zimmer erfüllte seinen Zweck. Es war ein sicheres Versteck, solange er sich über seinen nächsten Schritt nicht im klaren war.
Leider hatte er nur wenige Optionen.
Daß er bald verhaftet werden würde, stand für ihn außer Zweifel. Die Ermittlungen wegen des Diebstahls von Zestron-L hatten gerade erst begonnen. Bald würden sie die Vergangenheit der Belegschaft unter die Lupe nehmen, und er würde durchs Raster fallen. Denn er war schuldig.
Er könnte die Flucht ergreifen. Könnte einen anderen Namen annehmen, seine Identität ändern. So, wie er es zuvor getan hatte. Immerhin lebte er in einem riesigen Land mit zahllosen Kleinstädten, in denen man untertauchen konnte. Aber er war des Versteckspiels müde, war es leid, einen falschen Namen tragen zu müssen. Er hatte zehn Jahre gebraucht,
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