Gute Nacht, Peggy Sue
verbracht, ohne eine interessante Information bekommen zu haben. Vielleicht mit Ausnahme der Erkenntnis, daß die drei Opfer tatsächlich befreundet gewesen waren.
Möglicherweise war das das Maximum dessen, worauf sie hoffen konnten.
Sie entlohnten Leland und seinen Kumpel mit je zwanzig Dollar extra und kehrten zu Adams Wagen zurück. Daß der Volvo noch an seinem Platz stand, hatten sie den von Anthony gestellten Wächtern zu verdanken … ein zusätzlicher Gefallen, der extra bezahlt werden mußte. Sobald sie auch diese Schuld beglichen hatten, stiegen sie ein. Sie saßen im Auto und betrachteten nachdenklich den Streifen Ödland, der sich South Lexington nannte.
Adam stieß schließlich einen Seufzer aus, einen Seufzer der Enttäuschung. »Das war nicht sonderlich produktiv. Teuer, ja. Aber nicht produktiv.«
»Jedenfalls ist klar, daß sie sich alle gekannt haben. Was bedeutet, daß jeder von ihnen die Quelle gewesen sein könnte. Jeder von den dreien könnte die Droge an die anderen weitergegeben haben. Trotzdem tippe ich auf Nicos.«
»Warum auf Nicos?«
»Du hast gehört, was seine Eltern gesagt haben. Er hat abends im Supermarkt gearbeitet. Denk doch mal nach! Seit wann kann ein Junge, der halbtags im Lager eines Supermarkts schuftet, sich einen neuen Wagen leisten?« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat nebenbei gedealt. Da bin ich sicher. Und irgendwie ist es ihm gelungen, einen Vorrat Zestron-L in die Finger zu kriegen.«
Sie schwiegen einen Moment. Dann sagte Adam: »Könnte durchaus auch Maeve gewesen sein.«
Sie sah ihn an. Er starrte geradeaus auf einen Punkt in der Ferne. »Was, wenn sie die Quelle ist, Adam? Was dann?«
»Keine Ahnung.« Er schüttelte den Kopf. »Ich schätze, ich komme nicht drum herum. Ich muß Anzeige gegen sie erstatten. Wegen Handelns mit einer gefährlichen Droge. Wegen Diebstahls. Was immer gesetzlich erforderlich ist. Ich habe keine andere Wahl. Nicht, nachdem drei Menschen tot sind.«
Erneut verfielen sie in düsteres Schweigen.
Er weiß es jetzt,
dachte sie.
Maeve ist nicht zu retten.
Die Zeiten, in denen sie auf den rechten Weg hätte geführt werden können, waren lang vorbei. All die verpaßten Gelegenheiten, die Monate, die Jahre, als er noch etwas hätte ändern können, würden ihn verfolgen. So erging es allen Eltern eines verlorenen Kindes.
Der Klang hüpfender Kinderschritte und das rhythmische Schlagen des Seils auf die Asphaltdecke drangen bis in die Stille im Inneren des Autos vor. M. J. sah aus dem Fenster. Celeste näherte sich mit ihrem Springseil, ihr Haarschopf wippte im Takt. Als sie auf der Höhe des Wagens war, hüpfte sie gelassen auf der Stelle weiter, ohne die Insassen des Volvos auch nur eines Blickes zu würdigen.
»Hallo, Celeste!« rief M. J.
Das Mädchen blickte kurz seitwärts. »Hi!«
»Du scheinst ja heute überall zu sein.«
»Muß mich beschäftigen.« Das Mädchen keuchte leicht. »Befehl von meiner Mama.« Sie hörte auf zu hüpfen und trat vor M. J.s Fenster. Neugierig spähte sie ins Wageninnere. »Gefällt mir, euer Wagen.«
»Danke.«
»Hat euch nix erzählt, was?«
M. J. sah sie stirnrunzelnd an. »Wie meinst du das?«
»Fran macht den Mund nicht auf, weißt du. Nicht wenn dieser Leland in der Nähe ist.«
»Hat sie Angst vor Leland?«
»Jeder hat das. Er ist Jonahs Mann.«
»Jonah?«
»Na, du weißt schon. Der Big Boss. Kannst hier keinen Schritt machen, wenn’s Jonah nicht will.«
»Wir haben Jonah um Hilfe gebeten. Er hat uns Leland geschickt.«
»Klar hat er Leland geschickt. Wollte euch nicht mit den Leuten reden lassen, ohne daß Lelands große Ohren in Hörweite waren.« Celeste sah plötzlich über die Schulter und entdeckte einen Jungen, der sie von einem Hauseingang beobachtete. Sofort begann sie wieder mit dem Seilspringen und entfernte sich auf dem Bürgersteig. M. J. dachte, die Unterhaltung mit dem Mädchen sei damit beendet. Doch als die Kleine den vorderen Kotflügel des Volvo erreicht hatte, wandte sie sich nach links in Richtung Straße und setzte auf der anderen Seite des Wagens ihren Weg bis zu Adams Fenster fort.
»Jonah macht sich Sorgen, müßt ihr wissen«, sagte Celeste und hüpfte leichtfüßig weiter auf der Stelle.
»Warum?« fragte Adam.
»Er glaubt, daß du einer von ihnen bist. Aber das ist dämlich. Ich sehe doch, daß du kein Bulle bist. Riecht man zehn Meilen gegen den Wind.«
»Was meinst du mit …« Adam beendete die Frage nicht, denn Celeste war bereits wieder weiter
Weitere Kostenlose Bücher