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Gute Nacht, Peggy Sue

Gute Nacht, Peggy Sue

Titel: Gute Nacht, Peggy Sue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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einer Karotte auf ihrem Teller. Wo war ihr Appetit geblieben? Mit einem Seufzer legte sie die Gabel beiseite und sah ihn an.
    »Denkst du wieder über Esterhaus nach?« fragte er.
    »Und … über alles andere.«
    »Uns eingeschlossen?«
    Er griff nach seinem Weinglas und trank einen Schluck. Sie beobachtete ihn, wartete darauf, daß er etwas sagte. Es war untypisch für sie, sich mit Worten zurückzuhalten.
Sind wir so wenig miteinander vertraut?
fragte er sich.
    »Ist nicht gesund für mich«, sagte sie schließlich. »Hier zu bleiben.«
    Er warf einen Blick auf die fast unberührte Portion auf ihrem Teller. »Zumindest würdest du anständiger essen.«
    »Ich meine, emotional gesehen. Ich bin es nicht gewohnt, mich auf einen Mann zu verlassen. Komme mir vor wie auf Stelzen … Bin total verunsichert. Ist nur eine Frage der Zeit, bis ich falle. Ich meine, sieh dir das an!« Sie machte eine Geste, die den elegant gedeckten Tisch und die flackernden Kerzen mit einschloß. »Das kommt mir alles so unwirklich vor.«
    »Ich auch?«
    Sie sah ihm direkt in die Augen. »Ich weiß nicht.«
    Die furchtlose M. J. Novak,
dachte er und glaubte plötzlich zu verstehen.
Hat eine Heidenangst, geliebt zu werden.
    Er zwickte sich selbst in den Arm und sagte lächelnd: »Ich bin ziemlich real … wenn du mich fragst.«
    Sein Witz zeigte keine Wirkung. Er bekam nicht einmal den Schimmer eines Lächelns. Er beugte sich vor. »M. J.«, sagte er, »wenn du immer damit rechnest, verletzt zu werden, dann wird genau das geschehen.«
    »Nein, es ist andersherum. Wenn du immer damit rechnest, dann kannst du auch nicht verletzt werden.«
    Er lehnte sich resigniert zurück. »Tja, damit wäre die Zukunft also besiegelt.«
    Sie lachte. Es war ein hohles, trostloses Lachen. »Adam, ich nehme einen Tag nach dem anderen. Genieße die Dinge, solange ich es kann. Ich kann es genießen, mit dir zusammen zu sein. Aber ich möchte dich bitten, mir etwas zu versprechen: Wenn es vorbei ist, sag es. Keine Lügen, nur die nackte Wahrheit. Wenn ich nicht das bin, was du dir vorgestellt hast, wenn es nicht funktioniert, sag es. Ich bin nicht aus Glas. Ich breche nicht.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    Sie griff nach ihrem Weinglas und trank lässig einen Schluck.
    Die Wahrheit ist,
dachte er,
daß sie ein Herz hat, das so zerbrechlich ist wie dieses Weinglas, aber sie will es nicht zeigen. Es war unter ihrer Würde, Schwäche zu zeigen. Menschlich zu sein. Sie war überzeugt, daß er ihr irgendwann weh tun würde.
    Und vielleicht hatte sie recht.
    Er stieß seinen Stuhl zurück und stand auf. »Komm schon«, sagte er.
    »Wohin?«
    »Rauf ins Schlafzimmer. Wenn diese Affäre schon zum Scheitern verurteilt ist, dann sollten wir das Beste draus machen. Solange wir noch können.«
    Sie antwortete mit einem sorglosen Lachen und stand ebenfalls auf. »Solange die Sonne noch scheint«, murmelte sie.
    »Und wenn’s nicht funktioniert …«
    »Macht’s uns beiden auch nichts aus«, ergänzte sie.
    Sie gingen die Stufen hinauf ins Schlafzimmer, schlossen die Tür und waren in ihrer eigenen Welt.
Einen Tag nach dem anderen,
dachte er, als er zusah, wie sie sich auszog, beobachtete, wie ihre Kleidungsstücke zu Boden glitten.
Nur für den Augenblick leben.
    Und was danach kommt, wird der Morgen entscheiden.
Er nahm sie in die Arme und küßte sie. Er wollte sanft und zärtlich sein, sie wollte es wild und heftig. So, als kämpfe sie beim Liebesakt mit einem inneren Dämon, ringe mit diesem und mit ihm, ja sogar mit sich selbst. Liebe und Krieg, Glück und Verzweiflung, das empfand er in dieser Nacht, während sie sich liebten.
    Als es vorüber war, als sie vor purer Erschöpfung eingeschlafen war, lag er wach neben ihr. Er sah sich in seinem dunklen Schlafzimmer um, sah den Schimmer der antiken Möbel, die gewölbte Decke.
Es steht zwischen uns. Mein Reichtum. Mein Name. Es macht ihr angst.
    Und in gewisser Weise machte sie
ihm
angst. Da war zuviel Feuer, zuviel Zündstoff in dieser Mariana Josefina. Er dachte an all die Aufregung und das Chaos, das sie in sein Leben gebracht hatte. In einer kurzen Woche hatte sie ihn mit Leichen, Straßenkämpfen und explodierenden Häusern konfrontiert. Sie hatte ihn gezwungen, sich sein Versagen als Vater einzugestehen und seine Schuldgefühle als Mann mit Vermögen. Sie faszinierte ihn, reizte ihn bis zur Weißglut, bezauberte ihn. Wie sollte er je die Leere füllen, die sie hinterlassen würde?
    Sie wimmerte im Schlaf und drehte

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