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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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den Haufen schmeißen, bloß weil jemand versucht hat, einen falschen Parkplatz vorzutäuschen.«
    Sein Sarkasmus war ein Fehler. Das merkte Gurney an der Anspannung von Bullards Kiefer und den langen Sekunden, in denen sie Trouts Blick festhielt. Schließlich griff sie nach dem E-Mail-Ausdruck von Gurneys Fragen.
    »Da das FBI ja maßgeblich an all diesen Analysen mitgewirkt hat, können Sie mir sicher ein paar Punkte erläutern. Zum Beispiel die Sache mit den Tierfiguren. Bestimmt haben Sie in unserem Bericht gelesen, dass auf dem Mund der Ermordeten ein fünf Zentimeter großer Plastiklöwe lag. Was sagen Sie dazu?«
    Trout wandte sich an Holdenfield. »Becca?«
    Holdenfield lächelte unverbindlich. »Das ist ein spekulativer Bereich. Die Herkunft der ursprünglichen Figuren – aus dem Spielzeugset Noahs Welt – lässt auf eine religiöse Bedeutung schließen. In der Bibel wird die Sintflut als Gottes Strafgericht gegen eine böse Welt beschrieben, und auch der Gute Hirte stellt seine Taten als Strafgericht gegen die Menschen dar. Außerdem hat der Gute Hirte bei seinen Anschlägen immer nur ein Tier von einem Paar am Tatort hinterlassen. Das Auseinanderreißen der Paare könnte eine unbewusste Bedeutung für ihn haben. Seine Art, ›die Herde zu pflegen‹. Laut Sigmund Freud könnte darin der kindliche Wunsch zum Ausdruck kommen, die Ehe seiner Eltern zu zerbrechen, vielleicht durch die Tötung eines Elternteils. Allerdings möchte ich noch einmal betonen, dass das spekulativ ist.«
    Bullard nickte bedächtig, als müsste sie tiefschürfende Erkenntnisse verarbeiten. »Und die ungewöhnlich große Waffe? Wäre das aus freudscher Sicht ein unglaublich großer Penis?«
    Holdenfields Miene wurde vorsichtig. »So einfach ist das nicht.«
    »Aha«, meinte Bullard, »das hatte ich schon befürchtet. Dabei dachte ich gerade, ich hätte was kapiert.« Sie wandte sich zu Gurney. »Wie deuten Sie die große Waffe und die kleinen Tierfiguren?«
    »Ich glaube, ihr Zweck war es, diese Unterhaltung auszulösen.«
    »Bitte?«
    »Mein Verständnis der Waffe und der Figuren ist, dass es sich um gezielte Ablenkungsmanöver handelt.«
    »Ablenkung wovon?«
    »Von dem grundlegenden Pragmatismus des ganzen Unternehmens. Sie sollen eine untergründige Ebene neurotischer Motivation oder sogar eine Geistesstörung vorspiegeln.«
    »Der Gute Hirte will, dass wir ihn für geistesgestört halten?«
    »Bei einem typischen Mörder mit gesellschaftlichem Anliegen gibt es immer eine Schicht neurotischer oder psychotischer Motivation. Sie ist die unbewusste Quelle der mörderischen Energie, die hinter der vordergründigen Mission steckt. Richtig, Rebecca?«
    Sie ignorierte die Frage.
    Gurney ließ sich nicht beirren. »Ich glaube, dass der Mörder das alles weiß. Meiner Meinung nach waren die Waffe und die Tierfiguren für diesen Meister der Manipulation das Sahnehäubchen. Die Profiler erwarten solche Dinge, also hat er sie ihnen geliefert. Sie tragen zur Glaubwürdigkeit der Mission bei. Die einzige Hypothese, die der Mörder verhindern wollte, war die Unterstellung, dass er völlig normal ist und dass seine Verbrechen ein rein praktisches Motiv haben. Ein herkömmliches Mordmotiv. Denn dann wären die Ermittlungen in eine ganz andere Richtung gelaufen und hätten wahrscheinlich ziemlich schnell zu seiner Entlarvung geführt.«
    Mit einem ungeduldigen Seufzen wandte sich Trout an Bullard. »Das haben wir schon alles mit Mr. Gurney durchgesprochen. Und seine Behauptungen sind immer noch Behauptungen. Ohne jede Beweisgrundlage. Offen gestanden, finde ich diese Wiederholung ermüdend. Die anerkannte Hypothese zeichnet ein völlig schlüssiges Bild des Falls – das einzige rationale und schlüssige, das je vorgestellt wurde.« Er griff nach seiner Kopie der Nachricht des Guten Hirten und wedelte damit herum. »Hinzu kommt, dass diese neue Mitteilung hundertprozentig zu dem ursprünglichen Manifest passt und eine absolut glaubwürdige Erklärung für den Anschlag auf Harold Blums Witwe liefert.«
    »Was meinen Sie dazu, Rebecca?« Gurney deutete auf das Blatt in Trouts Hand.
    »Ich bräuchte noch ein wenig Zeit, um es genauer zu studieren. Im Moment kann ich allerdings mit hoher Sicherheit sagen, dass es von derselben Person stammt wie das erste Dokument.«
    »Und was sonst?«
    Mit geschürzten Lippen dachte sie über ihre Antwort nach. »Er artikuliert den gleichen obsessiven Groll, der durch die Ausstrahlung der Mordwaisen noch verschärft

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