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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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dieser ganze Hass. War dieser Hass vielleicht stark genug, um sechs Scheißärschen das Licht auszublasen?«
    »Sie haben erwähnt, dass Sie ein Alibi haben …«
    Er schnitt Ihr das Wort ab. »Halten Sie es für möglich, dass manche Menschen körperlich an einem Ort und geistig an einem anderen sein können?«
    »Ich … ich bin mir nicht sicher, was das heißen soll.«
    »Es gibt indische Yogis, die nach Berichten von Augenzeugen an zwei Orten zugleich gesehen wurden. Vielleicht sind Zeit und Raum ganz anders, als wir denken. Scheinbar bin ich hier, aber in Wirklichkeit bin ich ganz woanders.«
    »Entschuldigung, Jimi, das ist mir …«
    »Jede Nacht fahre ich im Geist auf dunklen Straßen herum und halte Ausschau nach genialen Ärzten – nach Scheißern, die mit Pillen um sich schmeißen –, und wenn ich einen sehe in seiner funkelnden Schrottkarre, ziele ich mit der Waffe genau zwischen seine Schläfe und sein Ohr. Dann drücke ich ab. Ein Blitz zuckt vom Himmel – das weiße Licht der Wahrheit und des Todes –, und die Hälfte von seinem Scheißkopf ist weg!«
    Geschwindigkeit und Lautstärke seines Getrommels steigerten sich.
    Die Kamera fuhr auf Brewsters Gesicht zu. Mit wildem Ausdruck starrte er Kim an und nagte in Erwartung ihrer Reaktion an der Unterlippe. Dann zoomte die Kamera zurück, bis beide wieder im Bild waren.
    Statt direkt auf seine Tiraden einzugehen, holte sie tief Luft und wechselte das Thema. »Haben Sie das College besucht?«
    Er schien verblüfft, enttäuscht. »Ja.«
    »Wo?«
    »In Dartmouth.«
    »Was war Ihr Hauptfach?«
    Über seine Lippen zuckte die Andeutung eines Lächelns. »Medizin.«
    »Das wundert mich.«
    »Warum?«
    »Nach dem, was Sie über Ihre Gefühle für Ihren Vater gesagt haben, hätte ich nicht gedacht, dass Sie in seine Fußstapfen treten wollten.«
    »Das wollte ich auch nicht.« Diesmal war das Lippenzucken eher als Lächeln zu erkennen, wenn auch nicht als besonders herzliches. »Ich hab das Studium einen Monat vor dem Abschluss abgebrochen.«
    Kim legte die Stirn in Falten. »Nur um ihn zu enttäuschen?«
    »Nur um sehen, ob er wusste, dass ich existiere.«
    »Und? Wusste er es?«
    »Könnte ich nicht behaupten. Er meinte bloß, dass es blöd von mir war, das Studium abzubrechen. So als hätte er gesagt, dass es blöd von mir war, das Autofenster über Nacht offen zu lassen. Besonders wütend wirkte er eigentlich nicht. Dafür war ich ihm einfach nicht wichtig genug. Er blieb immer so verdammt ruhig. Sie hätten mal sehen sollen, wie verdammt ruhig er bei der Beerdigung meiner Mutter war.«
    »Der Studienabbruch war doch ein großer finanzieller Verlust. Hat ihn das nicht interessiert?«
    »Er stand jeden Tag acht Stunden im Operationssaal, fünf Tage pro Woche. Das Arschloch hat in zwei Wochen genug verdient, um meine vier Jahre in Dartmouth zu bezahlen. Zimmer, Verpflegung, Studiengebühr – alles nur ein Fliegenschiss für ihn. Wie meine Mutter. Wie ich. Seine Autos waren ihm wichtiger als wir.«
    Kim blieb stumm. Sie drückte die ineinandergeschobenen Finger an die Lippen und schloss die Augen, wie um ihre Gefühle im Zaum zu halten. Die Stille zog sich in die Länge. Schließlich räusperte sie sich. »Wie leben Sie?«
    Ein schroffes Lachen brach aus ihm hervor. »Wie lebt man überhaupt?«
    »Ich wollte sagen, wie verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?«
    »Soll das eine Art Ironie sein?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Sie denken bestimmt, ich lebe von dem Geld, das er mir hinterlassen hat. Sie denken, ich profitiere von dem Geld, das ich angeblich so hasse, und halten mich für einen miesen, kleinen Heuchler. Sie denken, ich bin genau wie er und immer nur auf das Scheißgeld aus.«
    »Solche Gedanken liegen mir fern. Das war nur eine harmlose Frage.«
    Wieder stieß er ein bitteres Lachen aus. »Eine Fernsehreporterin mit einer harmlosen Frage? Das ist wie ein Teufel mit einem Herzen aus Gold. Oder ein Chirurg mit Seele. Okay, schön. Eine harmlose Frage.«
    »Es ist Ihr gutes Recht, das so zu sehen – ganz wie Sie wollen, Jimi. Aber bekomme ich eine Antwort?«
    »Aha, jetzt verstehe ich, worum es geht. Sie wollen wissen, was für uns dabei rausgesprungen ist. Als Erbe. Wie viel wir gekriegt haben. Ist es das?«
    »Mich interessiert alles, was Sie mir erzählen möchten.«
    »Sie meinen alles, was ich Ihnen über das Geld erzählen will. Denn das wollen doch sicher auch die verehrten Scheißzuschauer erfahren. Hosen runter. Finanzielle Pornografie. Also

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