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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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würde, wenn ich nicht ich wäre – mit meiner Vergangenheit, meinen Gefühlen, meinen Gedanken, meiner Familie, meinen Prioritäten, meinem Leben. Verstehst du nicht? Mit meinem Leben kann ich nicht in deine Lage kommen. So eine Aussage ist Unsinn.«
    Sie blinzelte leicht verdattert. »Warum bist du denn so wütend?«
    Diese Frage überraschte ihn. Doch eigentlich hatte sie recht. Er war tatsächlich wütend. Natürlich hätte er sich darauf berufen können, dass ihn unmoralische Reptilien wie Getz wütend machten, dass ihn die Entwicklung der Nachrichtenmedien von relativ harmlosen Informationsquellen zu zynischen Triebfedern der Polarisierung wütend machte, dass ihn die Behandlung von Mord als »Reality«-Unterhaltung wütend machte. Aber er kannte sich nur allzu gut: Hinter den äußeren Anlässen für seine Wut steckten oft innere Gründe.
    Ein kluger Mann hatte ihm einmal erklärt, dass Wut
wie eine Boje auf der Wasseroberfläche und die vermutete Ursache für den Ärger nur die sichtbare Spitze ist. Man muss der Kette bis ganz nach unten folgen, um den Ausgangspunkt zu entdecken.
    Also beschloss er, der Kette zum Ursprung zu folgen und wandte sich Kim zu. »Warum hast du mich zu diesem Treffen mitgenommen?«
    »Das hab ich doch schon erklärt.«
    »Du meinst, um dir über die Schulter zu schauen? Um zu beobachten?«
    »Und um mir zu sagen, wie es aus deiner Sicht gelaufen ist, wie ich es angepackt habe.«
    »Ich kann deine Arbeit nicht beurteilen, wenn ich dein Ziel nicht kenne.«
    »Ich habe kein Ziel.«
    »Wirklich?«
    Sie drehte sich zu ihm. »Nennst du mich gerade eine Lügnerin?«
    »Pass auf den Verkehr auf.« Seine Stimme war väterlich streng.
    Als sie wieder auf die Straße blickte, fuhr er fort. »Warum weiß Rudy Getz nicht, dass du mich nur für einen Tag engagiert hast? Warum glaubt er, dass ich viel tiefer in die Sache eingestiegen bin?«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls nicht wegen irgendeiner Äußerung von mir.« Sie presste die Lippen zusammen.
    Gurney hatte den Eindruck, dass sie den Tränen nah war. »Ich will die ganze Geschichte hören. Ich will wissen, warum ich hier bin.«
    Sie nickte fast unmerklich, ließ jedoch mindestens eine Minute verstreichen, ehe sie antwortete. »Nachdem mein Master-Betreuer mein Projekt und meine ersten Interviews an Getz geschickt hatte, ging alles wahnsinnig schnell. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass er es kaufen will, und als er dann auf einmal zugesagt hat, bekam ich Panik. Für mich war das eine Riesensache, und ich wollte nicht, dass man sie mir wegnimmt. Ich dachte, was ist, wenn die Leute von RAM plötzlich aufwachen und sich sagen: ›Die ist doch erst dreiundzwanzig. Was weiß die denn über Mordfälle?‹ Connie und ich haben uns überlegt, wenn wir einen Experten mit einschlägigen Erfahrungen hinzuziehen, dann kriegt das Ganze eine solide Basis. Und da bist du uns eingefallen. Connie meinte, dass du ideal bist, weil niemand mehr über Morde weiß als du und weil du durch ihren Artikel zudem einigermaßen bekannt bist.«
    »Hast du Getz den Artikel gezeigt?«
    »Als ich ihn gestern anrief, um ihm mitzuteilen, dass du mich berätst, habe ich es wohl erwähnt.«
    »Und was ist mit Robby Meese?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Hast du dir vorgestellt, dass ich dir auch bei ihm helfe?«
    »Vielleicht. Vielleicht hab ich mehr Angst vor ihm, als ich dachte.«
    Aus seiner langen Erfahrung als Polizist wusste Gurney, dass Täuschung aus mehreren Schichten besteht, von denen einige kunstvoll, die anderen eher hastig über die Realität gestülpt wurden. Doch die Wahrheit hat eine unverkennbare Kargheit. Ganz egal, wie komplex das Leben sein mag, die Wahrheit ist normalerweise schlicht. Und diese Schlichtheit spürte er jetzt in Kims Stimme.
    Er musste lächeln. »Ich bin also Mordexperte, prominenter Detective, Garant für Glaubwürdigkeit, Mitmoderator einer Realityshow und Bodyguard gegen einen Stalker. Sonst noch was?«
    Sie zögerte. »Wenn ich hier sowieso schon als manipulative Idiotin entlarvt werde, kann ich gleich eine weitere verrückte Erwartung zugeben. Ich hoffe, dass deine Anwesenheit bei dem Treffen mit Larry Sterne, zu dem wir jetzt fahren, ihn vielleicht doch noch zur Teilnahme bewegen könnte.«
    »Warum?«
    »Das klingt jetzt wahrscheinlich ziemlich hintenrum. Ich dachte, dass er eventuell an eine Wiederaufnahme der Jagd auf den Killer glaubt, wenn ein berühmter Mordermittler ins Boot geholt wird – dass er mitmacht, weil er jetzt

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