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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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gerannt. Gerade als er die Stelle passierte, wo es gekreuzt hatte, sprang ihm ein Kitz direkt vor den Wagen.
    Die immer noch lebhafte Erinnerung an den Aufprall ließ ihn zusammenzucken.
    Anhalten. Zurückgehen. Der kleine, verkrümmte Körper. Die Augen offen und leblos. Das herüberblickende Reh im Feld. Wartend. Wie damals krochen Trauer und Entsetzen in ihm hoch.
    Kim fuhr an einer verwahrlosten Farm mit einem Dutzend ungepflegter Kühe und einem Dutzend verrosteter Autos vorbei. »Bist du eigentlich befreundet mit deinen Nachbarn?«
    Gurney stieß einen Laut zwischen Knurren und Lachen aus. »Mit einigen ja, mit anderen nicht.«
    Nach achthundert Metern kam am Ende des Weges seine rote Scheune neben dem Weiher in Sicht. »Du kannst mich gleich hier rauslassen«, sagte er. »Ich möchte durch die Wiese rauflaufen. Damit ich aufwache und einen klaren Kopf kriege.«
    Sie runzelte die Stirn. »Das Gras sieht aber feucht aus.«
    »Egal. Ich zieh einfach die Schuhe aus, wenn ich beim Haus bin.«
    Sie stoppte vor der Scheunentür und schaltete den Motor aus. Merkwürdig zerstreut ließ sie die Hand auf dem Zündschlüssel liegen.
    Statt auszusteigen, wartete er noch, weil er spürte, dass sie etwas auf dem Herzen hatte.
    »Also …« Sie verstummte und setzte erneut an. »Also … wie geht es jetzt weiter?«
    Gurney zuckte die Achseln. »Du hast mich für einen Tag engagiert. Der Tag ist vorbei.«
    »Wäre vielleicht noch einer drin?«
    »Wozu?«
    »Um mit Max Clinter zu reden.«
    »Warum?«
    »Weil ich nicht schlau aus ihm werde. Es ist, als wüsste er was über den Guten Hirten. Was Schreckliches. Aber mir ist nicht klar, ob er tatsächlich was weiß oder ob es nur was in seinem Kopf ist, eine Art Wahn. Ich dachte, dass er vielleicht offener zu dir ist, weil du auch bei der Polizei warst – vor allem, wenn ich nicht dabei bin, wenn es ein Gespräch von Cop zu Cop ist.«
    »Wo wohnt er?«
    »Du machst es? Du redest mit ihm?«
    »Das hab ich nicht gesagt. Ich hab gefragt, wo er wohnt.«
    »Nicht weit vom Cayuga Lake. In der Nähe der Stelle, wo diese verheerende Verfolgungsjagd stattfand. Unter anderem deswegen mache ich mir Sorgen, dass bei ihm vielleicht eine Schraube locker ist.«
    »Weil er dort lebt?«
    »Weil er dort aus einem bestimmten Grund lebt. Er sagt, das ist der Ort, an dem sich sein Weg mit dem des Guten Hirten gekreuzt hat, und dort wird das Karma sie auch wieder zusammenführen.«
    »Und mit so jemandem soll ich reden?«
    »Verrückt, oder?«
    Er versprach ihr, es sich zu überlegen.
    »Du findest ihn bestimmt … interessant.«
    »Mal sehen. Ich geb dir Bescheid.« Er stieg aus dem kleinen Auto und beobachtete, wie sie wendete und die enge Straße zurückfuhr.
    Der kurze Spaziergang über die Wiese riss ihn heraus aus den Ereignissen des Tages und überschwemmte sein Bewusstsein mit den Aromen der Natur im beginnenden Frühling: die komplexe Süße der Erde, Luft, die so frisch roch, dass man darin die Seele reinigen und die Hindernisse fortspülen konnte, die zwischen dem Verstand und der Wahrheit der Dinge standen.
    So schien es ihm zumindest – bis er fünf Minuten im Haus war, die Toilette aufgesucht und sich das Gesicht gewaschen hatte. Dann fragte Madeleine nach seinem Tag.
    So umfassend wie möglich schilderte er die Einzelheiten der drei merkwürdigen Begegnungen mit Leuten aus dem Umfeld von Kims Projekt: Rudy Getz mit seiner Skaterin, Larry Sterne mit seiner Mister-Rogers-Strickjacke, Roberta Rotker mit der entfesselten Zurschaustellung ihrer Schießkünste. Und er erzählte ihr alles, was er über Max Clinter wusste, die tragische Gestalt, deren Leben sich durch den Guten Hirten für immer verändert hatte.
    Er saß am Tisch bei der Terrassentür, während Madeleine an der Spüle Gemüse auf einem Brett schnitt.
    »Kim möchte, dass ich noch einen Tag an der Sache weiterarbeite. Soll ich, oder soll ich nicht?«
    Madeleine säbelte das Ende einer großen roten Zwiebel ab. »Was macht dein Arm?«
    »Was?«
    »Dein Arm. Die taube Stelle. Was macht sie?«
    »Weiß nicht. Ich meine, ich hab sie schon länger …« Zerstreut rieb er sich über Handgelenk und Unterarm. »Okay …, immer noch gleich, glaube ich. Warum fragst du?«
    Sie drehte die Zwiebel in der Hand und schälte zwei Schichten der zähen Außenhaut ab. »Und der Schmerz in der Seite?«
    »Im Moment ganz gut. Das hab ich nicht dauernd, es kommt und geht.«
    »Alle zehn Minuten ungefähr, hast du gesagt, oder?«
    »Mehr oder

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