Gute Zeiten mit Hanni und Nanni
aus.
Geisterstunde
Am nächsten Tag erhielt Jenny ein kleines Paket von ihrem Bruder. Sie öffnete es in ihrem Zimmer. Bobby stand neben ihr.
„Sieht ja nicht allzu aufregend aus“, stellte Bobby enttäuscht fest, als sie das Ding in die Hand nahm, das nichts weiter als ein Nylonfaden zu sein schien. „Wie wir damit Mamsell einen Streich spielen sollen, leuchtet mir noch nicht ein.“
Jenny las inzwischen den Brief, der mit dem Päckchen gekommen war. Sie kicherte und reichte ihn an Bobby weiter. „Lies mal, dann weißt du es.“
Bobby nahm den Brief, und kurz darauf glitt ein Grinsen über ihr Gesicht. „Toll!“, rief sie. „Jenny, das wird der beste Streich, den wir je gespielt haben.“
„Und ich weiß auch schon, wie wir ihn einfädeln“, meinte Jenny. Sie öffnete ihren Schrank und rumorte darin herum. „Da haben wir’s“, sagte sie schließlich. Sie hielt eine kleine Dose in die Höhe, in deren Oberseite Löcher gestanzt waren. „Das ist eine so genannte Geräuschdose“, erklärte sie Bobby. „Die habe ich schon seit Jahren.“
Jenny drehte die Dose einmal um. Ein lang gezogenes, jämmerliches Stöhnen erklang.
„Wunderbar“, rief Bobby aufgeregt. „Jenny, das ist genau das Richtige für Freitag. Da will Mamsell uns doch diese Geistergeschichte weiter vorlesen!“
„Das macht alles natürlich noch besser. Komm, Bobby, wir müssen die anderen einweihen.“
In der Pause betraten unter Jennys und Bobbys Führung ein paar Fünftklässlerinnen vorsichtig ihr Klassenzimmer.
„Beeil dich, Jenny", drängte Nanni ungeduldig. „Zeig uns endlich, was du vorhast. Wir platzen gleich vor Neugier!"
„Okay", antwortete Jenny. „Hanni, stell du dich mal an die Tür, falls eine Lehrerin vorbeikommt." Sie zog den Nylonfaden und die Geräuschdose aus der Hosentasche.
„Das ist doch bloß ganz normales Nylon", stellte Marianne enttäuscht fest.
„Von wegen ganz normales Nylon", entgegnete Jenny. „Pass mal auf!"
Geschickt knotete sie ein Ende des Nylonfadens an die Kordel der Jalousie, die vor dem Fenster hing. Dann trat sie einen Schritt zurück. „Siehst du? Der Faden ist so gut wie unsichtbar."
„Tatsächlich", staunte Doris. „Ich sehe überhaupt nichts. Wie geht’s denn jetzt weiter?"
Ohne zu antworten, zog Jenny jetzt an dem unsichtbaren Faden, und die Jalousie polterte geräuschvoll herab.
„Wir können alle möglichen Sachen bewegen, indem wir einfach ein Stück unsichtbaren Faden daran knoten und an ihm ziehen", erklärte Bobby. „Die arme Mamsell wird glauben, dass es hier spukt. Und hier: Das gehört auch noch dazu." Sie drehte die Geräuschdose um, und das jammervolle Stöhnen jagte Lissi eine Gänsehaut über den Rücken.
„Das klingt ja richtig gruselig“, rief sie. „Das wird wirklich ein Super streich!“
„Wir müssen nur dafür sorgen, dass alle Fäden ausgelegt sind, bevor Mamsell das Klassenzimmer betritt“, sagte Jenny. „Ein paar von uns werden sich am Freitag in der Pause darum kümmern müssen. Und wenn Mamsell uns ohnehin eine Gespenstergeschichte vorlesen will, wird sie schon von selbst darauf kommen, dass hier Geister am Werke sind.“
„Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten!“, rief Doris.
Endlich war es Freitag. In der Pause schlichen Bobby, Jenny und die Zwillinge ins Klassenzimmer. Sie schnitten den unsichtbaren Faden in Stücke und knoteten die Enden an Schrankknäufe, leere Stühle und an die Dek- kenlampen - einfach an alles, was leicht zu bewegen war.
„Mamsell ist für Streiche wirklich am besten geeignet“, kicherte Hanni voller Vorfreude. „Sie fällt einfach immer darauf herein.“
„Ich hoffe nur, dass keiner lachen muss und den ganzen Spaß verdirbt“, meinte Nanni.
Als Mamsell gut gelaunt den Klassenraum betrat und die Schülerinnen der dritten Klasse der Reihe nach mit ihrem Pferdegebiss anlächelte, ahnte sie natürlich nicht, dass ihr Frieden binnen kurzem empfindlich gestört werden sollte. „Setzt euch, mes filles. Heute werden wir unsere Gespenstergeschichte weiterlesen, mit der wir letzte Woche begonnen haben. Bitte fang an, Marian-
„Oh Mamsell, muss das wirklich sein?", fragte Marianne. „Ich bekomme davon eine Gänsehaut."
„Aber es ist doch bloß eine Geschichte, mon enfant ." versicherte Mamsell freundlich. „In Wirklichkeit gibt es natürlich keine Gespenster."
„Da wäre ich mir nicht so sicher, Mamsell", warf Doris bedrückt ein. „Ich habe mir gestern erst ein Buch aus der Bibliothek
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