Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guten Abend, Gute Nacht

Guten Abend, Gute Nacht

Titel: Guten Abend, Gute Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeremiah Healy
Vom Netzwerk:
sie wollten, daß er wieder genau wie vorher aussieht. Ich frage Sie, haben Sie schon mal versucht, Blut von Beton runterzukriegen?«
    »Nein.«
    »Es geht auch nicht. Es wird nie wieder richtig sauber. Beinahe, als wollte Gott nicht, daß es wieder weggeht.« Er schaute fast ehrfürchtig in die Ecke hinüber. »Das sieht nie wieder ordentlich aus.«
    »Kannten Sie sie?«
    »Wen?«
    »Das Mädchen. Haben Sie sie gekannt?«
    »Nein.«
    »Sie haben gesagt, sie käme aus einer guten Familie. Ich dachte, vielleicht...«
    »Nee, nee. Das hab ich aus den Nachrichten. In der Glotze. Ihrem Vater gehört der Sender oder so was.«
    »Haben Sie sie früher schon mal gesehen?«
    »Nur wenn sie zu Marek gekommen ist. Sie war eine von der Sorte, die immer den Fahrstuhl nehmen, nie die Treppe. Hat super ausgesehen, hat aber nie Hallo oder so gesagt. Sie kennen die Sorte.«
    »Kennen Sie Marek?«
    »Hmh, höre manchmal ziemlich komische Geräusche aus seiner...« Er sprach nicht weiter. »Sie scheinen sich ja mächtig für das alles zu interessieren.«
    Ich sah auf meine Uhr. Fast halb vier.
    »Wird Zeit, daß ich mal nach Mom sehe. Viel Glück noch bei Ihrer Maschine da.«
    Er drohte dem Ding mit seinem Schraubenschlüssel. »Beschissene Hausverwaltung. Wollen kein Geld für einen Wartungsvertrag ausgeben. Ich soll das Ding reparieren. Nur ja keinen Dime zuviel ausgeben, verstehen Sie?«
    Ich nickte, fragte mich, als ich ihn wieder allein ließ, wieso ein Mitglied der Donnerstagabendgruppe wie die kleine Creasy so früh zu Marek kam, daß der Hausmeister sie noch sah, bevor er »um vier Feierabend machte«.
    Ich nahm die Treppe zum dritten Stock. Mareks Tür gab einen Wartebereich mit der üblichen Einrichtung frei, nur daß die Sessel hier aus Leder, nicht aus Plastik, und die Teppiche echte Orientteppiche waren. Die brünette Empfangsdame mittleren Alters notierte meinen Namen, taxierte mich auf eine paraprofessionelle Art und bat mich, doch bitte Platz zu nehmen. Sie nahm das Telefon ab und sprach ein paar Worte in den Hörer.
    Der Sessel war bequem. Unter den Magazinen, auf einem kniehohen Tisch ordentlich fächerförmig ausgebreitet, auch Town & Country, Architectural Digest und, der Himmel verschone uns, Ducks Unlimited. Ich hatte vier ältere Ausgaben der letztgenannten Publikation gezählt, als sich eine Tür öffnete, und ein gutaussehender Mann von etwa fünfundvierzig Jahren lächelnd heraustrat. Er hatte buschige Haare von der Farbe eines Nikotinfleckens, die am Schnurrbart, den Augenbrauen und den Koteletten grau zu werden begannen. Er streckte eine Hand aus, und wir begrüßten uns mit einem herzlichen Händeschütteln.
    »Mr. Cuddy. Ich bin Clifford Marek. Bitte, treten Sie doch ein.« Zu der Brünetten sagte er: »Mrs. Porter, keine Anrufe, bitte.«
    Er führte mich in einen großen Raum mit gerahmten Diplomen und Originaldrucken an der Wand und einem dunkelblauen Perser auf dem Boden. Auf Bücherregalen hinter seinem Schreibtisch befand sich eine beeindruckende Ansammlung elektronischer Geräte. Der Schreibtisch selbst war aus dunklem Mahagoni und kam mir sehr vertraut vor. Ich ordnete ihn als Zwilling des Schreibtisches ein, den der Bezirksleiter der Leistungsabteilung bei der Empire gehabt hatte. Die meisten seiner Untergebenen nahmen an, er gehörte ihm. Seine Sekretärin hatte mir anvertraut, er hätte ihn nur gemietet. Vielleicht hatte Marek ähnliche Ambitionen.
    »Bitte«, sagte er, deutete auf einen schwarzen Ledersessel, der ein kleiner Bruder seines Chef-Schreibtischsessels war.
    Wir setzten uns. Er schraubte die Kappe eines Füllfederhalters ab und hielt ihn über einen leeren Block auf seinem Schreibtisch. »Nur ein paar Dinge vorweg. Andere Psychiater überlassen dies für gewöhnlich ihrem Personal, aber ich war schon immer der Ansicht, daß ein Profi seine Patienten sozusagen von Grund auf kennenlernen sollte.«
    »Einssiebenundachtzig und ein paar Zerquetschte.«
    Er zögerte. »Einssiebenundachtzig...?«
    »Und ein paar Zerquetschte. Das bin ich. Von Grund auf. Sozusagen.«
    Er lachte höflich, aber ohne jede Heiterkeit. »Schön zu sehen, daß Sie Sinn für Humor besitzen, Sir.«
    »Ich hoffe, das beruht auf Gegenseitigkeit.«
    »Entschuldigen Sie...«
    »Offen gesagt, Doktor, ich bin gewissermaßen unter einem Vorwand hier. Ich bin kein neuer Patient, obwohl ich schon ein Problem habe. Nämlich mit der Creasy-Geschichte.« Marek schraubte umständlich seinen Füllfederhalter wieder zu. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher