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Guten Abend, Gute Nacht

Guten Abend, Gute Nacht

Titel: Guten Abend, Gute Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeremiah Healy
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ich, ich hätte von seiner Arbeit mit Hypnose gelesen und hoffte, er könne mir bei »meinem Problem« helfen. Sie sagte, normalerweise müsse man zwei Wochen im voraus einen Termin vereinbaren, doch widerwillig räumte sie ein, daß zufällig ein Termin für halb vier ausgefallen sei. Den ich mit, wie ich hoffte, ausreichenden Dankbarkeitsbekundungen annahm.
    In einem Pub um die Ecke des Herald genehmigte ich mir einen Burger und zwei Bier. Anschließend fuhr ich raus nach Calem.
    Ich kannte mich in der Stadt nicht besonders aus, aber Mareks Praxis befand sich etwa in der Ortsmitte, ein Stück von der Straße entfernt. In einem dreistöckigen, gelben Gebäude. Die Eingangshalle war schlicht und leer. Laut Hinweistafel befanden sich eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis im Erdgeschoß, zwei Orthopäden im ersten Stock, drei Kinderärzte im zweiten und Marek im dritten Stock. Nette, vorstädtische professionelle Atmosphäre. Links von der Hinweistafel war eine Tür mit der Aufschrift TREPPENHAUS. Ich ging hin und drückte die Klinke. Die Tür ließ sich öffnen, und ich schlüpfte in ein Beton-Treppenhaus mit blauen Metallgeländern. Es schien sowohl nach oben zu den Praxen als auch nach unten in den Keller zu führen.
    Ich ging fünfzehn Stufen hinunter zu einer zweiten Tür, ebenfalls unverschlossen, aber mit der Aufschrift KELLER — ZUTRITT VERBOTEN. Hinter dieser zweiten Tür befand sich ein Flur mit drei Türen auf der linken Seite. Ein Fahrstuhl und zwei weitere Türen auf der rechten Seite. Vier der fünf Türen trugen die Aufschrift LAGERRAUM und waren verschlossen. Auf der fünften Tür stand HBAC — Kurzform von »Heizung, Belüftung und Air Conditioning«. Der Heizungsraum. Die Tür war nur angelehnt, durch den Spalt drang Musik. Leise trat ich ein.
    Ein Mann in einem braunen Overall machte sich vor einer Wand am Sockel einer Maschine zu schaffen. Ein kleines, leicht ramponiertes Transistorradio schaffte es, ein Instrumentalstück auszuspucken, das »leichte Unterhaltungsmusik« sein sollte. Der Mann hämmerte mit einem Werkzeug gegen ein Rohr und fluchte.
    »Ist das Mädchen hier gestorben?« sagte ich.
    Der Bursche zuckte zusammen. Er war vielleicht fünfzig, einssiebzig groß und etwa fünfundachtzig Kilo schwer. Ich wollte mich schon entschuldigen, aber er war schneller.
    »Was haben Sie hier zu suchen? Draußen steht doch >Zutritt verboten<, oder?«
    »Meine Mutter ist oben. Beim Zahnarzt. Die Geräusche des Bohrers machen mich wahnsinnig. Ich mußte da raus.«
    »Hmh«, machte der Bursche, lachte trocken, wischte sich mit dem Handrücken über sein schwitzendes Gesicht. »Versuchen Sie mal, hier zu arbeiten. Selbst wenn Sie den Boden wischen, hören Sie’s noch durch drei geschlossene Türen. Der Scheißkerl, der dieses Haus hier gebaut hat, hat sich nicht um Schallisolierung gekümmert. Hier unten, hier ist alles massiv, absolute Ruhe. Da oben, da ist es das reinste Irrenhaus. Man sollte meinen, die Zahnärzte würden sich beschweren.«
    »Wahrscheinlich kriegen die’s gar nicht mehr mit.«
    »Hmh.« Wieder dieses trockene Lachen. »Ja, wahrscheinlich haben Sie recht. Hab noch nie drüber nachgedacht. Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Das Mädchen aus dem Fernsehen, die Patientin von diesem Psychofritzen — ist sie hier umgebracht worden?«
    »Himmel«, sagte der Bursche, bekreuzigte sich, »erinnern Sie mich nicht daran, okay? Ich krieg ja schon das kalte Grausen, wenn ich nur dran denke. Deshalb auch das Radio. Die verdammte Musik ist Scheiße, aber wenigstens ein Geräusch.«
    »Waren Sie hier, als es passiert ist?«
    »Nee. Ist abends passiert. Ich mach um vier Feierabend. Ich muß mich für die Hausverwaltung auch noch um ein anderes Gebäude kümmern. Nur um einen Dime zu sparen, würden die mir glatt zehn Häuser an den Hals hängen, wenn sie könnten.« Er gestikulierte zu einer Ecke hin, wo der Boden sowohl fleckiger als auch erst kürzlich geschrubbt aussah. An der Betonwand darüber befanden sich dunkle Stellen, als hätte jemand dort Löcher zugespachtelt, die der Vormieter hinterlassen hatte. »Da drüben hat sie den Löffel abgegeben. Dumme Fotze. Sich auch mit einem Nigger einzulassen. Sie kam aus einer guten Familie, hätte’s besser wissen müssen.« Ich ließ seine Bemerkung unkommentiert durchgehen und sagte: »Haben Sie den Boden saubergemacht?«
    »Ja, nachdem die Cops ihr Okay gegeben haben. Die Wände auch, wegen der Kugeln. Der Boden, hmh, die Hausverwaltung hat gesagt,

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