Guten Morgen, meine Schoene
ihre dunkelblaue Bluse flatterte um ihre Oberschenkel. Mit den langen Beinen und der selbst durch die Schwangerschaft nur wenig beeinträchtigten Geschmeidigkeit, mit der sie sich bewegte, hätte sie es mit jedem Model aufnehmen können.
Und wie fröhlich und mitreißend ihr Lachen klang, als sie nun Max mit dem Ball neckte! Unwillkürlich musste auch Jed lächeln.
Leise trat er hinter sie. »Guten Morgen.«
Sie wirbelte herum. »Meine Güte, hast du mich erschreckt!«
Ihre Blicke begegneten sich, und sein Herz begann wie verrückt zu schlagen. Gleichzeitig verspürte er ein Krib-beln im Bauch und hatte das Gefühl, sich in der schim-mernden Tiefe ihrer Augen zu verlieren. Zugegeben, sie hatte eine starke körperliche Ausstrahlung auf ihn – aber nicht nur das. Er fühlte sich auch gefühlsmäßig zu ihr hingezogen. Und zwar so sehr, dass ihm der Atem stockte.
Empfand sie für ihn ebenso? Ihre geröteten Wangen und der Glanz in ihren Augen deuteten darauf hin, dass auch er ihr nicht ganz gleichgültig war.
»Sarah«, sagte er rau, »ich…«
Ausgerechnet in diesem Moment drängte sich Max zwischen sie und stupste, den Ball zwischen den Zähnen, Sarah an. Jed sah, wie sie schluckte, dann lachte sie, aber anders als vorhin, klang es nun nervös und ein wenig gekünstelt.
»Braver Hund.« Sie nahm Max den Ball weg und warf ihn weit.
Der Hund raste bellend hinterher. »Gehen wir hinein«, sagte sie betont locker. »Du willst sicher frühstücken.«
Der magische Augenblick war vorbei – dank Max. Blödes Vieh!
dachte Jed missmutig und folgte Sarah zum Hinterein-gang.
»Willst du noch immer heute in die Stadt?« fragte sie, als er sie einholte.
»Ja. Leihst du mir deinen Wagen?«
»Nein, ich fahre dich, da ich ebenfalls einiges besorgen muss.
Du siehst heute Morgen schon viel besser aus.«
»So fühle ich mich auch. Na schön, dann fahren wir also alle zusammen, und während du deine Einkäufe erledigst, werde ich einige Anrufe tätigen. Unter anderem möchte ich auch mit Izzio reden und ihn fragen, wohin ich das Geld überweisen soll. Hast du seine Nummer?«
»Ja.«
»Gut. Als Erstes werde ich natürlich Brianna anrufen.
Ich muss unbedingt wissen, was mit Jeralyn ist. Und ich hoffe, Brianna kann mir auch sagen, weshalb ich mich mit Chance zerstritten habe.«
Täuschte er sich, oder war bei seiner letzten Bemerkung tatsächlich so etwas wie Angst in Sarahs Augen aufgefla-ckert? Jed war sich nicht ganz sicher. Wahrscheinlich hatte er sich geirrt, denn wovor sollte seine Schwägerin sich fürchten?
6. KAPITEL
»Jed, wie schön, dass Sie anrufen!« gurrte Deborah Feigelmann mit samtweicher Altstimme ins Telefon. »Haben Sie etwa Ihre Meinung geändert und kommen nun doch zur Eröffnung?«
Jed stand an einer Telefonbox des kleinen Einkaufszentrums und versuchte, das Stimmengewirr hinter sich zu ig-norieren. »Ich bin noch am Überlegen, Deborah.« Er be-mühte sich, ein wenig schuldbewusst zu klingen. »Sie kennen ja den Grund für meine Ablehnung!« Verdammt, hatte er dieses Versteckspiel wirklich nötig? Wieso rückte er nicht einfach mit der Wahrheit heraus?
»Ach Jed!« Der vorwurfsvolle Ton war nicht zu überhö-
ren.
»Sie können doch nicht Ihr Leben lang trauern! Fast sieben Jahre sind nun schon seit Jeralyns Tod vergangen…«
Plötzlich schien sich für Jed die Welt zu verfinstern. Seine Frau war tot! Obwohl er mit dieser Möglichkeit gerechnet hatte, fuhr ihm der Schock in alle Glieder. Und neben dem Schock verspürte er eine tiefe Wehmut, weil er sich nicht mehr an Jeralyn erinnern konnte.
»… und es wird Zeit, dass Sie sich wieder dem Leben zuwenden. Der Himmel weiß, wie sehr wir alle Jeralyn vermissen, aber sie wäre sicher die Letzte, die von Ihnen verlangt, dass sie zum Einsiedler werden. Sie kommen doch nach New York, mein Lieber?«
»Deborah, was Phaedra betrifft…«
»Ari Demetri ist von ihr begeistert! Ich werde Ihnen eine Kopie des Fotos schicken, das ich von ihm bekommen habe.
Sie steht an exponierter Stelle im Innenhof seiner Villa. Ein echtes Meisterwerk und eine Ihrer schönsten Skulpturen!«
Er war Bildhauer? Jed spreizte die Finger seiner freien Hand und betrachtete die schwielige Handfläche.
»Ich muss Schluss machen, mein Lieber. Sie hatten Glück, dass Sie mich überhaupt erreicht haben, da ich gleich zu einer Auktion muss und die Galerie heute geschlossen ist.
Jedenfalls habe ich mich über Ihren Anruf sehr gefreut und nehme ihn als erstes Anzeichen, dass
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