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Guten Morgen, meine Schoene

Guten Morgen, meine Schoene

Titel: Guten Morgen, meine Schoene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grace Green
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für verrückt hielten.
    Von verschiedenen Seiten war ihm bestätigt worden, dass er ein Einsiedlerleben geführt hatte. So gesehen, musste die Amnesie auch in seiner Psyche etwas bewirkt haben, denn nach Einsamkeit sehnte er sich nun wirklich nicht. Vielmehr genoss er die Gesellschaft von Sarah und den Kindern auf Morgan’s Hope.
    Gerade heute war er besonders froh, Sarah in seiner Nä-
    he zu haben. Er wusste, dass sie ihn trösten und mit ihm fühlen würde, wenn er ihr erzählte, was er über Jeralyn erfahren hatte.
    »So, hier ist Ihr Wechselgeld.« Die Kassiererin in der Drogerie reichte Sarah das Geld. »Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Machen Sie in der Gegend Urlaub?«
    »Mehr oder weniger.« Im Laden war wenig los, und Sarah spürte, dass die vollbusige Brünette einer Unterhaltung nicht abgeneigt war. Ganz im Gegensatz zu Sarah, die rasch die gekauften Vitamintabletten einsteckte.
    »Nette Kinder.« Die Kassiererin nickte anerkennend.
    »Sehr wohlerzogen.«
    Sarah blickte zu Vicky und Jamie, die an einem Zeit-schriftenständer standen. »Ja, die beiden…« Sie verstummte, als sie den gerahmten Kunstdruck an der Wand neben dem Ständer sah. Das Bild kam ihr bekannt vor, und blitzartig fiel ihr ein, wieso. Das Original hing in Jeds Halle.
    »Es zeigt den Lake Moresby am Stadtrand«, erklärte die Kassiererin, als sie Sarahs Interesse an dem Druck bemerkte. »Großartiges Bild, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Es stammt von einer einheimischen Malerin. Sie war mit diesem Bildhauer vom Whispering Mountain verheiratet, diesem Morgan.«
    Jed war also Bildhauer. Vielleicht hatte er ja sein Atelier irgendwo auf dem riesigen Anwesen.
    »Der arme Mann!« Die schwarz umrandeten Augen der Kassiererin glänzten sensationslüstern. »Was für eine Tragödie! Seine Frau ist beim Brand des Hauses ums Leben gekommen. Er war zu der Zeit im Atelier… mitten in der Nacht… und hat das Feuer erst bemerkt, als es schon zu spät war.«
    Sarah unterdrückte einen Aufschrei des Entsetzens. Ob Jed von dieser Tragödie mittlerweile schon durch Brianna erfahren hatte? Sie, Sarah, wollte diese schreckliche Geschichte jedenfalls lieber von ihm und nicht von einer Fremden hören.
    »Wir müssen los«, sagte sie, doch die Kassiererin redete einfach weiter.
    »Die beiden waren schon einige Jahre verheiratet gewesen.
    Mann, die Frau sah vielleicht klasse aus, mit knallroten Lippen und einer schwarzen Lockenmähne. Sie trug immer so lange, weite Röcke und Ketten aus Perlen und allem möglichen Krimskrams. Manche Leute haben sie eine Bo-hemien genannt, doch sie war überhaupt nicht eingebildet.
    Und ihr Mann war ebenfalls sehr beliebt. Nur dieser Bruder von ihm… der hat sich nie wieder blicken lassen«, die Kassiererin senkte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern, »nach dem Brand.«
    Sarah, die schon hatte gehen wollen, blieb stehen, als die Frau Chance erwähnte. Was hatte er damit zu tun?
    Die Kassiererin beugte sich vor. »Es wurde vertuscht, aber jeder hier wusste, dass der Bruder den Brand verursacht hatte. Das Feuer ist im Erdgeschoss ausgebrochen, durch eine brennende Zigarette auf der Couch – und er war der einzige Eaucher im Haus. Er ist noch rechtzeitig heraus-gekommen, aber seine Schwägerin konnte er nicht mehr retten. Er hat noch in derselben Nacht das Weite gesucht.«
    Chance hatte also die Frau seines Bruders auf dem Gewissen?
    Der Gedanke verursachte Sarah Übelkeit, und sie stützte sich mit der freien Hand auf die Kassentheke. Während ihrer Ehe hatte sie zwar schnell herausgefunden, dass ihr Mann wenig Verantwortungsbewusstsein besaß, doch ein so schreckliches Geheimnis hätte sie bei ihm nicht vermutet.
    Die Kassiererin redete noch immer, obgleich Sarah ihr längst nicht mehr zuhörte. Mit einem knappen »entschuldi-gen Sie mich bitte« ging sie zur Tür und rief: »Vicky!«
    Ihre Stimme zitterte.
    »Nimm Jamie an die Hand, Liebling. Wir gehen.«
    »Alles Gute«, rief die Kassiererin ihr nach. »Und schönen Tag noch!«
    Die letzten Worte hallten Sarah noch höhnisch in den Ohren, als sie das Geschäft bereits verlassen hatte.
    Inzwischen waren vom Westen dunkle Wolken aufgezogen und hatten die Sonne verdrängt. Es entsprach exakt Sarahs momentaner Stimmungslage. Ihr ganzes Inneres war in Aufruhr, während sie die Kinder ins Auto steigen ließ.
    Nun verstand sie natürlich Jeds feindseliges Verhalten am ersten Tag. Er musste Chance abgrundtief gehasst haben – und alle, die mit ihm zu tun hatten! Tiefe

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