Guten Morgen, meine Schoene
seinen grünen Augen spiegelte sich aufrichtige Besorgnis.
Sarah spürte, wie ihr Zorn verflog. »Tut mir Leid«, entschuldigte sie sich. »Wahrscheinlich habe ich nur so heftig reagiert, weil du einen wunden Punkt bei mir berührt hast.«
»Mir lag jede Kritik an dir fern, aber als Außenstehender sehe ich alles vielleicht objektiver. Eltern wollen immer das Beste für ihr Kind…«
»Ich war achtzehn!« protestierte sie. »Alt genug, um…«
»Pst.« Er hielt ihr mit zwei Fingern den Mund zu und lä-
chelte.
»Wir wollen doch nicht schon wieder streiten.«
Sie hob die Hand, um seine Finger wegzuziehen, doch er hielt sie am Handgelenk fest. Er spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte.
Spätestens jetzt hätte er sie loslassen müssen, brachte es aber nicht fertig. Sie war so weiblich, so verführerisch und einfach zauberhaft. Er ließ den Blick von ihren rauchgrauen Augen zu ihren leicht geöffneten Lippen schweifen.
Die Luft schien elektrisch geladen zu sein.
Sarahs Atem ging schneller, und nun war es mit Jeds Beherrschung endgültig vorbei. Er neigte den Kopf, und als er den Mund auf ihre Lippen presste, hörte er, wie sie leise aufstöhnte.
Er schob die Hände in ihr weiches Haar und küsste sie leidenschaftlicher. Seine Zunge spielte mit ihrer und kostete sie. Begierig kam Sarah ihm entgegen, lehnte sich an ihn…
Und dann spürte er plötzlich einen festen Tritt gegen den Bauch. Das Baby hatte sich bewegt. Das Kind seines Bruders!
Diese Tatsache ernüchterte Jed, und er ließ Sarah unvermittelt los, entsetzt darüber, dass er nur an sich und sein Vergnügen gedacht hatte. Wie durfte er sich erlauben, Chance zu verurteilen, weil dieser die Sehnsucht eines Teenagers nach Liebe ausgenutzt hatte, wenn er, Jed, doch keinen Deut besser war? Er hatte Sarah bedrängt, obwohl sie Gast in seinem Haus und obendrein hochschwanger war.
Er schämte sich seines Benehmens und trat mit finsterer Miene einen Schritt zurück. Als er Sarahs verletzten Gesichtsausdruck sah, hätte er sich ohrfeigen können. Natürlich musste sie annehmen, dass er ihretwegen verärgert war.
»Tut mir Leid«, sagte er barsch, »das war ein Fehler. Ich verspreche, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen wird.«
In ihren Augen erschien ein schwer zu deutender Ausdruck.
»Wie ich vorhin bereits sagte«, sie unterbrach sich, um Atem zu holen, »ist nie einer allein schuld.«
Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und verließ das Zimmer. Erst draußen im Gang wurde ihr bewusst, dass sie ganz weiche Knie hatte. Sie ging in die Küche und sank auf einen Stuhl.
Mit zittriger Hand berührte sie ihre geschwollenen Lippen.
Sie stöhnte leise, als sie daran dachte, wie begierig sie seinen Kuss erwidert hatte. Aber auch Jed war erregt gewesen – bis er das Baby gespürt hatte. Nur zu gut konnte sie sich vorstellen, dass dies wie eine kalte Dusche auf ihn gewirkt haben musste. Und prompt war ja auch sein Rückzug erfolgt.
Offenbar hatte er nichts gegen einige Küsse einzuwenden, war aber nicht an einer tieferen Beziehung interessiert. Und wer wollte ihm das verübeln? Welcher Mann würde schon gern eine komplette Familie samt einem ungeborenen Kind übernehmen?
Gewiss nicht Jedidiah Morgan. Nur zu gut erinnerte sie sich an seine geradezu unmenschliche Reaktion, als er hörte, dass sie noch zwei Kinder mitgebracht hatte. Am liebsten hätte er sie noch am selben Abend vor die Tür gesetzt.
Sie bereute zutiefst, ihn damals überredet zu haben, auf Morgan’s Hope übernachten zu dürfen. Wäre sie gleich wieder abgereist, wie er es verlangt hatte, würde sie sich jetzt nicht in einer so prekären Lage befinden.
»Hallo, Kinder«, begrüßte Jed am nächsten Morgen Vicky und Jamie lächelnd, als er die Küche betrat. Die beiden saßen am Tisch und aßen Müsli aus gelben Schüsseln.
»Wie geht es euch?«
»Onkel Jed!« rief Jamie fröhlich. »Güten Morgen!«
»Du hast ziemlich lange geschlafen«, stellte Vicky in leicht rügendem Ton fest. »Wir sind schon seit einer Ewigkeit auf!«
»Wo ist eure Mom?«
Vicky wies mit ihrem Löffel zur Glastür. »Sie ist mit Max draußen.«
Jed öffnete die Tür und trat in einen sonnigen, aber win-digen Frühlingstag hinaus. Der Himmel strahlte in einem zarten Blau, über das sich weiße Wolken schoben. Von Sarah war nichts zu sehen, doch Jed hörte den Hund bellen und ging um das Haus herum.
Sarah stand auf dem Kiesweg und ließ Max nach einem Ball jagen. Ihr blondes Haar wehte im Wind, und
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