Guten Tag, ich bin das Hausgespenst
das Bad frei, Peter?“
„In fünf Minuten!“ Peter spurtete nach oben.
Liane und Monika folgten ihm.
Herr Schmidt tätschelte die Wange seiner Frau. „Koch uns einen guten Kaffee, Hildchen! Wenn die Kinder aus dem Haus sind, haben wir noch eine ruhige halbe Stunde für uns zwei.“
„Und von jetzt an hoffentlich ruhige Nächte!“ sagte seine Frau.
Unruhige Nächte
Herr Graunke hatte untertrieben.
Monika brauchte für den Schulweg nicht, wie er behauptet hatte, knappe zehn Minuten, sondern gute zwanzig. Aber das machte nichts, denn sie war vorsichtshalber früh genug losgezogen.
Die Schule war auch nicht, wie sie sich vorgestellt hatte, eine kleine Dorfschule, sondern ein modernes, stattliches Gebäude, eine sogenannte Mittelpunktschule, wie Monika bald begriff. Aus allen Richtungen kamen Schulbusse angefahren und brachten Schüler und Schülerinnen aus den umliegenden Ortschaften.
Monika hatte, um nicht aufzufallen, ein Dirndl statt ihrer üblichen Jeans angezogen. Aber auch das erwies sich als unnötig. Zwar gab es Mädchen, die in Dirndlkleidern, in Röcken und Blusen ankamen, aber die meisten trugen doch die praktischen Hosen. Anders als in der Großstadt hatten einige Mädchen das Haar zu langen Zöpfen geflochten, was Monika sehr verwunderlich vorkam.
Ihre neue Klasse lag im ersten Stock. Vom Fenster aus hatte man einen hübschen Blick über Wiesen und Felder. Von ihrem Platz aus konnte Monika allerdings nur den blauen Himmel sehen. Sie merkte wohl, daß neugierige Blicke sie streiften, aber entgegen ihrer sonstigen lebhaften Art verhielt sie sich zurückhaltend und versuchte, sich nur auf den Unterricht zu konzentrieren. Sie hatte ja nicht vor, neue Freundschaften einzugehen. Ihre Freundin war und blieb Gaby Schuster, und sie hoffte sehr, daß sie sie schon in den Pfingstferien besuchen würde.
Da sie ein abweisendes Gesicht aufsetzte, kümmerte sich auch in den Pausen niemand um sie.
Ein großes Mädchen fragte sie: „Wo kommst du her?“
„Aus München“, entgegnete Monika in einem Ton, der die andere nicht ermutigen konnte, das Gespräch fortzusetzen.
Aber mittags stellte sich heraus, daß Monika und eine andere aus der Klasse den gleichen Heimweg hatten. Zuerst liefen sie stumm nebeneinander her, aber als sie beide in die gleiche Abkürzung einbogen, hielt Monika es doch für angebracht, ein Wort zu sagen.
„Willst du auch nach Heidholzen?“
„Ja“
„Ich auch.“
„Komisch“, sagte die andere.
„Was ist daran komisch?“
„Ich kenne dich gar nicht.“
Monika dachte, es wäre an der Zeit, sich vorzustellen, und sie tat es: „Ich heiße Monika... und du Ingrid, nicht wahr? Du siehst übrigens gar nicht aus, als wenn du ’ne Bauerntochter wärst.“
Ingrid hatte ein feingeschnittenes Gesicht, große braune Augen und einen braunen Wuschelkopf. „Bin ich auch nicht. Mein Vater ist Lehrer.“
„Ich wußte gar nicht, daß es in Heidholzen eine Schule gibt.“
„Habe ich ja auch nie behauptet. Er unterrichtet in Ottobrunn. Auf dem Gymnasium. Aber jetzt erklär du mir endlich: wo wohnst du in Heidholzen?“
„In dem schönen, alleinstehenden Haus am Seerosenteich... unterhalb der Ruine.“
Ingrids Augen wurden noch größer. „Dann seid ihr die, die dort eingezogen sind?“
„Sehr richtig erkannt. Aber was machst du für ein Gesicht?“
„Ich habe doch kein Gesicht gemacht!“
„Doch. Als wenn du was sagen wolltest... nun sag’s schon!“
„Nun ja.“ Ingrid riß einen langen Grashalm aus. „Mir ist eingefallen, was die Leute reden. Aber es ist sicher Quatsch.“
„Du meinst, daß es bei uns spukt?“
Ingrid blieb stehen. „Woher weißt du das?“
Monika lachte. „Das hat uns der Makler erzählt, bevor wir einzogen. Du kannst mir also ruhig sagen, was du darüber weißt.“ Sie hatte eine Idee. „Hat der Spuk etwas mit einem Bild zu tun?“
„Mit einem Bild? Davon hab ich nichts gehört.“
„War auch bloß so ein Einfall. Was erzählen sich die Leute sonst? Daß es kracht und poltert?“
„Nur das es spukt.“
„Aber wie?“
„Das weiß ich auch nicht.“ Ingrid hatte sich wieder in Bewegung gesetzt. „Das Haus hat bis vor ein paar Jahren einem alten Ehepaar gehört.“
„Den Stiegelmanns, daß weiß ich. Und die haben auch darin gewohnt.“
„Ja, ganz allein. Aber dann wurden sie zu alt und konnten sich nicht mehr allein helfen. Sie haben Hausangestellte gesucht und viel dafür bezahlen wollen. Verschiedene Mädchen sind auch
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