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Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Titel: Guten Tag, ich bin das Hausgespenst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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eingezogen, aber keine ist länger als ein paar Tage geblieben. Auch eine Krankenschwester hat’s nicht ausgehalten. Selbst ein Mann, den sie eingestellt hatten, ist ihnen davongelaufen.“
    „Aber warum?“ wollte Monika wissen. „Warum?“
    „Weil sie sich vor dem Spuk gefürchtet haben!“
    „Wenn du nichts anderes weißt, das klingt aber wirklich bloß wie ein Gerede.“
    „Habe ich denn etwa behauptet, daß es wahr ist? Aber etwas habe ich mit eigenen Augen gesehen, bloß sage ich dir gleich, daß mein Vater es mir nicht geglaubt hat. Er behauptet, ich hätte es mir eingebildet. Es wäre das Mondlicht gewesen.“
    „Was?“
    „Es war an einem Winterabend.“ Unwillkürlich schlug Ingrid einen geheimnisvollen Ton an. „Alles war tief verschneit. Ich war auf dem Heimweg von Geretsried... genau auf dem Weg, auf dem wir jetzt gehen. Warte, und ich zeig dir die Stelle, von wo ich es gesehen habe. Das Haus war damals unbewohnt. Der alte Mann war gestorben, und seine Frau war in ein Heim nach München gebracht worden.“
    Ingrid war eilig weitergegangen und blieb jetzt an einer Biegung stehen. „Da!“ Sie wies mit der Hand geradeaus. „Von hier aus sieht man das Haus doch ganz deutlich, das mußt du zugeben!“
    Es war wahr, das Haus lag breit und behäbig vor ihnen. Die Obstbäume verdeckten nur die Sicht auf Stall und Scheune, aber zwischen dem Haus und dem Platz, wo sie standen, breitete sich nur eine große Wiese aus. Rechts hinter ihm erhob sich der baumbestandene Hügel, auf dem die Trümmer der Ruine mehr zu ahnen als zu sehen waren.
    „Daran hab ich ja gar nicht gezweifelt“, erklärte Monika, „aber sag mir endlich: was hast du gesehen?“
    „Ein Licht! Es flackerte von Fenster zu Fenster! Sag jetzt nicht, daß vielleicht ein Einbrecher mit einer Taschenlampe drinnen unterwegs war oder ein Landstreicher! Das war kein Licht, das von einem Menschen getragen wurde.“
    „Woher willst du das wissen?“
    „Weil es mal hier, mal dort aufblitzte, mal in einem unteren, mal in einem oberen Fenster, so schnell, wie kein Mensch die Treppe rauf und runter kommt... und immer wieder auch in der Ruine!“
    Monika lief trotz der frühlingshaften Wärme ein kalter Schauer den Rücken hinunter. „Die konntest du von hier aus doch gar nicht erkennen!“ wandte sie ein.
    „Doch! Wenn die Bäume kahl sind, sieht man das alte Gemäuer. Das Licht war auch dort. Es war im Haus und auf dem Hügel. Ich bin nicht gleich weggelaufen, das mußt du mir glauben. Ich habe ganz genau hingeguckt.“
    „Komisch“, sagte Monika.
    „Aber gar nicht zum Lachen! Es war regelrecht unheimlich. Ich bin gerannt, so schnell ich konnte. Und nachher habe ich noch Krach mit meinen Eltern gekriegt, weil die es mir nicht glauben wollten. Seitdem habe ich mit niemandem darüber geredet.“
    „Ich werde es auch nicht weitererzählen“, versprach Monika, „es soll unser Geheimnis bleiben, ja?“ Sie hielt Ingrid die Hand hin.
    Ingrid schlug ein. „Großes Ehrenwort?“
    „Großes!“
    Ingrid zeichnete ein Kreuz auf Monikas Handteller, und anschließend schüttelten sie sich noch einmal die Hand.
    So hatte Monika, die keine Freundin suchte, doch gleich an ihrem ersten Schultag ein Mädchen kennengelernt, mit der sie von nun an ein Geheimnis teilen würde. An der Gabelung des Weges trennten sie sich. Ingrid lief in Richtung Heidholzen und Monika auf das Haus zu.
    Monika hatte zuerst vorgehabt, die Geschichte von dem geisternden Licht brühwarm der Mutter zu erzählen, aber schon, als sie ihr Versprechen gab, hatte sie es sich anders überlegt.
    Sie hatte eingesehen, daß es keinen Zweck gehabt hätte. Wahrscheinlich hätte die Mutter sie nur ausgelacht, und wenn sie es geglaubt hätte, wäre es noch schlimmer gewesen.
    Sie selber war inzwischen nahe daran, an einen Spuk zu glauben. Die Vorstellung behagte ihr gar nicht. Nicht, daß sie Angst gehabt hätte. Aber wenn so viele Leute durch den Spuk aus dem Haus getrieben worden waren, dann lag die Gefahr nahe, daß ihre Familie auch nicht durchhielt. Das wäre schrecklich gewesen. Nie wieder würden sie ein so schönes großes Haus finden, inmitten von Wiesen gelegen, von dem Stall ganz zu schweigen. Wenn sie sich von hier verjagen ließen, das war Monika klar, dann war der schöne Traum vom eigenen Pferd für eine ganze Zeit, vielleicht für immer, ausgeträumt.
    Noch vor dem Essen, gleich nachdem sie die Schulmappe auf ihr Zimmer gebracht und die Mutter begrüßt hatte, lief Monika in

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