Guter Sex Trotz Liebe
vermeintlich Schuld haben an unserem Leiden oder unserem verpfuschten Leben, an der Unzufriedenheit, am unerfüllten Dasein: kontrollierende Mütter, missbrauchende Stiefväter, egoistische Männer, kastrierende Frauen und/oder die herzlose Zeit heutzutage, das Patriarchat immer schon â und andere groÃen Missetäter auch.
Geschichten von Opfern und Tätern oder solche von der eigenen Minderwertigkeit, wie Jonas sie erzählt hat, ordnen das seelische Leben. Auch wenn es unsinnig erscheint, weil die Erzähler in diesen Geschichten häufig schlecht abschneiden: Die Erzählungen bringen bisher Unverständliches in bekannte und daher verstehbare Formen:
Sie machen Leiden für uns selbst einleuchtend.
Sie helfen mit, Dinge zu erklären.
Sie ordnen die sonst unübersichtliche Gefühlslandschaft des Unwohlseins.
Sie sind verlockend, denn sie bieten eine Ursache-Wirkung-Verbindung: »Ich fühle so, weil â¦Â«
Sie erzeugen Eindeutigkeit, verschonen von Mehrdeutigkeiten.
Das Leiden bekommt Raum und Namen.
Sie stabilisieren die Seele.
Meist werden Geschichten einem Gegenüber erzählt. Gerade sexuelle Erzählungen belassen es jedoch oft bei Ausschnitten. Zudem wird jedem Zuhörer etwas anderes zugetragen. Damit verschieben sich auch die Bedeutungen. Jeder Gesprächspartner bekommt einen anderen Eindruck.
Gute Geschichten können schlechte Wirkungen haben
Für ein Paar sind Erzählungen aus der sexuellen Biografie von besonderer Bedeutung. Erlebnisse, die den einen befriedigt und beglückt haben, können vom Partner, noch Jahre später, als unangenehm, ja bedrohlich aufgenommen werden. GroÃartige Erinnerungen (mit anderen Partnern) können die gemeinsame Gegenwart des Paares ärmlicher erscheinen lassen. Ein selbstunsicherer Partner kann die eigene Biografie dagegen als arm oder belastet darstellen. Damit bringt er den anderen womöglich in die Defensive. Das kann ohne Absicht passieren. Jeder kann ungewollt eine sensible Stelle des zuhörenden Partners berühren.
Manchmal jedoch kann die Wirkung sehr wohl auch beabsichtigt sein. Ein Streit beispielsweise kann ein Anlass sein, beeindruckende Erlebnisse aus der Vergangenheit zu aktivieren. Das wertet den anderen ab und stärkt die eigene Position â natürlich nur kurzfristig.
Schlechte Geschichten können gute Wirkungen haben
So ähnlich kann es bei unangenehmen Erlebnissen passieren. Zwar können sich Partner durchaus in Gewalterfahrungen des anderen einfühlen und an enttäuschenden Beziehungen Anteil nehmen. Gleichzeitig können solche Erzählungen auch dazu auffordern, den Partner weiterhin als Opfer zu behandeln und anzuerkennen. Dem Opfer ist es dann möglich, auf besondere Rücksicht zu pochen. Verbinden sich solche Partnerbiografien â eine alsbefriedigend, die andere als belastet erzählt â, kann dies leicht zu einer Umkehr der ursprünglichen Verhältnisse führen: Ein Partner ist unzufrieden und fordert Aufmerksamkeit vom anderen, der unter Umständen im Leben bisher mehr Glück gehabt hat.
Erotische Verlierer- und Gewinnergeschichten
Problemgeschichten spielen im Austausch zwischen den Partnern eine wichtige Rolle: Sie beinhalten meistens einen Appell, denn sie werden dem Partner selten absichtslos erzählt. Ein liebender Partner fühlt sich schnell eingeladen, das Problem zu lösen oder zumindest zu mildern. So können Problemgeschichten dazu führen, dass Intimität zwischen den Partnern hergestellt wird. Das Problem wird in die Beziehung eingebracht mit der Erwartung, der Partner solle es lösen.
Der zuhörende Partner folgt der Aufforderung, in die ausgleichende Position zu gehen. Er füllt die Lücke, die der erzählende Partner angeboten hat: Er versteht, tröstet, zeigt sich stark. Und so ist das Problem gut aufgehoben in der Partnerschaft. Gut aufgehoben? Wie das? Probleme stören doch, die sollen doch behoben werden. Ja, einerseits. Aber ganz so einfach ist es manchmal nicht. Probleme können auch heimliche Vorteile haben, die man nicht so schnell sieht. Und dann werden sie am Leben gehalten. Das gehört zu den interessanten Phänomenen in Paarbeziehungen: Probleme können Partner zusammenhalten. Probleme können Bindungsmittel in Beziehungen sein.
Fallbeispiel
Alain und Elfie, beide Ende 50, sind ein solches Beispiel. Sie waren nur zu zwei Beratungsgesprächen
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