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Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)

Titel: Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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dem Assistenten zu, während sie sich wieder über die Leiche beugte. Die Blaufärbung des Gesichtes sprach eine deutliche Sprache. Aber unter der Schwellung durch die Droge lagen weitere Verfärbungen und Schwellungen. Die Nase schien gebrochen zu sein. Hatte jemand den Mann zusammengeschlagen und dann vergiftet? Das ergab keinen Sinn. Und warum hatte der Täter die Augen ausgebrannt?
    «Dann haben der Herr Kommissär und Kimura das Kind gefunden«, sagte Molter.
    Martha benötigte einen Augenblick, um das Gesagte zu verstehen. Sie glaubte, sich verhört zu haben. «Ein Kind?«, fragte sie.
    Molter deutete auf den Nebenraum. «Ein Junge. Der Arzt soll ihn sich als erstes ansehen, hat Kommissär Lacroix angeordnet.« Er schien ihren Protest zu erwarten, aber Martha schüttelte nur den Kopf. Sie ging zur Tür und blickte in das Nebenzimmer, eine kleine Kammer hinter dem Regal. Dort saß ein mageres Kind und starrte mit leerem Blick auf eine Puppe. «Er ist nicht ansprechbar«, sagte Molter.
    «Ist der Tote sein Vater? Oder haben Sie Hinweise gefunden, woher er kommt, wohin er gehört?«
    Der Beamte verneinte. Der Junge blickte apathisch vor sich hin, er schien die Anwesenheit der beiden Erwachsenen gar nicht zu registrieren.
    Martha nickte Molter zu und wandte sich wieder der Leiche zu. Sie ging um das Bett herum und betrachtete die Umgebung, den Boden, das schmutzige Fenster, das kaum Licht hereinließ, mit halb geschlossenen Augen. Ihre feineren Sinne spürten den Energiewolken im Raum nach, von denen feine Linien ausgingen und das Zimmer in ein dichtes Netz einwoben. Die dunkleren, dichten Spuren des Toten, der hier gewohnt hatte, ließen sich leicht von den schwächeren Linien und Wolken unterscheiden, die gelegentliche Besucher hinterlassen hatten. Eine dieser Signaturen gehörte dem Mörder - aber welche?
    Sie ließ sich tiefer gleiten, sondierte die feinen Strömungen. Es war leicht, die frischen Spuren der Polizeibeamten aus der Wahrnehmung zu löschen. Helles, pfefferminzartig schmeckendes Grün, das wie eine Flöte klang: Kimura. Ein dunkles, glockentiefes Bordeaux mit Rändern, die tiefschwarz glühten - der Kommissär. Seine Energiesignatur schmeckte metallisch, wie Blut. Er war verletzt. Nicht körperlich, dann wäre die Signatur von deutlich schwächerer Qualität. Nein, er hatte eine seelische Wunde, die ihn energetisch ausbluten ließ. Er war entweder gemütskrank oder hatte kürzlich einen Schlag erlitten, über den er noch nicht hinweg war.
    Martha riss sich von der Betrachtung dieser Signatur los. Es ging hier nicht um Kommissär Lacroix. Sie öffnete ihre Kanäle für einen Moment so weit, wie sie es wagte, ohne zuvor einen Schutzkreis zu ziehen. Da waren wenig fremde Signaturen, sehr wenige, und keine von ihnen war jünger als vier oder fünf Tage.
    Sie schloss und versiegelte die Kanäle und öffnete die Augen. «Assistent Molter«, sagte sie, «war die Wohnungstür aufgebrochen?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. «Havener muss seinen Mörder gekannt haben«, sagte er. «Der hatte entweder einen Schlüssel oder wurde von seinem Opfer eingelassen.«
    Die Wohnungstür öffnete sich für einen müde aussehenden älteren Mann in einem dunklen Mantel, der eine abgeschabte Arzttasche in der Hand trug. «Kommissär Lacroix?«, fragte er.
    «Er verhört gerade eine Zeugin.« Assistent Molter deutete auf das Bett und die Leiche darin und sagte dann: «Vielleicht schauen Sie sich erst das Kind an? Der Tote läuft ja nicht weg.«
    Der Arzt nickte und folgte Molter bis vor die Kammer. »Ich brauche mehr Platz und Licht«, sagte er dann. Er sah sich um. »Schaffen Sie das Kind in die Küche.«
    Molter nahm die Hand des Jungen und der ließ sich widerstandslos herausziehen. Dann brachte er ihn in die Küche und setzte ihn auf einen der beiden Stühle.
    Martha blieb am Fenster stehen und rieb nachdenklich mit den Knöcheln über ihre Wange. Diese heruntergekommene, schmuddelige Wohnung, deren Bewohner eines so gewaltsamen Todes gestorben war, bedrückte sie ungewohnt stark. Etwas hier beeinträchtigte ihre sonst so stabile Abschirmung. Etwas wie ein Gestank auf mentaler Ebene. Der Tote war ein Blausüchtiger gewesen, die Anzeichen dafür waren deutlich wie Leuchtsignale. Aber sein Tod war ungewöhnlich. Das Kind war ungewöhnlich.
    Die Tür sprang auf und riss sie aus ihrer Konzentration. Martha blickte auf und sah in das schwermütige Gesicht des Kommissärs. Er schenkte ihr keine Beachtung, ging direkt zur

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