Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)
Schmerzen gehabt haben, aber kaum mehr als das.« Seine Hand wanderte über den Schädel des Toten. «Keine Frakturen. Keine eingedrückten Stellen.« Er richtete sich auf. «Die Strangulationsmale sind nicht tief genug. Der Tod des Mannes dürfte - aber legen Sie mich bitte darauf nicht fest! - auf die Einnahme von 'Ambrosia', der im Volksmund auch als Engelsblau bekannten Droge, zurückzuführen sein. In seinem durch die Verletzungen geschwächten Zustand hat das Gift womöglich seinen Organismus zu stark belastet und er ist einem Herz- oder Gehirnschlag erlegen.« Er runzelte die Stirn. «Auch ein Atemstillstand liegt im Bereich des Möglichen. Die Funktion des vegetativen Nervensystems kann durch die Einnahme einer starken Droge, wie es Ambrosia zum Beispiel ist, durchaus in Mitleidenschaft …«
«Danke, Dr. Hegenbarth«, unterbrach der Kommissär. Er sah aus, als hätte er Kopfschmerzen. «Die Augen?«
Der Arzt öffnete und schloss mehrmals stumm den Mund, die Unterbrechung schien ihn aus dem Konzept gebracht zu haben. Er nahm den Kneifer von der Nase und polierte ihn an seinem Ärmel. «Die Ränder der Brandwunde sind ungewöhnlich sauber«, sagte er dann. Er klang ein wenig eingeschnappt. «Die dazu benutzte Methode ist mir nicht bekannt und auch sonst kann ich Näheres erst nach einer genaueren Untersuchung sagen. Wenn ich jetzt also bitte an meine Arbeit zurückkehren dürfte?« Er setzte seinen Hut auf und nickte Martha förmlich zu. «Die Obduktion unternehme ich, sobald die Leiche angeliefert wurde. Einen schönen Tag noch.«
Assistent Kimura verhinderte, dass die Tür hinter ihm ins Schloss knallte. Er sah Lacroix fragend an. Der winkte ihm müde zu. «Kümmern Sie sich um den Transport. Und dann möchte ich, dass Sie diese Wohnung hier genauestens untersuchen. Holen Sie sich an Verstärkung, was Sie brauchen.« Er sah Martha an. «Gehen wir hinaus? Ich brauche frische Luft.«
12
Guy atmete tief ein und rieb sich über die Augen. Der Fall mit all seinen Verästelungen und Verstrickungen zerrte an seinen Nerven. Und dann setzte die DMG ihm auch noch diese Hexe vor die Nase.
Frau Kühn kramte in ihrer Handtasche herum und schnäuzte sich verhalten in ein blendendweißes Taschentuch. Er beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Umständlich ordnete sie den Tascheninhalt und schloss die Schnallen, dann zupfte sie an ihrer tadellos sitzenden Jacke. Sein Schweigen schien sie nervös zu machen.
In aller Seelenruhe begann Guy seine Pfeife zu stopfen und paffte einige Kringel in die Luft, bevor er sich der Beamtin endlich zuwandte.
Sie sah ihm in die Augen und wedelte den Pfeifenrauch zur Seite. »Kommissär«, sagte sie leise. »Würden Sie bitte zur Sache kommen? Sie haben mich doch nicht nach draußen gebeten, damit ich in den Genuss ihres Pfeifengestanks komme, auf den ich bestens verzichten kann.«
»Fräulein Kühn«, sagte er. Sie sog hörbar den Atem ein. Guy verkniff sich ein Grinsen und produzierte noch zwei kräftige Rauchwolken, bevor er fortfuhr. »Ich halte ihre Anwesenheit für überflüssig, wie Sie sicher bereits festgestellt haben. Aber da Sie nun einmal hier sind, möchte ich einiges klar stellen.« Er machte eine Pause und widmete sich wieder seiner Pfeife. »Royal Vintage«, sagte er dann. »Man mag über die britischen Kolonien denken, was man will, aber der Tabak ist großartig.«
Frau Kühn presste die Lippen noch fester zusammen und hielt ihre große Tasche wie einen Schild vor sich. »Herr Kommissär«, sagte sie scharf. »Ich bin wirklich nicht an Ihren Ausführungen über Tabak interessiert.«
»Natürlich sind Sie das nicht«, fiel er ihr ins Wort. »Genauso wenig, wie ich an ihrer Hilfe interessiert bin.« Er klopfte die Pfeife an seinem Schuh aus und verstaute sie in seiner Jackentasche. Dann trat er so dicht vor die Beamtin, dass sein Bauch ihre Hände berührte und sie nach oben sehen musste, um seinem Blick zu begegnen. Sie wich nicht zurück, aber sie atmete flach. Er nickte. »Tun Sie, was auch immer Sie tun müssen, Frau Kühn. Aber lassen Sie die Polizei ihre Arbeit machen. Sie halten sich aus Zeugenbefragungen heraus und stehen nicht im Weg herum. Und«, er trat einen Schritt zurück, »Sie akzeptieren, dass ich die Ermittlungen leite und enthalten mir keine Ihrer Erkenntnisse vor. In diesem Fall – und nur dann! - werde ich Sie an meinen Ergebnissen teilhaben lassen. Könnten wir uns darauf einigen?«
Zu seiner Überraschung lächelte sie. »Lieber
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