Gwen (German Edition)
belohnt. Was B mit Produkt 4 macht, ist allein seine Sache und geht Sie nichts an. Haben Sie verstanden?“
Wenn Dirk erst mal mitspielte, waren Gwen, Wally und seine Familie also in Sicherheit. So tippte er ein: „Verstanden.“
„Halten Sie sich bereit für weitere Instruktionen ! BU an C, Ende.“
Das war’s. Mehr kam nicht. Dirk atmete tief durch , wobei die gebrochene Rippe tierisch schmerzte. Dann stand er auf und ging raus. Er brauchte dringend was zur Ablenkung, bevor er noch durchdrehte.
Er brauchte Gwen.
Als sie erwachte, war sie allein in einer von Tageslicht durchfluteten Gefängniszelle. Sie hüllte sich in ihre Decke und verließ den Raum.
„Guten Morgen, Gwen !“, grüßte Walter Norlander, der vor seinem Büro stand und sich mit einem uniformierten Polizisten unterhielt. „Haben Sie gut geschlafen?“
Sie nickte und erwiderte den Gruß.
Der Karatemeister und Polizeikommissar, der weder wie ein Karatemeister noch wie ein Polizeikommissar aussah, begleitete sie in sein Büro und bot ihr Kaffee an, den sie dankend annahm, während er weiter mit dem Polizisten redete. Bei der zweiten Tasse Kaffee glaubte Gwen, das Grollen einer Harley Davidson zu hören.
„Das wird Dirk sein“, teilte Walter Norlander ihr mit. „Ich wol lte Ihnen noch sagen, dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Was Sie angeht, Gwen, so handelt es sich eindeutig um Notwehr. Ich werde natürlich weiter in der Sache ermitteln, aber nicht gegen Sie.“
Die Tür wurde aufgerissen, und Dirk Statler kam herein. „Hallo, Gwennie! Hi, Alter!“ Sein Grinsen wirkte unangemessen fröhlich.
„Und?“ , fragte Walter Norlander.
„Entwarnung. Alles geregelt“, antwortete Statler.
„Was ist alles geregelt?“, erkundigte sich Gwen.
„Wo wir für dich wa s zum Anziehen herkriegen.“ Er nahm sie bei der Hand. „Ich nehme Gwen mit. Alter. Und danke für alles!“
Dann eilte er aus dem Büro, quer durch die Polize iwache und nach draußen. Gwen wurde die ganze Zeit von ihm mitgezogen und fühlte sich mehr als unbehaglich, so mit nichts als der Decke bekleidet unter all der angezogenen Leuten. Dirk Statler führte sie zu seinem Motorrad, das sich chromblitzend am Straßenrand in der frühherbstlichen Mittagswärme sonnte. Sogleich stieg er auf und klopfte einladend auf seinen Rücksitz.
„Ich kann doch unmöglich so , wie ich bin, auf einem Motorrad fahren!“, protestierte Gwen.
„Warum nicht ? Die paar Meter wird’s schon gehen! Oder willst du so durch die Fußgängerzone latschen?“
Das wollte sie nicht. Also stieg sie zögernd auf den Rücksitz, raffte die Decke mit einer Hand zusammen und hielt sich mit der anderen an Dirk Statler fest. Er hatte keinen Helm dabei, obwohl er vor der Polizeiwache parkte. Dröhnend startete der Motor.
Dirk Statler drehte sich zu ihr um und rief ihr über den Motorlärm hinweg zu: „Und jetzt, S üße, mach dich gefasst auf den geilsten Harleyritt aller Zeiten!“ Damit riss er ihr die Decke vom Leib und warf diese auf den Gehsteig. Zusammen mit Gwens Protestschrei heulte das Motorrad auf und beschleunigte ruckartig.
Automatisch klammerte sie sich an Statler fest, als der mit ihr durch die Stadt fuhr. Am schlimmsten waren die Ampeln. Fußgänger wie Autofahrer starrten gleichermaßen. Gwen spürte ihre bohrenden Blicke bis hinein in ihre schlotternde Wirbelsäule.
Statler hielt d irekt vor der Boutique Cassandra , dem nobelsten Modehaus Ellmstadts. Er parkte die Harley am Straßenrand, zog Gwen vom Rücksitz herunter und schob sie hinein in die Boutique, vorbei an gut situierten und verblüfften Kundinnen.
Eine elegante, schwarzhaarige Frau um die Vierzig stellte sich ihm in den Weg. „ Wie kann ich Ihnen helfen?“, ertönte ihre melodische Stimme. Die Dame musterte Gwen unverhohlen und zog die Augenbrauen hoch. Ansonsten hatte sie ihre Professionalität voll im Griff. „Offenbar mit einer kompletten Garderobe, wie ich annehme?“
„ Genau“, bestätigte Statler. „Dessous, Kleid, Schuhe - alles, was nötig ist.“ Er ließ Gwen los und legte mehrere Geldscheine auf den Tisch, auf dem die Kasse stand.
„ Dein Geld nehme ich nicht an, du Mistkerl!“, stellte Gwen klar und holte zu einer Ohrfeige aus, die er jedoch ungerührt abfing.
„Oder soll ich lieber die Polizei rufen?“, wandte sich die Modefrau an Gwen.
„Nicht nötig“, meinte Statler. „Von dort kommen wir gerade.“ Sein Zeigefinger hob Gwens Kinn an: „Komm schon, l ass mich dir wenigstens
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