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Gwen (German Edition)

Gwen (German Edition)

Titel: Gwen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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für eine Weile, um das Nuttenleben zu studieren. Sie ist Reporterin bei der Newsweek und schreibt eine Story über Prostitution. Seid nett zu ihr!“
    Über diesen Erfindungsreichtum staunte Gwen nicht schlecht. Die Geschichte über die angeheiratete Verwandte, die sie sich selbst zurechtgelegt hatte, um ihren Besuch hier zu rechtfertigen, war nicht halb so plausibel. „Ich freue mich, euch kennen zu lernen“, fügte sie Corys Ausführungen lediglich hinzu.
    „Fühl dich hier bei uns wie zuhause!“ Die ledergewandete Alex prostete ihr mit der Kaffeeta sse zu und trank aus. „Aber jetzt wird es für uns langsam Zeit.“ Sie erhob sich elastisch, stellte ihre Tasse in die Spüle und schlenderte zur Treppe.
    Auch die mädchenhafte Brenda stand auf. „Hoffentlich findest du genug hier für eine geile Story. Aber schnapp mir bloß keine Kunden weg!“
    „Keine Sorge!“ Gwen schüttelte ihren Kopf. Das Wippen der ungewohnt kurzen Perückenlocken fühlte sich dabei sehr fremdartig an.
    „ Ich muss jetzt auch langsam meinen Arsch da runter schwingen.“ Cory stemmte sich mit erkennbarem Widerwillen von ihrem Sitz hoch, einem zierlichen und wohl ursprünglich zartgelben Caféstuhl, der durchaus auf ein Bild von Renoir gepasst hätte und sicher auch aus dieser Epoche stammte. „Trink in Ruhe deinen Kaffee! Viele Kunden werden es heute nicht, denke ich. Am Wochenende ist das anders.“
    Die steile Holztreppe knatzte betagt unter den St öckelschuhen der Frauen aus dem oberen Stock, die sich ebenfalls nach unten begaben. Voller Angst, trotz ihrer Verkleidung erkannt zu werden, schloss Gwen die Küchentür.
    Und wartete.
    Während von draußen gelegentliches Treppensteigen, gewolltes Frauenlachen und gedämpftes Männermurmeln an Gwens Ohr rüttelte, war sie bei ihrer dritten Tasse Kaffee angelangt, ohne eine Antwort auf die Frage gefunden zu haben, wie sie ihr weiteres Leben von hier aus gestalten sollte. Und ob es nicht doch ein Fehler war, sich bei Cory zu verstecken.
    Denn würde man die Vorsitzende von Survival USA im Catnecktowner Rotlichtviertel enttarnen, wäre das ein gefundenes Festmenü für die Presse. Erschaudernd sah sie schon die Schlagzeile vor sich: Das obszöne Doppelleben der Gwen O!
    Energisch zwang sich Gwen zur Zuversicht. Dann würde sie sich eben nicht entdecken lassen! In dieser Verkleidung würde sie selbst ihre Mutter nicht erkennen.
    Irgendwann übermannte Gwen eine lähmende Langeweile und ließ sie auf ihrem Stuhl einnicken. Sie träumte wirres, beängstigendes Zeug, dessen Zusammenhänge ihr noch im Schlaf entglitten, bis sie Corys Ruf „Feierabend für heute!“ daraus befreite. Momentan orientierungslos blinzelte Gwen sich den Schlaf aus den Augen.
    „Ich hau mich jetzt aufs Ohr.“ Schleppend verließ Cory die Küche. „Kommst du … Jackie?“
    Während Gwen ihr folgte, öffnete Cory die Tür zu ihrem Zimmer und gähnte herzhaft. „Hoffen tlich stört es dich nicht, wenn du mit mir zusammen im Bett schlafen musst, aber eine andere Schlafmöglichkeit habe ich nicht. Außerdem ist es groß genug. Aber zuerst wechsle ich immer das Laken. Jede Nacht. Du verstehst sicher, warum.“
    Über dieses Warum nachzudenken, wagte Gwen besser nicht. Sie half Cory, ein neues Betttuch aufzuspannen und nahm noch die Perücke ab, dann fiel sie müde auf das riesige Bett.
     
    Gwen erwachte schreiend, entsetzt von den gewalttätigen Fetzen ihres Traums und ihrem eigenen angstverzerrten Gesicht im Spiegel an der Zimmerdecke über ihr.
    „Was is’ los?“ Träge wälzte sich Cory zu Gwen herum. „Hast du noch immer diese Alpträ ume? Aber das brauchst du doch nicht mehr! Du bist nicht mehr im Knast. Du bist frei!“
    Nein, Gwen war nicht frei. Die Männer, die sie getötet hatte, würden sie nie wieder loslassen. De nnoch erwiderte sie: „Ist schon okay.“ Obwohl nichts jemals wieder okay sein würde.
    Cory schielte nach dem Wecker auf dem zie rlichen Nachttisch rechts von ihr. „Shit, es ist ja erst neun! Los, schlaf weiter!“
    „Ich kann nicht mehr schlafen.“ Hölzern stieg Gwen aus dem Bett. „Ich besorge uns Früh stück.“
    „Aber sei leise und weck mich bloß nicht vor zwölf!“ Demonstrativ drehte sich Cory auf die a ndere Seite und zog ihre Steppdecke bis unters Kinn.
    Möglichst geräuschlos vertauschte Gwen Corys Sachen, die sie noch immer trug, mit ihren eigenen neu gekauften - einer unscheinbaren dunkelblauen Leggins und einem nichts sagenden weißen T-Shirt. Corys schwarze

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